ANN 07.03.2002

Stellungnahme des UV zum HRG

<Christian.Fuhrmeisterlrz.uni-muenchen.de>
Date: Thu, 7 Mar 2002 17:08:48 +0100
Subject: AW: Stellungnahme des UV zum HRG

Liebe KollegInnen,
der UV hat eine Stellungnahme zum HRG verfasst, die wir gerne ueber
H-ArtHist und H-Soz-u-Kult verschicken moechten.

Stellungnahme des Ulmer Vereins. Verband fuer Kunst- und
Kulturwissenschaften e.V. zur Neuordnung befristeter
Arbeitsverhaeltnisse an
den Hochschulen

6. Maerz 2002

Das Fuenfte Gesetz zur Aenderung des Hochschulrahmengesetzes (HRG)
und anderer Vorschriften (5. HRGAendG) ist am 23. Februar 2002 in
Kraft getreten. Es beabsichtigt eine grundlegende Reform der
befristeten Arbeitsverhaeltnisse an den Hochschulen. Dass der
Gesetzestext alle Studiengaenge gleichermassen betrifft, liegt in der
Natur der Sache. Gleichwohl ist hier eine Differenzierung vonnoeten,
denn die Ausbildung, die Arbeitsfelder und die Chancen von
Mikrobiologen, Informatikern, Betriebswirten und Kunsthistorikern auf
dem Arbeitsmarkt sind zu verschieden, um ueber einen Kamm geschoren
zu werden. Waehrend allerorten - so auch von der Bundesregierung -
Flexibilitaet und Kreativitaet gefordert werden, beeindruckt das
Gesetz hier mit dem Esprit eines Fuenf-Jahres-Plans. Der durch die
Novellierung des HRG vorgezeichnete Weg - Promotion, Juniorprofessur,
Festanstellung - ist realitaetsfern, ja er behindert besonders in den
Geisteswissenschaften Forschung und Lehre in ausserordentlich starkem
Masse.

Denn fuer Kunst- und KulturwissenschaftlerInnen ist die Mitarbeit in
befristeten Arbeitsverhaeltnissen Berufsalltag (wenn auch nur fuer
die ‚happy few'), und es sind gerade diese Projekte, aus denen
vielfaeltige Impulse fuer die Forschung kommen. Diese innovative
Arbeit durch eine Zeitschere zu behindern, ist kontraproduktiv. Fuer
zahllose KollegInnen ist die Arbeit auf befristeten Stellen eine
ernst zu nehmende Berufs- und Lebensperspektive (was ursaechlich mit
der geringen Zahl unbefristeter Stellen zusammenhaengt). Ihre im
Hintergrund angesiedelten Arbeitgeber sind beispielsweise die
Volkswagenstiftung oder die DFG. Dem Gesetzgeber, dem BMBF und seinen
Beratergremien muss der Vorwurf gemacht werden, diese fachspezifische
Berufssituation nicht reflektiert oder sogar als irrelevant
betrachtet zu haben. Befristete Forschungsprojekte sind keine
temporaere Ueberbrueckungsmassnahme, sie sind fuer sehr viele Kunst-
und KulturwissenschaftlerInnen schlichtweg das zentrale Arbeitsfeld.
Denn andere Taetigkeitsbereiche in Wirtschaft und Industrie, wie sie
etwa fuer Ingenieure oder Juristen in Frage kommen, existieren fuer
uns nicht oder kaum.

Die Gesetzesnovelle geht von einer Situation aus, wie sie nicht
besteht und sich auch in naechster Zeit nicht herstellen laesst.
Interdisziplinaritaet, Flexibilitaet und Innovation werden durch die
Neufassung des HRG nachdruecklich behindert, nicht gefoerdert. Dies
kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Die Qualitaet der
Ausbildung an deutschen Universitaeten gruendet nicht zuletzt auf
ihrer Vielfalt und Kreativitaet - was durch den immer noch guten Ruf
im Ausland bestaetigt wird -, und daran haben die AssistentInnen und
MitarbeiterInnen in Forschungsprojekten entscheidenden Anteil.

Das BMBF wird daher ersucht, an intelligenten und differenzierten
Loesungen mitzuarbeiten. Niemand sperrt sich gegen eine Reform der
Beschaeftigungsverhaeltnisse an Hochschulen, die mehr
Gestaltungsmoeglichkeiten bietet. Der Ulmer Verein. Verband fuer
Kunst- und Kulturwissenschaften e.V. fordert eine fachspezifische
Neugestaltung des 5. HRGAendG, die in enger Zusammenarbeit mit
Vertretern der betroffenen Institutionen entwickelt wird.

Fuer den Vorstand
Dr. Christian Fuhrmeister, Muenchen
Pablo Schneider M.A., Berlin

http://www.ulmer-verein.de

Quellennachweis:
ANN: Stellungnahme des UV zum HRG. In: ArtHist.net, 07.03.2002. Letzter Zugriff 20.04.2024. <https://arthist.net/archive/24897>.

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