CONF: Struktur, Figur, Kontur. Abstraktion in Kunst und
Lebenswissenschaften
Workshop vom 28. bis 30. November 2003
Workshop vom 28. bis 30. November 2003 Der Workshop “Struktur, Figur,
Kontur” widmet sich dem Stellenwert der Abstraktion in bildgebenden
Verfahren innerhalb von Kunst und Lebenswissenschaften. Im Zentrum des
Interesses stehen dabei die sich verschränkenden Strukturen wie Arabesken,
die in “unendlichen Rapports” (Alois Riegl) in alle Richtungen fortsetzbar
sind, Kurven, die in zuckendem Takt Leben aufschreiben, Linien, die
Umrisse und Formen aufbrechen, Diagramme, die mittels Maß und
Berechenbarkeit Verhältnisse ins Bild setzen sowie Modelle, die rhetorisch
und graphisch Evidenz produzieren. Inwiefern überführt die Kunst das Leben
in eine Form und wie können umgekehrt die Wissenschaften vom Leben sich in
ihren Darstellungen den Prozessen einer Formbildung nicht verschließen?
Wie verfahren Künste, Techniken und Wissenschaften mit dem Leben, das von
“Virtualitäten, Singularitäten und Ereignissen” (Gilles Deleuze) geprägt
ist?
Denn jenseits des referentiellen Abbildes steht die Abstraktion in einem
anderen Verhältnis zur Differenz von Natürlichem und Wirklichem. Dies
vermögen nicht nur einzelne Kunstwerke aus der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts zu zeigen, die mit dem Verzicht auf anatomische und
perspektivische Darstellungsmodi das abstrahierende “Falschzeichnen”
hervorgebracht haben; ein Verfahren, das mit der Herstellung von
Kupferdruckplatten die Präzision der Linie noch verstärkt hat. Ebenso wird
auch die abstrahierende Funktion der anatomischen Atlanten beibehalten,
obschon das Medium der Photographie zur Verfügung steht. Abstrakte
Figurationen folgen offenbar nicht einer Logik der Repräsentation, sondern
verfügen über eine Eigenlogik und entwerfen damit zugleich in
geometrischen, ornamentalen, algebraischen oder topologischen Gefügen ein
Bild des Lebens. Dabei begleiten die lebenswissenschaftlichen Begriffe
organisch/ anorganisch durchwegs die kunsttheoretischen und
kulturhistorischen Debatten über die Abstraktion. Im Hinblick auf das 19.
Jahrhundert ließe sich als besondere Leistung die anorganische Abstraktion
(Wilhelm Worringer) hervorheben, die die Figur von der Willkürlichkeit und
Zufälligkeit des Lebens ausnimmt, um damit das Akzidentelle des
Organischen zu bändigen. Diese kunsttheoretische Debatte scheint selbst
noch die Etablierung der graphischen Methode oder der Photographie zu
kennzeichnen. Demgegenüber wird im 20. Jahrhundert das Augenmerk in den
Lebenswissenschaften auf ein Denken in Kontingenzen und Relationen
gelenkt. Damit tritt die mutierende Kombinatorik in den Vordergrund; ein
Paradigma, das nicht nur die Malerei und ihre drei Elemente - Struktur,
Figur und Kontur - betrifft, sondern Lebens- und
Informationswissenschaften gleichermaßen erfasst.
Programm
Freitag, 28. November
9.30-10.15
Joseph Vogl, Weimar: Begrüssung
Claudia Blümle, Weimar: Einführung
10.15-11.15
Birgit Schneider, Berlin: Gefleckte Gestalten. Tarnungstheorien und
-praktiken 1900-1918
11.15-11.30
Pause
11.30-12.30
Sabine Flach, Berlin: Von der Zelle zum Code
Moderation: Cornelius Borck
12.30-14.00
Mittagessen
14.00-15.00
Martin, Treml, Berlin: Abstraktion in der Darstellung von Namen und
Körper Gottes
15.00-16.00
Cornelius Borck, Weimar: Bewegte Linien. Die Experimentalisierung des
Lebens in den Bauhaus-Vorkursen in Weimar
16.00-16.30
Pause
16.30-17.30
Armin Schäfer, Weimar: Falschmalen. Zur Abstraktion bei Philip Guston
17.30-18.30
Maja Naef, Basel: Strukturen im Bild. Zu Zeichnungen und Gemälden von
Terry Winters
Moderation: Anja Lauper
Samstag, 29. November
10.00-11.00
Stefan Rieger, Köln: Das Gedächtnis der Linie
11.00-12.00
Bob Brain, Harvard: space representation ? abstraction ? simulation
Moderation: Alessandro Barberi
12.00-14.00
Mittagessen
14.00-15.00
Uwe Fleckner, Berlin: Einige Linien im Werk Jean-August-Dominique
Ingres. Reflexionen über ein reflexives Gestaltungsmittel
15.00-16.00
Michael Lüthy, Berlin: Ornament und Verkörperung in Degas Spätwerk
16.00-16.30
Pause
16.30-17.30
Claudia Öhlschläger, München: Horror vacui. Zur Anthropologie der
Abstraktion um 1900
17.30-18.30
Beate Söntgen, Bochum: Figur mit Grund. Interieurs und ihre Bewohner
Moderation: Armin Schäfer
Sonntag, 30. November
10.00-11.00
Ingo Uhlig, Hamburg: Abstrakte Maschinen
11.00-12.00
Sebastian Egenhofer, Köln: Die gerade Linie. Vom Instrument der
Bilddestruktion zum Vektor
12.00-12.30
Pause
12.30-13.30
Friedrich Balke, Köln: Auf dem Rundgang. Über Bilder des Lebens bei
Deleuze und Heidegger
Moderation: Claudia Blümle
Ort: Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Medien
Hörsaal (Raum 002) in der Hausknechtstrasse 7
Organisiert von der Forschergruppe „Das Leben schreiben.
Medientechnologie und die Wissenschaften vom Leben (1800-1900)“
www.daslebenschreiben.de
Kontakt: claudia.bluemlemedien.uni-weimar.de
Reference:
CONF: Struktur - Figur - Kontur. Abstraktion ... (Weimar, 28-30 Nov 03). In: ArtHist.net, Nov 12, 2003 (accessed Feb 5, 2025), <https://arthist.net/archive/26005>.