Anfrage: Runenhäuser - Rezeption nach 1945
Gregor Hufenreuter, Hufenreuteraol.com
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Anfrage behandelt völkisch-esotherische Runendeutungen. Derzeit
arbeite ich an einer Studie über den völkischen Funktionär Philipp Stauff,
der von 1876 bis 1923 lebte und vor allem zwischen 1910 und 1921 sehr
aktiv innerhalb der völkischen Bewegung des Kaiserreiches und der Weimarer
Republik war. Stauff war vehementer Anhänger des österreichischen
Ariosophen Guido List und ab 1912 der Präsident der Guido von List
Gesellschaft. List beschwor in diversen esoterisch-okkulten Schriften eine
"ariogermanische" vorchristliche Gesellschaft, deren verlorengegangenes
"Wissen" durch eine Reihe von geheimen symbolischen Überlieferungen die
christliche Verfolgung überstanden habe. Unter anderem sah List solches
"Wissen" in der Bausymbolik versteckt. Stauff griff diese Idee auf und
brachte 1912 und 1921 das Buch "Runenhäuser" heraus, wobei er die
Balkenformationen von Fachwerkhäusern ariosophisch als Runen erkannte und
diese Runen in verschiedenen Sinnzusammenhängen ausdeutete.
Zwar löste es 1912 eine heftige Debatte unter den Völkischen aus, fand
aber ansonsten kaum Niederschlag außerhalb dieses Kreises. Lediglich der
Sinnbildforscher Karl Theodor Weigel beschäftigte sich während des
Nationalsozialismus mit Stauff und seinen Thesen, lehnte letzten Endes die
Ausdeutungen in Listscher Tradition aber ab.
Dies schien das Ende der Rezeption der Runenhäuser-Theorie zu sein, doch
nun bin ich auf einen Band, des in der Zimmererzunft allgemein anerkannten
Fachwerkexperte Manfred Gerner gestoßen. Gerner folgte in einem
"Runen"-Kapitel seines 1983 in der Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart
erstmals herausgegebenen Buches "Farbiges Fachwerk" eben diesen
Vorstellungen von List und Stauff wortwörtlich und führte beide auch in
der Literaturliste auf. Das Buch erschien 1993 und 2001 in unveränderten
Neuauflagen. Besonders erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass Gerner
die Fächer Geschichte und Kunstgeschichte anmahnte, besonders nach 1945
die Runenhaus-Theorie bekämpft zu haben, wenngleich es heute
"wissenschaftlich" nicht zu leugnen sei, dass es Runenhäuser gäbe.
Nun meine Anfrage. Sind Diskussionen, Artikel, Kommentare oder Hinweise
irgendwelcher Art über "Runenhäuser" oder allgemein Runen in den
Balkenkonstruktionen des Fachwerk in den Fächern Geschichte bzw.
Kunstgeschichte oder anderswo nach 1945 bekannt?
Für jeden Hinweis bin ich sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Hufenreuter
Quellennachweis:
Q: Runenhäuser - Rezeption nach 1945. In: ArtHist.net, 02.05.2003. Letzter Zugriff 02.01.2025. <https://arthist.net/archive/25623>.