2. Tagung des Fachforums „Angewandte Künste – Schatzkunst, Interieur und Materielle Kultur“
Diskursfeld Angewandte Künste II: Das Problem der Autorschaft
Die Suche nach dem Urheber eines Kunstwerks bzw. Versuche, ein überliefertes Werk mit einem Künstler in Verbindung zu bringen, gehören geradezu programmatisch zu den Aufgaben, die sich die Kunstgeschichte stellt – die Erfindung von „Notnamen“, aber auch Kriterien und Methoden, die mit dem Ziel der „Händescheidung“ entwickelt wurden, bezeugen die kontinuierlich fortgesetzten Bemühungen darum, zu einem Kunstwerk auch einen Künstler (oder zumindest „Meister“ und „Werkstatt“ oder „Umkreis“) zu identifizieren. Für die Angewandten Künste, in denen sehr häufig Entwerfer und Ausführende/r nicht identisch sind, hatte dies zumeist zur Folge, dass als „Künstler“ allein der Urheber des Entwurfs angesprochen wurde, während die Realisierung eines Werks als weitgehend mechanische Tätigkeit galt. Richtet sich der Blick jedoch auf die materielle Substanz eines Werks, so wird rasch deutlich, dass die simple Trennung von Entwurf und Ausführung der Komplexität der künstlerischen Entscheidungsprozesse und der realisierten Ergebnisse nicht gerecht wird und die Bewertung des Entwurfs als kreative Leistung, der die Ausführung angeblich untergeordnet sei, gravierende Probleme aufwirft.
Im Rahmen der Tagung soll, ausgehend von überlieferten Werken der Angewandten Künste, danach gefragt werden, welche Personen an den gestalterischen Entscheidungen beteiligt waren, die letztlich zu deren Realisierung führten. Wenn wir nicht im Entwurf die Idealversion eines Kunstwerks suchen, sondern die materialisierten Objekte als Kunstwerke ernst nehmen, können wir ein wesentlich differenzierteres Verständnis von Autorschaft gewinnen, das zugleich anknüpft an die jüngeren kunst- wie literaturwissenschaftlichen Forschungen zu kollektiver bzw. kollaborativer Autorschaft. Ausgehend von diesen methodischen Ansätzen lassen sich dann auch jene kulturwissenschaftlich aufschlussreichen Spezialfälle kollaborativer Autorschaft diskutieren, bei denen der Überlieferung nach keine Künstler bzw. Handwerker, sondern ein Fürst oder eine Fürstin die Urheberrolle für ein Objekt beanspruchen; in ihnen ist sowohl das Feld der materiellen Praxis als auch das der zeichenhaften Topik angesprochen.
PROGRAMM
Donnerstag, 28. November 2019,
Riggisberg, Abegg-Stiftung
13.00 Abfahrt Richtung Riggisberg, Treffpunkt: Kunstmuseum, Hodlerstrasse 8, 3011 Bern
14.00-14.30 Begrüßung
14.30-15.15 Anna Jolly (Riggisberg): Zuschreibungen von Seidengeweben des 18. Jahrhunderts – eine fragliche Praxis?
15.15-15.45 Pause
15.45-16.45 Rundgang durch die Sammlung
17.00 Rückfahrt
Freitag, 29. November 2019,
Bern, Historisches Museum, Helvetiaplatz 5, 3005 Bern
9.30-10.00 Begrüßung
10.00-10.45 Birgitt Borkopp-Restle (Bern)/Barbara Welzel (Dortmund): Medium und Autorschaft: Die Tapisserien nach Entwürfen von Peter Paul Rubens
10.45-11.30 Susan Marti (Bern): Führung: Highlights der Mittelalter-Sammlungen mit Blick auf die Urheber
11.30-12.00 Pause
12.00-12.45 Matthias Müller (Mainz): Wenn Regenten zu Künstlern werden: Fürstliche Autorschaft als Ausdruck eines herrschaftlichen Habitus
12.45-13.30 Ines Elsner (Berlin): Der Lüneburger Spiegel aus dem Dresdener Grünen Gewölbe – Fürstliches Kunstkammerobjekt oder Erzeugnis für den freien Markt?
13.30-14.45 Mittagspause
14.45-15.30 Michael Wenzel (Wolfenbüttel): „Philippus Hainhofer Augustae Vindelicor[um] F[ieri] F[ecit] A[nn]o 1616“ – (Vor)moderne Konzepte von Autorschaft in den Angewandten Künsten am Beispiel des Pommerschen Kunstschranks
15.30-16.15 Sabrina Leps (Münster): Sakrale Porzellanplastik aus Meissen. Fragen der Autorschaft und künstlerischen Praxis
16.15-17.00 Annette Kniep (Bern): Führung: «Von zwei französischen Damen gestickt und geschenkt»? - Eine Tischtapisserie für den Berner Rat
Samstag, 30. November 2019,
Universität Bern, Hallerstrasse 6, Raum 205
9.00-9.45 Margret Scharrer (Bern): Ein Netz von Autoren: Gesangspraktiken im Dramma per musica
9.45-10.30 Sascha Wegner (Bern): Die Geburt des Verlegers ist der Tod des Komponisten: Zum Verhältnis von Autor, Werk und Edition in der Musikgeschichte
10.30-11.00 Pause
11.00-11.45 Manuel Kehrli (Bern): Neuzeitliche Möbelkunst im westschweizerischen Raum
11.45-12.30 Sabine Wieber (Glasgow): Jugendstil, Salon Culture and Rethinking the Agency of Design
Resumée und Verabschiedung
Um Anmeldung zur Teilnahme an der Tagung wird bis zum 31.10.2019 gebeten.
Bitte richten Sie Ihre Mail an ariane.kollerikg.unibe.ch
Konzeption und Organisation:
Prof. Dr. Birgitt Borkopp-Restle und Dr. Ariane Koller, Institut für Kunstgeschichte der Universität Bern
Prof. Dr. Matthias Müller, Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der Universität Mainz
Prof. Dr. Dirk Syndram, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Prof. Dr. Barbara Welzel, Institut für Kunst und Materielle Kultur der TU Dortmund
Quellennachweis:
CONF: Angewandte Künste II: Das Problem der Autorschaft (Bern, 28-30 Nov 19). In: ArtHist.net, 26.09.2019. Letzter Zugriff 27.12.2024. <https://arthist.net/archive/21657>.