'Stroh oder Gold': Praktiken der Aufwertung, Umwertung, Abwertung
in Mittelalter und Neuzeit
Tagung der International Max Planck Research School for the History and
Transformation of Cultural and Political Values in Medieval and Modern
Europe, Göttingen 23./ 24. September 2004
Die Tagung soll nach den Konsequenzen fragen, die die neueren
kulturwissenschaftlichen Perspektivierungen in den historischen
Disziplinen für die heuristischen Begriffe 'Wert' und 'Wertung' haben.
Insbesondere mit Blick auf die gegenwärtige Erprobung praxeologischer,
akteur- bzw. subjektzentrierter Fragestellungen sollen dabei nicht
Extrapolationen von stabilen, vermeintlich handlungsleitenden
Wertsystemen im Mittelpunkt stehen, sondern jene Strategien, die in den
prekären Aushandlungen und Aktualisierungen von Wertungen durch
historische Akteure zum Einsatz kommen.
Eine ähnliche Neuformulierung der Fragestellung zeigt sich in
Nachbardisziplinen wie der Soziologie nach dem Wechsel vom normativen zum
interpretativen Paradigma (vgl. Georg W. Osterdiekhoff/ Norbert Jagelka:
Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und
Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001) oder der Philosophie
mit dem Blick auf die soziale Situationsgebundenheit von Wertungen (vgl.
Joseph Raz: The Practice of Value, Oxford 2003).
Ziel der Tagung ist es, diese vielfältigen und immer mehrdimensionalen
Prozesse der Auf-, Um- und Abwertung in den Blick zu nehmen und daraufhin
zu untersuchen, wie Wertungen vorgenommen und Wertvorstellungen
operationalisiert werden. Dabei ist nach der jeweils hergestellten
Relation von Teil und Ganzem zu fragen, nach dem Verhältnis von
Affirmation und Dynamik, nach der spezifischen Ausstattung von Akteuren
mit der Macht, Bewertungen dauerhafte Akzeptanz zu verschaffen,
schließlich nach den Relationen zwischen spezifischen Praktiken der
Aufwertung und solchen der Abwertung. Ausdrücklich erwünscht sind auch
Beiträge, die sich mit der Begriffsgeschichte von 'Wert' und der
Geschichte seiner Verwendung als heuristisches Instrument befassen. Im
Idealfall könnten wissenschaftshistorisch informierte Beiträge an
konkreten Fällen die Differenzen in Vorstellungen von Wertung sowie
Gebrauch und Brauchbarkeit des 'Wert'-Begriffs deutlich machen.
Die Tagung richtet sich vor allem an den wissenschaftlichen Nachwuchs aus
dem In- und Ausland. Beiträge aus allen mit Mittelalter und Neuzeit
befassten Disziplinen sind willkommen. Eine Publikation der Vorträge im
Rahmen eines Tagungssammelbandes ist geplant.
Mögliche Vorträge könnten sich in der genannten systematischen
Perspektive z. B. befassen mit:
Königserhebungen und -absetzungen; Dichterkrönungen; Erhebungen in den
Adelsstand; intertextuellen Nobilitierungen
Praktiken der Schatzbildung, des Sammelns und Ausstellens; Praktiken
der Philo-Logie (Edition, Kommentar, Anthologie); Praktiken der
Kanonisierung und Heiligsprechung; Reliquien und Reliquiaren
Transsubstantiationen, Relationen von 'Materialwerten' und
immateriellen Werten; Vorstellungen von angemessenem Preis und Wucher
Profanierung, Satire, Schmähung, Schändung, Brandmarkung; Praktiken der
Rehabilitierung
Ein- bis zweiseitige Exposés können bis zum 31. Mai 2004 per Post und
Email geschickt werden an:
Dr. Rebekka von Mallinckrodt
Koordinatorin der International Max Planck Research School
Max-Planck-Institut für Geschichte
Hermann-Föge-Weg 11
D-37073 Göttingen
Email: rvmmpi-g.gwdg.de
Quellennachweis:
CFP: Praktiken d. Auf-, Um-, Abwertung in MA u. NZ (Goettingen 23-24.09.04). In: ArtHist.net, 23.04.2004. Letzter Zugriff 16.12.2025. <https://arthist.net/archive/26324>.