CONF 06.04.2003

Hybride Identitäten (Duisburg, 23.5.2003)

Symposium

Hybrid Identities - Hybride Identitäten

Transdisziplinäre Diskurse im Rahmen der 27. Duisburger Akzente -
Kulturfestival des Landes Nordrhein-Westfalen zum Thema ICHs

Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg,
23. Mai 2003, 9.30 - 19.00 Uhr

Das Subjekt hat gerade in der Moderne gravierende Wandlungen durchgemacht. Es
beschäftigte so unterschiedliche Wissenschaften wie die Hirnforschung, die
Psychoanalyse, die Anthropologie, die Neurobiologie, die Medientheorien und
die Kulturwissenschaften.

Im postmodernen Diskurs, insbesondere im Rahmen von Gender-, Cultural und
Media Studies, ist in den letzten Jahren ein Konzept entstanden, das an die
Stelle eines festgefügten monolithischen Begriffs von Identität den der
'multiplen Identitäten' setzt. Die damit einhergehende Veränderung unseres
Verständnisses von Autonomie und Individualität wird gerade in jüngster Zeit
heftig und kontrovers diskutiert. Wissenschaftler und Theoretiker zeichnen
zum teil bizarr wirkende Entwürfe des zukünftigen Selbsts, die allerdings bei
genauer Betrachtung in vielen Bereichen unseres Alltags längst zur
Selbstverständlichkeit geworden sind.

Das Symposium versucht hier eine Brücke zu schlagen zwischen Theoriebildung
und gesellschaftlicher Praxis und stellt die unterschiedlichen "Taktiken des
Ego" in einen transdisziplinären Diskurs, der den Blick gerade auf
alltägliche Wahrnehmungsgewohnheiten richtet. Beschäftigen wird uns vor allem
die Frage, bei welchen Aspekten der aktuellen "Taktiken des Ego" es sich um
grundsätzlich neue Phänomene handelt, die unsere Vorstellungen des Selbsts im
21. Jahrhundert prägen, und inwiefern sie auf durch die Jahrhunderte
tradierten Identitätskonzepten fußen.

Freitag, 23. Mai 2003

9.30 Uhr Begrüßung, Gerd Bildau, Kulturdezernent der Stadt
Duisburg

9.40 Uhr Einführung, Dr. Söke Dinkla, Festivalbüro, Stadt
Duisburg

10.00 Uhr Prof. Dr. Detlef B. Linke
Neurophysiologe und Philosoph
Universität Bonn
"Ich glaube, ich habe gute Laune." Kunst, Gehirn und Existenzbeweis

Detlef B. Linke spricht in seinem Eröffnungsvortrag über den Zusammenhang
zwischen neuronalen Funktionen des Gehirns, dem Wesen künstlerischer Arbeit
und menschlichen Strategien des Existenzbeweises: "Haben wir als
informationsverarbeitende Systeme den Bezug zur Existenz verloren bzw.
wechselnde Bezüge zu ihr? Zeigt die Kunst die Bezüge zur Existenz (Körper,
Krankheit, Liebe, Tod, Emotion) oder gerät sie neuerdings in eine Ähnliche
"belle indifference" wie die Literatur, welche die
Unentscheidbarkeitstheoreme der mathematischen Grundlagenforschung zur
Lebensform erhebt?"

10.45 Uhr Danica Dakic
Künstlerin, Sarajevo/ Düsseldorf
Heimat für den anderen

Die in Bosnien-Herzegowina geborene Künstlerin Danica Dakic präsentiert
anhand ihres Werkes, das Installationen, Videoarbeiten und Projekte im
Öffentlichen Raum umfasst, welche Spannungen zwischen kollektiver und
individueller Erfahrung existieren.

11.30 - 13.20 Pause

13.30 Uhr Prof. Dr. Heiner Keupp
Sozialpsychologe, Universität München
Fragmente oder Einheit? Wie heute Identität geschaffen wird

Heiner Keupp beschäftigt sich mit der Frage, wie sich in den
Umbruchturbulenzen der "Risikogesellschaft" Identitäten ausbilden. Er
erläutert sein Konzept der "Patchwork-Identität", mit dem er versucht neue
Wege der Konzeptentwicklung zu gehen.

14.20 Uhr Dr. Catherine David
Kunsthistorikerin und Ausstellungskuratorin,
Witte de With, center for contemporary art,
Rotterdam
Identity / identification / complex processes of subjectivation in the
context of globalisation

Catherine David geht in ihrem Vortrag darauf ein, wie unter den aktuellen
Bedingungen der Globalisierung und den sie begleitenden, manchmal gewaltsamen
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen sich
Identität als komplexes Kräftefeld organisiert.

15.10 Uhr Prof Dr. Barbara Becker
Soziologin und Philosophin, Universität Paderborn
Mediale Inszenierung des Selbst

Barbara Becker stellt in ihrem Vortrag grundlegende Überlegungen zur Frage
der Selbst-Inszenierung an. Sie gibt dabei einen kurzen historischen
Überblick über Formen der Selbst-Inszenierung in Schrift- und Bildmedien
(Buch, Brief, Fotografie und Video) und diskutiert anschließend aktuelle
Formen der Selbstinszenierung im Internet.

16.00 - 16.50 Kaffeepause

17.00 Uhr Prof. em. Dr. Peter Bürger,
Literaturwissenschaftler und
Kulturtheoretiker, Universität Bremen
Das Verschwinden des Subjekts - eine postmoderne Utopie?

Im Abschlussvortrag skizziert der Literaturwissenschaftler und
Ästhetiktheoretiker Peter Bürger das Subjekt als eine der tragenden
Kategorien der Moderne und als eine Gedankenfigur, in der sich deren
Widersprüche zugleich zeigen und verbergen. Sein Buch "Das Verschwinden des
Subjekts" hat die Diskussion über veränderte Bilder des Selbsts radikalisiert
und scheinbar an eine Art Endpunkt geführt.
In der abschließenden Podiumsdiskussion wird u.a. zu diskutieren sein, warum
uns dennoch und gerade in jüngster Zeit die Frage nach unserem Verständnis
des ICH besonders beschäftigt.

17.45 - 18.20 Podiumsdiskussion

18.30 Preview der Ausstellung "Taktiken des EGO"

Moderation: Dr. Söke Dinkla und Christoph Blase, Kulturkritiker, Berlin

Konzeption und Leitung: Dr. Söke Dinkla

Eintritt: 15.-- Euro, erm. 5,-- Euro

Anmeldungen bis 12. Mai 2003 unter festivalbueroduisburg-agentur.de
oder Tel. Nr. 0203 283 2614, Fax 0203 283 2188

Quellennachweis:
CONF: Hybride Identitäten (Duisburg, 23.5.2003). In: ArtHist.net, 06.04.2003. Letzter Zugriff 05.01.2025. <https://arthist.net/archive/25585>.

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