Visuelle Argumentationen
Die Mysterien der Repräsentation und die Berechenbarkeit der Welt
Arbeitsgespräch am Herrmann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik,
Humboldt-Universität zu Berlin
30.-31. Januar 2004
Im Jahre 1610 beklagte der englische König Jakob I., daß „heutzutage
nichts
unerforscht“ sei, weder die „allerhöchsten Mysterien der Gottheit“, noch
die
„tiefsten Mysterien, die zu den Personen von Königen und Prinzen
gehören,
die Götter auf Erden sind.“ Mit diesen Worten beschrieb der Monarch die
sich
ankündigenden, grundlegenden Verschiebungen im Gefüge der
Herrschaftsvermittlung. Denn die politischen Systeme der Zeit waren auf
Staatstheorien gegründet, die sich durch die visuelle Umsetzung in der
Repräsentation etablierten. Es war die ikonische Qualität des Bildes,
die
die Grundlage der Repräsentationssysteme der Frühen Neuzeit bildete. Nur
dieses konnte die „Mysterien der Herrschaft“, dem Anspruch nach
angemessen,
visualisieren. So formulierte Jean Bodin in seinen Six Livres de la
Republique von 1576: „Wer sich gegen den König wendet, versündigt sich
an
Gott, dessen Abbild auf Erden der Fürst ist.“ Gut 100 Jahre später
konnte
André Félibien diesen Gedanken unverändert für Ludwig XIV. in Anspruch
nehmen.
Doch in den wissenschaftlichen Analysen der Welt war noch ein
weitere
Ansatz impliziert, der der „Berechenbarkeit“ des Bildes, die sich in
einem
Spannungsfeld mit den „unberechenbaren“ Aspekten der Repräsentation
befand.
Eine Zuspitzung der Problematik kann anhand der Auseinandersetzungen um
die
Vermittlung der Zentralperspektive zwischen 1636 und 1649 beobachtet
werden.
Im Kern ginge es um miteinander konkurrierende Wahrnehmungskonzepte. Die
„berechenbaren“ Implikationen des zentralperspektivisch konstruierten
Raumes
und die „unberechenbaren“ Anteile der Ikonizität wurden unter den
Bedingungen der Repräsentation im Bild miteinander verhandelt. Inwieweit
dieser Konzeption durch die angewandte Geometrie und ihre Bildproduktion
sukzessive die Legitimation entzogen wurde und welche Gegenstrategien
entwickelt wurden, soll anhand der Beiträge des Arbeitsgesprächs
thematisiert und diskutiert werden.
Exposés (max. 1 Seite) für Referate von ca. 20 Minuten Länge bitte bis
zum
3. November 2003 an:
Prof. Horst Bredekamp / Pablo Schneider M.A.
Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik – Visuelle Argumentationen
Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin
Tel. 030 / 2093-1070
Sek. -2563
Fax. -1961
E-Mail: pablo.schneiderrz.hu-berlin.de
Quellennachweis:
CFP: Visuelle Argumentationen (HU Berlin, 30.-31.1.04). In: ArtHist.net, 30.09.2003. Letzter Zugriff 05.01.2025. <https://arthist.net/archive/25882>.