CFP Apr 1, 2019

Angewandte Künste: Das Problem der Autorschaft (Bern, 28-30 Nov 19)

Bern, Institut fuer Kunstgeschichte, Nov 28–30, 2019
Deadline: May 10, 2019

Ariane Koller, Institut für Kunstgeschichte

2. Tagung des Fachforums "Angewandte Künste – Schatzkunst, Interieur und Materielle Kultur"

Diskursfeld Angewandte Künste II: Das Problem der Autorschaft
Bern, Abt. Geschichte der Textilen Künste, Institut für Kunstgeschichte

Die Suche nach dem Urheber eines Kunstwerks bzw. Versuche, ein überliefertes Werk mit einem Künstler in Verbindung zu bringen, gehören geradezu programmatisch zu den Aufgaben, die sich die Kunstgeschichte stellt – die Erfindung von «Notnamen», aber auch Kriterien und Methoden, die mit dem Ziel der «Händescheidung» entwickelt wurden, bezeugen die kontinuierlich fortgesetzten Bemühungen darum, zu einem Kunstwerk auch einen Künstler (oder zumindest «Meister» und «Werkstatt» oder «Umkreis») zu identifizieren. Für die Angewandten Künste, in denen sehr häufig Entwerfer und Ausführende/r nicht identisch sind, hatte dies zumeist zur Folge, dass als «Künstler» allein der Urheber des Entwurfs angesprochen wurde, während die Realisierung eines Werks als weitgehend mechanische Tätigkeit galt. Richtet sich der Blick jedoch auf die materielle Substanz eines Werks, so wird rasch deutlich, dass die simple Trennung von Entwurf und Ausführung der Komplexität der künstlerischen Entscheidungsprozesse und der realisierten Ergebnisse nicht gerecht wird und die Bewertung des Entwurfs als kreative Leistung, der die Ausführung angeblich untergeordnet sei, gravierende Probleme aufwirft.

Beobachtungen dazu lassen sich etwa für die Tapisserie machen: In allen Fällen, in denen Entwurfszeichnungen, Kartons und die Tapisserien selbst erhalten sind, wird erkennbar, dass in den Zeichnungen und auch noch in den Kartons die Komposition definiert wurde, während die Entscheidungen über Materialwahl (Wolle, Seide, Metallfäden) und Kolorit in den Wirkerateliers – eventuell in Abstimmung mit einem Auftraggeber – getroffen wurden. Unterschiedliche Editionen, die nach denselben Entwurfszeichnungen und sogar nach denselben Kartons gewirkt wurden, unterscheiden sich deshalb immer wieder markant voneinander. Tritt ein größerer zeitlicher Abstand (ein Jahrhundert oder mehr) zwischen Entwurf und Realisierung, verschärft sich der Effekt. Ähnliches gilt für das Porzellan: Form und Dekor werden zumeist von unterschiedlichen Personen verantwortet; bei größerer Distanz zwischen Entwurf und Ausgestaltung ergeben sich neue, nicht selten spannungsreiche Konstellationen von Form, Materialität und Farbigkeit. Arbeitsteilige Prozesse, wie sie für die genannten Objektgruppen, aber auch für den Möbelbau, die Goldschmiedekunst und andere charakteristisch sind, bedeuten im Hinblick auf Aushandlung und Kooperation einen hohen Aufwand; sie ermöglichen zugleich ein breites Spektrum ausdifferenzierter Ergebnisse.

Im Rahmen der Tagung soll, ausgehend von überlieferten Werken der Angewandten Künste, danach gefragt werden, welche Personen an den gestalterischen Entscheidungen beteiligt waren, die letztlich zu deren Realisierung führten. Wenn wir nicht im Entwurf die Idealversion eines Kunstwerks suchen, sondern die materialisierten Objekte als Kunstwerke ernst nehmen, können wir ein wesentlich differenzierteres Verständnis von Autorschaft gewinnen, das zugleich anknüpft an die jüngeren kunst- wie literaturwissenschaftlichen Forschungen zu kollektiver bzw. kollaborativer Autorschaft. Ausgehend von diesen methodischen Ansätzen lassen sich dann auch jene kulturwissenschaftlich aufschlussreichen Spezialfälle kollaborativer Autorschaft diskutieren, bei denen der Überlieferung nach keine Künstler bzw. Handwerker, sondern ein Fürst oder eine Fürstin die Urheberrolle für ein Objekt beanspruchen; in ihnen ist sowohl das Feld der materiellen Praxis als auch das der zeichenhaften Topik angesprochen.

Wir bitten um Vorschläge zu Vorträgen (ca. 30 Minuten zzgl. Diskussion).
Bitte senden Sie ein Abstract (2000 – 2500 Zeichen) und ein knappes CV an:
birgitt.borkoppikg.unibe.ch oder ariane.kollerikg.unibe.ch

Eingabeschluss: 10. Mai 2019

Organisation:
Prof. Dr. Birgitt Borkopp-Restle und Dr. Ariane Koller,
Institut für Kunstgeschichte der Universität Bern
Prof. Dr. Matthias Müller, Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft
der Universität Mainz
Prof. Dr. Dirk Syndram, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Prof. Dr. Barbara Welzel, Institut für Kunst und Materielle Kultur der TU Dortmund

Reference:
CFP: Angewandte Künste: Das Problem der Autorschaft (Bern, 28-30 Nov 19). In: ArtHist.net, Apr 1, 2019 (accessed Apr 20, 2024), <https://arthist.net/archive/20514>.

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