CFP 10.05.2018

Kunst und Material (Zürich, 1-2 Nov 18)

Zürich, Schweiz, 01.–02.11.2018
Eingabeschluss : 15.06.2018

Regula Krähenbühl

Kunst und Material: Repräsentation, Stofflichkeit, Prozesse

Eine Kooperation des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA) mit der Hochschule der Künste Bern (HKB)

Leitung und Organisation:

SIK-ISEA
PD Dr. Roger Fayet, Direktor
lic. phil. Regula Krähenbühl, Leiterin Wissenschaftsforum

HKB
Prof. Dr. Stefan Wuelfert, Leiter Fachbereich Konservierung und Restaurierung und Vizedirektor
Prof. Dr. Anne Krauter, Dozentin für Kunstgeschichte im Studiengang Konservierung und Restaurierung

Finanzielle Unterstützung: Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften SAGW

Postmoderne Episteme, etwa der Verzicht auf Letztbegründungen, die Ausbildung der heutigen Wissens- und Informationsgesellschaft im Zuge der digitalen Revolution und damit verquickte Tendenzen der Virtualisierung führten im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zu einem Bedeutungsverlust der materiellen Dimension von Lebensäusserungen. Erst in der jüngeren Vergangenheit vollzog sich ein Perspektivenwechsel, der die Dinghaftigkeit wieder in den Fokus des Interesses rückte. Der «Return of the Real», den Hal Foster 1996 in einem Essay entfaltete, mündete seither in einen veritablen «Material Turn» in den Kulturwissenschaften.

In der Kunstwissenschaft herrscht zwar weitgehend Konsens darüber, dass die materielle Beschaffenheit eines Artefakts Teil seiner Bedeutung und die Wahl von Material und Technik folglich eine eminent künstlerische Entscheidung ist. Selbst Konzeptkunst und performative Formen verlangen, wenn sie auf Dauerhaftigkeit angelegt sein sollen, nach einer materiellen Manifestation des konzeptuellen Gedankens bzw. einer Dokumentation des performativen Geschehens. Digitale Kunst entfaltet erst auf Bildschirmen, in Projektionen oder auf Papier ausgedruckt eine visuelle Präsenz. Die Wirkung eines Kunstwerks kann sich durch materielle Alterungsprozesse oder nachträgliche Eingriffe in die Substanz teils erheblich verändern, sei dies eine Bronzeplastik, ein Leinwandbild oder aber ein Video, eine digitale Arbeit oder eine Installation.

Gleichwohl fanden Materialaspekte in der Kunstwissenschaft des 20. Jahrhunderts erst relativ spät angemessene Aufmerksamkeit. Dafür gibt es zum einen wissenschaftshistorische Gründe, insofern als Methoden wie Ikonologie, Semiotik und Bildwissenschaft entwickelt und lange bevorzugt wurden. Eine andere Ursache liegt in der traditionell disziplinären Eigenständigkeit von Kunstgeschichte und Restaurierungswissenschaft sowie in ihrer Trennung in Ausbildung und Beruf.

Seit einigen Jahren rückt die Materialität jedoch zunehmend in den Fokus der kunstwissenschaftlichen Forschung. Anregungen dazu gingen von der angloamerikanischen New Art History aus, die der Disziplin neue Fragestellungen, Gegenstandsbereiche und Begrifflichkeiten erschloss, so etwa Timothy J. Clark, Michael Baxandall und Svetlana Alpers mit ihrer sozialgeschichtlich informierten Forschung. In der deutschsprachigen Wissenschaftsgemeinde gab nach Thomas Raff insbesondere Monika Wagners Beschäftigung mit Materialien in der Kunst des 20. Jahrhunderts und mit Fragen der Materialikonografie starke Impulse. In der Folge wurden an mehreren Hochschulen Forschungsschwerpunkte eingerichtet, so das Graduiertenkolleg «Materialität und Produktion» der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der Sonderforschungsbereich «Materiale Textkulturen» der Universität Heidelberg oder der Forschungsschwerpunkt «Materialität in Kunst und Kultur» der Hochschule der Künste Bern (HKB) sowie das eben gegründete Graduiertenkolleg «Rahmenwechsel» an der Universität Konstanz und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.

An der geplanten Tagung soll nun diskutiert werden, wo die Potenziale und die Grenzen einer materialorientierten Kunstgeschichte liegen, bei welchen Forschungsgegenständen ein Zusammenwirken von kunsttechnologischer und kunsthistorischer Forschung produktiv wird und wo mögliche neue Arbeitsfelder liegen. Im Besonderen interessieren Fragestellungen, die mit Veränderungsprozessen im Kontext künstlerischer Strategien sowie beim Erhalt und bei der Wahrnehmung von Kunst, insbesondere der zeitgenössischen, zu tun haben. Eingaben können unter anderem folgende Themenfelder betreffen:
- Materialkonjunkturen: Ursachen, Kontexte, Folgen
- Von «Materialgerechtigkeit» über die «Anti-Form» zum «Immateriellen»
- Materialität der ephemeren Künste
- Materialzerfall und musealer Erhaltungsanspruch
- Probleme der Dokumentation, Abbildung und (digitalen) Vermittlung von Material und seiner Veränderungen
- Materialien und Techniken in Relation zum Kunstbetrieb
- Material und Authentizität
- Rezeptionsästhetische Aspekte: Interaktionen zwischen Material-, Wahrnehmungs- und Deutungsveränderungen
- Kunsttechnologische Quellentexte und ihre Relevanz für die Kunstgeschichte
- Historische Theorien des Materials und Umgang der Kunstgeschichtsschreibung mit Materialität

Für die Referate sind je 30 Minuten vorgesehen. Tagungssprachen sind Deutsch, Französisch und Englisch. Aufenthaltskosten und Reisespesen (2. Kl. / economy) werden gegen Vorlage der Belege von den Veranstaltern übernommen. Exposés für Referate (max. 1 Seite) in Deutsch oder Englisch mit kurzem Lebenslauf bis zum 15. Juni 2018 per E-Mail an Regula Krähenbühl (regula.kraehenbuehlsik-isea.ch).

Quellennachweis:
CFP: Kunst und Material (Zürich, 1-2 Nov 18). In: ArtHist.net, 10.05.2018. Letzter Zugriff 19.04.2024. <https://arthist.net/archive/18097>.

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