NACHLASS ZU LEBZEITEN. Das Gesamtwerk als Horizont künstlerischer Produktion in Moderne und Gegenwart
Der Workshop beschäftigt sich mit der Aufwertung des Gesamtwerks zu einem privilegierten Kontext des Einzelwerks in der Moderne und Gegenwart. Während das ›Meisterwerk‹ noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als unumstrittener Maßstab einer erfolgreichen Künstlerkarriere galt, produzierten Künstler seit dem späten 19. Jahrhundert ihre Werke zunehmend in Serien und stellten ganze Werkgruppen in Einzelausstellungen aus. Sie begannen dabei ihr – in letzter Konsequenz erst posthum zu erfassendes – Œuvre gleichsam vorwegzunehmen: Sie führten selbst ihren Werkkatalog, erstellten transportable Sammlungen ihrer Hauptwerke oder arbeiteten bisweilen sogar an lebenslangen Projekten. Mit der Selbsthistorisierung wird zum einen ein autoritativer Kontext geschaffen, in dem die vergangenen, aktuellen und künftigen Werke betrachtet und diskutiert werden sollen. Zum anderen machen diese Praktiken bereits geschaffene Arbeiten als eine Art Residuum der künftigen Produktion verfügbar.
Die Vorträge der Veranstaltung werden den Vorstellungen und Praktiken der Werkkonzeption nachgehen. Sie zielen dabei zum einen auf eine Sichtbarmachung des Œuvres als einen wichtigen und bislang weitgehend vernachlässigten Umstand der künstlerischen Produktion ab; zum anderen stellen sie Ansätze zu einer Kritik der bis heute in der Kunstgeschichte und -kritik äußerst wirksamen und nicht selten biologisch fundierten Analogiebildung zwischen Leben und Werk bereit.
Programm
FREITAG, 24. JANUAR 2020
14-14.15
Barbara Wittmann (UdK Berlin): Einführung
14.15-15.15
Ralph Ubl (Uni Basel): Format und Lebenswerk bei Eugène Delacroix
15.15-16.15
Oliver Krätschmer (ZKM Karlsruhe): Politik der Chronologie. Das strategisch datierte Lebenswerk
Kaffee
16.45-17.45
Dörte Schmidt (UdK Berlin): Oeuvre: Werk und Autorschaft. Selbstarchivierungsstrategien und künstlerische Selbstvergewisserung im Komponieren des 20. Jahrhunderts
17.45-18.45
Cornelia Ortlieb (FU Berlin): Signet und Serie, Handschrift und Digitalisat. Stefan Georges Werk ohne Autor
SAMSTAG, 25. JANUAR 2020
9.30-10.30
Robert Kehl (UdK Berlin): Passagen zwischen Archiv und Oeuvre. Heinrich Zille in Händen Thomas Struths
10.30-11.30
Gregor Wedekind (Uni Mainz): Verschachtelt und verkoffert. Duchamps Werkordnung als Indexikalisierung seines künstlerischen Bewußtseins
Kaffee
11.45-12.45
Stefan Neuner (UdK Berlin): Geste, Stück, Werk. Das Œuvre in der amerikanischen Kunst nach 1945
Mittagspause
14.15-15.15
Akiko Bernhöft (UdK Berlin): "I am dating here." (JAN. 28, 1966). Tagwerk als Lebenswerk bei On Kawara
15.15-16.15
Julia Gelshorn (Uni Freiburg CH): Gerhard Richter – vom Tod des Autors zum Leben des Künstlers
Kaffee
16.45-17.45
Annette Tietenberg (HfBK Brauschschweig): Der Vorlass eines Post-Studio Artist: Daniel Burens Website
17.45
Abschlussdiskussion
DiskutantInnen
Wolfram Pichler (Uni Wien)
Aurea Klarskov (Eikones Basel)
Kontakt:
Robert Kehl
Institut für Kunstwissenschaft und Ästhetik (IKAE)
Universität der Künste
Hardenbergstr. 33
D-10623 Berlin
r.kehludk-berlin.de
ikae.info
Reference:
CONF: Nachlass zu Lebzeiten (Berlin, 24-25 Jan 20). In: ArtHist.net, Jan 14, 2020 (accessed Apr 16, 2025), <https://arthist.net/archive/22424>.