CONF Sep 23, 2004

Stil als Bedeutung (Koeln 19.-20. Nov 04)

Stephan Hoppe

Kolloquium: Stil als Bedeutung. Künstlerische Konzepte in Architektur und
den Bildkünsten im Rheinland und den Nachbargebieten (1450 - 1650)

2. Sigurd-Greven-Kolloquium zu Renaissanceforschung
19.-20. November 2004
Köln

Veranstalter: Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln,
Abteilung Architekturgeschichte (Prof. Dr. Norbert Nussbaum,
Dr. Stephan Hoppe)
zusammen mit PD Dr. Matthias Müller (Universität Greifswald)

Ort: Neuer Senatssaal im Hautgebäude der Universität,
Albertus-Magnus-Platz

In der Forschung zur deutschen Kunst der beginnenden frühen Neuzeit kann
man - etwas vereinfacht - die Hegemonie zweier methodischer Ansätze
konstatieren. Während sich die ikonographisch ausgerichtete Forschung vor
allem mit der Herleitung und Interpretation von Motiven und Stoffen
beschäftigt hat, war die Stilanalyse für die formale Gestalt von
Kunstwerken zuständig. Bewusst oder unbewusst wurde dabei lange Zeit die
innere Distanz zwischen beiden Perspektiven sorgfältig gewahrt. So war die
Beschäftigung mit formalen Eigenheiten eines Kunstwerkes oder
Werkkomplexes in der Forschungspraxis lange Zeit über fast immer mit einem
Ausblenden der Bedeutungsdimension verbunden. Noch immer wird
beispielsweise die in der internationalen Forschung als europaweites
kulturelles Phänomen verstandene Renaissance im deutschen Bereich
überwiegend auf eine Stilentwicklung reduziert.

Diese Herangehensweise erscheint zwar verständlich nicht zuletzt auch als
Reaktion auf die unseligen Verbindungen, die während des Dritten Reiches
zwischen formalen Eigenheiten und rassistischen und völkischem Sinn
konstruiert worden sind. Durch die daraufhin entwickelte
Selbstbeschränkung ist es in der Folge jedoch immer schwerer gefallen, das
so geprägte Bild von der deutschen Kunstentwicklung in die inzwischen von
weitaus komplexeren Fragestellungen dominierte Geschichte der europäischen
Kunst einzubinden. Die Erforschung der deutschen Architektur und der
Bildkünste am Beginn der frühen Neuzeit weist deshalb mittlerweile zum
Teil recht gravierende methodische Defizite auf. Erst in jüngster Zeit
steigt die Zahl der Arbeiten, die neue Wege in der Behandlung ihres
Gegenstandes gehen.

In dem Kölner Kolloquium sollen im Rahmen der Kunst einer Region zwischen
1450 und 1650 zum einen neue Ansätze der inhaltlichen Interpretation
formaler Kunstphänomene erprobt werden, zum anderen aber auch die
Leistungen und Probleme der kunstwissenschaftlichen Stilanalyse
grundsätzlich thematisiert werden. Nicht nur die Rekonstruktion der
zeitgenössischen Semantik einzelner Stile wird deshalb im Mittelpunkt
stehen, sondern auch der Mechanismus der kunstwissenschaftlichen
Stilkonstruktion selbst.

Begriff und Verständnis von "Stil" sollen dabei sehr weit gefaßt werden:
als sowohl formales als auch konzeptionelles Merkmal, dessen Definition
zuallererst aus dem künstlerischen, funktionalen und historischen Kontext
heraus erfolgen muß. Von daher werden "Stil" und alle damit
zusammenhängenden Rezeptionsphänomene immer auch als Teil eines
übergeordneten Bild- bzw. Architekturkonzepts und seiner kulturellen
Voraussetzungen verstanden. Ein solcher Ansatz geht natürlich weit über
die traditionelle Auffassung von Stil hinaus, deren Ansätze (wie sie z.B.
Alois Riegl, Heinrich Wölfflin oder Paul Frankl formuliert haben)
gleichwohl produktiv diskutiert werden müssen. Gleiches gilt für Ansätze
eines historischen Materialismus, wie er z.B. von Friedrich Möbius
vertreten wurde. Nicht zuletzt für die Analyse der deutschen Kunst an der
Schwelle zur beginnenden frühen Neuzeit lassen sich dadurch wesentliche
neue Perspektiven eröffnen.

Programm

Norbert Nussbaum (Köln): Begrüßung

Stephan Hoppe (Köln): Stilbegriffe. Eine Einführung in ihre allgemeinen
und kunstspezifischen Verwendungen seit der Antike

Hanns Hubach (Heidelberg): Johann von Dalberg und die "Konstruktion" der
antiken Künste im Kreis der Heidelberger Frühhumanisten

Wolfgang Lippmann (Bonn): Der Kaiserstil - Architekturstil als
Zeichensprache in der deutschen Renaisance

Edgar Bierende (Bern): Der "Donaustil" - eine Antwort deutscher Humanisten
und Künstler auf die zeitgleiche italienische und burgundische Kultur?

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Ariane Mensger (Heidelberg): Jan Gossaert und der niederländische
Stilpluralismus zu Beginn des 16. Jahrhunderts - Eine Annäherung

Matthias Müller(Greifswald): Von der allegorischen Historia zur
Historisierung eines germanischen Mythos'. Die Bedeutung eines
italienischen Bildkonzepts für Cranachs Schlafende Quellnymphe

Christiane Kruse (Konstanz/Trier): "Realismus". Kunstgeschichtliche
Stilkategorie und Angebot zur immersiven Bildrezeption

Wolfgang Brückle (Bern): Postmoderne um 1600

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Hubertus Günther (Zürich): Gotik in der römischen Hochrenaissance

Krista De Jonge (Löwen): "Stil" und "Manier" in der niederländischen
Architektur der frühen Neuzeit (1450-1600). Zeitgenössische Quellen und
kunsthistoriographische Tradition

Nicole Riegel-Satzinger (Bonn/Würzburg): Lustige simbs und "wellisch
kindell" - Fragen der Stilwahl in der Bautätigkeit Kardinals Matthäus Lang
von Wellenburg

Konrad Ottenheym (Utrecht): Turm oder Portico. Die Architektur des
Utrechter Adels im 17. Jahrhundert

Heiner Borggrefe (Lemgo): Schloß Mansfeld und das Aufkommen der
Renaissanceornamentik im zentraleuropäischen Schloßbau

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Isabelle Kirgus (München): Die Kölner Rathauslaube und die stilistische
Antikerezeption

Ulrich Fürst (München): Die Kategorie der Bedeutung in den
deutschsprachigen Architekturtraktaten der frühen Neuzeit

Herrmann Hipp (Hamburg): Nicht Stil und ohne Stil - die "Nachgotik" in der
Architektur um 1600

Dirk Van de Vijver (Löwen): The Crisis of Stylistic Categories in the
Historiography of Late 18th and Early 19th- Century Architecture

Als geladener Diskutant: Ulrich Pfisterer (Hamburg)

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Weiteres in kürze: http://www.uni-koeln.de/phil-fak/khi/aktuelles.html

Kontakt:

Dr. Stephan Hoppe
Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln
Abteilung für Architekturgeschichte
Postadresse: Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln
Tel. Sek. (49) 0221 - 470 44 40
Fax. (49) 0221 - 470 67 21
Email: stephan.hoppeepost.de

Reference:
CONF: Stil als Bedeutung (Koeln 19.-20. Nov 04). In: ArtHist.net, Sep 23, 2004 (accessed Jan 15, 2025), <https://arthist.net/archive/26649>.

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