CONF 08.09.2003

Die Gefahr der Zerstoerung. Kunst und Destruktivitaet (Frankfurt/Main, 7.-8.11.03)

Gerlinde Gehrig

(Frankfurt/Main, 7.-8.11.03)
Date: 09/08/03

Liebe TeilnehmerInnen von Art-Hist,

ich möchte Euch hiermit auf die interdisziplinäre Tagung "Die Gefahr der
Zerstörung. Kunst und Destruktivität" des Graduiertenkollegs "Psychische
Energien bildender Kunst" aufmerksam machen, die am 7. und 8. November
2003 in Frankfurt stattfinden wird.

Viele Grüsse,
Gerlinde Gehrig

Die Gefahr der Zerstörung
Kunst und Destruktivität

Interdisziplinäre Tagung des Graduiertenkollegs
„Psychische Energien bildender Kunst“

7. und 8. November 2003
Casino des Poelzig-Baus Campus Westend

Kunstgeschichtliches Institut
Goethe-Universität Frankfurt am Main

Die Gefahr der Zerstörung. Kunst und Destruktivität

Es gibt kein „unschuldiges“ Werk (Segal), denn die Kunst aller Epochen
kann von aggressiven psychischen Tendenzen geprägt sein, die
destruktiven Charakter besitzen. Daher ist es nötig, sich in einem
interdisziplinären Rahmen der Verarbeitung, Darstellung und Wirkung
menschlicher Destruktivität in den visuellen Medien anzunähern.

Gewalt, Zerstörung und Tod werden seit der Antike immer wieder in Werken
der bildenden Kunst verhandelt. Man denke nur an Sujets wie Jüngstes
Gericht, Totentanz oder Schrecken des Krieges. Mit dem 19. Jahrhundert
verläßt dieser Diskurs dann die kollektiv sanktionierten Bereiche von
Religion und moralischer Belehrung, und die Bedrohung des Individuums,
etwa durch Wahnsinn und Selbstmord, gewinnt an Bedeutung. Die
Erschließung der innerpsychischen Dimension des Phänomens hat begonnen.
Im 20. Jahrhundert erreicht die Auseinandersetzung mit den Themen
Schmerz, Trauma, Entfremdung und zerstörerischer Aggression einen
vorläufigen Höhepunkt. In der Aktionskunst durchbricht die
Destruktivität schließlich die Grenzen der Medien und flutet in den
realen Raum. Hat die zeitgenössische Kunst die Zerstörung wieder in die
Form gebannt? Oder müssen die Grenzen zwischen imaginärem und realem
Raum neu definiert werden? Fast scheint es, als habe Sigmund Freud mit
seinem umstrittenen Konzept des Todestriebes das Urteil über unsere
Epoche gesprochen.

Von der Attraktivität extremer Phänomene für die Kulturwissenschaften
zeugt die zunehmende Auseinandersetzung mit Themen wie Gewalt und Tod,
die sich nicht nur in Forschung und Lehre, sondern auch in der
Ausstellungspolitik erkennen läßt. In der historischen Emotionsforschung
wird zudem den Affekten Trauer, Angst und Verzweiflung besondere
Aufmerksamkeit geschenkt. In Psychologie und Psychoanalyse hat die
systematische Erforschung der menschlichen Destruktivität längst
begonnen (destruktiver Narzißmus, Desobjektalisierung). Auch in der
Soziologie findet diese Problematik, nicht zuletzt durch die Texte
Sofskys (Traktat über die Gewalt, 1996), neue Beachtung. Daher werden
wir einer Forschungstradition des Graduiertenkollegs „Psychische
Energien bildender Kunst“ folgen und gezielt den Dialog mit diesen
Disziplinen suchen. Die besondere Qualifizierung des Graduiertenkollegs
zur Erforschung den Diskurs durchbrechender Phänomene und der imaginären
Qualitäten bildender Kunst bietet auf dieser Veranstaltung die Chance,
sich dem schwierigen Thema Destruktivität auch in der Kunstgeschichte
angemessen zu nähern.
Tagungsleitung: Dr. Gerlinde Gehrig

Programm:

Freitag 7. November 2003

14.30 – 14.45
Prof. Dr. Klaus Herding
Begrüßung

14.45 – 15.15
Dr. Gerlinde Gehrig
Einführung

15.15 – 16.00
Prof. Dr. Rainer Krause, Psychologe und Psychoanalytiker (Saarbrücken)
„Einige Überlegungen zur Reaktivierung destruktiver Vorgänge im
künstlerischen Prozeß“

16.00 – 16.45
Dr. Ulrich Pfarr, Kunsthistoriker (Stuttgart)
„Destruktion des Ideals oder Aggression gegen sich selbst? Spannungen in
der Kunst F. X. Messerschmidts“

16.45 – 17.15
Pause

17.15 – 18.00
Dr. Johanna Scherb, Kunsthistorikerin (Frankfurt am Main) „Suizid um
1800“

18.00 – 18.45
Falk Berger, Psychoanalytiker (Frankfurt am Main) „Destruktivität bei
Rembrandt“

Samstag 8. November

9.30 – 10.15
Dr. Gisela Greve, Psychoanalytikerin (Berlin)
„Die Darstellungen von Zerstörung und Tod im Werk von Warhol und Beuys.
Ein Vergleich aus psychoanalytischer Sicht“

10.15 – 11.00
Dr. Gerlinde Gehrig, Kunsthistorikerin (Frankfurt am Main)
„Die Spur der Zerstörung. Einsamkeit und Destruktivität im visuellen
Feld“

11.00 – 11.15
Pause

11.15 – 12.00
Dr. Edda Hevers, Kunsthistorikerin (Frankfurt am Main)
„Haß als ‚Methode’. Cézanne und das Mörderische an der Malerei“

12.00 – 13.30
Mittagspause

13.30 – 14.15
Prof. Dr. Gertrud Koch, Film- und Medienwissenschaftlerin (Berlin)
„Strafen der Kunst – das Unerträgliche im Film“

14.15 – 15.00
Dr. Bernhard Stumpfhaus, Kunsthistoriker (Heilbronn) „Teilnahmslos.
Hinter dem Sucher der Kamera“

15.00 – 15.15
Pause

15.15 – 16.00
Mechthild Zeul, Psychoanalytikerin (Madrid)
„Das verbrecherische Leben des Archibaldo de la Cruz“ (Luis Buñuel
Mexiko 1955) Eine Filmanalyse

16.00 – 16.30
Abschlussdiskussion

Tagungsort:
Alle Vorträge finden im Raum 1.801 im Casino des Poelzig-Baus, Campus
Westend der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Grüneburgplatz 1
statt.

Verbindungen:
Mit den U-Bahnlinien 1, 2 und 3 bis „Holzhausenstraße“, dann 10min
Fußweg oder mit den Buslinien 36 oder 75 zu den Haltestellen
„Simon-Bolivar-Anlage“ oder „Oberlindau“. Ab Frankfurt am Main
Hauptbahnhof mit der U-Bahnlinie 4 bis „Bockenheimer Warte/Universität“,
dann weiter mit den Buslinien 36 oder 75.

Graduiertenkolleg „Psychische Energien bildender Kunst“
Kunstgeschichtliches Institut Johann Wolfgang Goethe-Universität
Hausener Weg 120 60489 Frankfurt am Main Telefon 069/79824997 Fax
069/79828428 grakokunst.uni-frankfurt.de
www.kunst.uni-frankfurt.de/Grakotagung

Quellennachweis:
CONF: Die Gefahr der Zerstoerung. Kunst und Destruktivitaet (Frankfurt/Main, 7.-8.11.03). In: ArtHist.net, 08.09.2003. Letzter Zugriff 26.04.2024. <https://arthist.net/archive/25903>.

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