CONF 16.11.2019

Giganten am Werk, Praktiken des Bauens (Mainz, 5 Dec 19)

Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Philosophicum, Jakob-Welder-Weg 18, Mainz, Fakultätssaal 01-185, 05.12.2019

Sascha Köhl

Giganten am Werk. Praktiken des Bauens in der vormodernen Welt zwischen Paris und Peking

Das Kolloquium widmet sich den Bau- und Entwurfsprozessen für Monumentalbauten der vormodernen Welt zwischen Paris und Peking: von den gotischen Kathedralen und byzantinischen Sakralbauten über iranische Moscheen und Angkor Wat bis zu den chinesischen Kaiserpalästen (für weitere Informationen zu Thema und Konzept s.u.).
Eine Veranstaltung des Instituts für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Dr. Sascha Köhl und Prof. Dr. Matthias Müller

Programm

Donnerstag, 5. Dezember 2019
14:15 Uhr bis 20:00 Uhr

Begrüßung und Einführung

Dr. Klaas Ruitenbeek (Berlin)
Der Kaiserpalast in Peking 1420-2019. Ein Meisterwerk in bürokratischer Wiederholung

Prof. Dr. Stephan Pfefferkorn (Dresden)
Angkor Wat als Beispiel der Khmer-Tempel in Kambodscha – Konstruktion, Material und Bautechnik

Prof. Dr. Lorenz Korn (Bamberg)
Konstruktion und Entwurf in der islamischen Architektur: Iranische Kuppelmoscheen der Seldschukenzeit (11.-12. Jh.)

PD Dr. Philipp Niewöhner (Göttingen)
Bauen nach Maß und von der Stange. Klasse und Masse in Byzanz

Prof. Dr. Norbert Nußbaum (Köln)
Grenzen des Wachstums? Monumentalbauten der Gotik und die Produktionsbedingungen ihrer Größenentwicklung

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Zum Konzept des Kolloquiums „Giganten am Werk. Praktiken des Bauens in der vormodernen Welt zwischen Paris und Peking“

Henri Mouhot wusste es besser. Der Tempel von Angkor Wat könne, so schreibt der französische Naturforscher in seinem 1868 posthum veröffentlichten Reisebericht, unmöglich das Werk von Giganten sein, wie die Einheimischen behaupteten. Nein, dieser Tempel, Denkmal einer hochentwickelten Zivilisation, müsse vielmehr die Schöpfung eines einzelnen Genies und großen Baukünstlers sein – eines „Michelangelos des Ostens“.
Das Kolloquium widmet sich dem Schaffen der vielen „Michelangelos“ der vormodernen Welt zwischen Paris und Peking, den Erbauern chinesischer Kaiserpaläste ebenso wie den Werkmeistern gotischer Kathedralen. Sie schufen Bauten, die nicht nur auf den ersten Blick äußerst disparat erscheinen, wurden sie doch zu spezifischen Zwecken in unterschiedlichen Materialien, Techniken und Formen errichtet, dazu im Auftrag von Bauherren und unter Leitung von Baumeistern, die von den Großbauten in den anderen Teilen der Welt allenfalls gehört, sie aber kaum je selbst gesehen hatten. Gerade aufgrund der Distanz und Heterogenität eignen sich diese Bauwerke jedoch als Studienobjekte für ein Kolloquium, das die Vielfalt der Planungs-, Entwurfs- und Bauprozesse der vormodernen Welt in den Blick nimmt.
Eines freilich verbindet diese historischen Monumentalbauten: Seit ihrer wissenschaftlichen „Entdeckung“ im 19. Jahrhundert nahmen sich Kunstdilettanten wie Mouhot ebenso wie Fachwissenschaftler/innen dieser Werke mit Beschreibungs- und Deutungsansätzen an, die wesentlich von der jüngeren europäischen Kunsttheorie und -praxis geprägt waren – und die einem Bau wie Notre-Dame folglich ebenso wenig gerecht wurden wie Angkor Wat. Umso mehr lohnt es sich, über Fachgrenzen hinweg miteinander ins Gespräch zu kommen, um kritisch über Begriffe und Methoden zu reflektieren und sich über Neuerkenntnisse zu historischen Baupraktiken auszutauschen – zumal der Blick über den Tellerrand auf das Schaffen der meist namenlosen „Giganten“ dieser Welt auch neue Sichtweisen auf die historischen Baupraktiken im jeweils eigenen Untersuchungsgebiet verspricht.

Quellennachweis:
CONF: Giganten am Werk, Praktiken des Bauens (Mainz, 5 Dec 19). In: ArtHist.net, 16.11.2019. Letzter Zugriff 29.03.2024. <https://arthist.net/archive/22105>.

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