Finger sind sowohl Sinnesorgan als auch Werkzeug. Zum einen können wir mit ihnen die Umwelt ertasten, zugleich gebrauchen wir sie überall dort, wo feinmotorische Fertigkeiten erforderlich sind. Sieht man einmal von seiner metaphorischen Bedeutung ab, so vereint der Begriff „Fingerspitzengefühl“ diese beiden Funktionen, denn er bezieht sich gleichermaßen auf das taktile Gespür der Finger als auf deren Geschicklichkeit.
Der Workshop untersucht die Bedeutung des Fingerspitzengefühls im Bereich der Künste sowie der Wissenschaft. Für die bildenden Künste soll etwa nach der Rolle gefragt werden, die ihm beim Machen von und im Umgang mit Kunstwerken zufällt. Wie wurde über das Fingerspitzengefühl in der Kunsttheorie reflektiert und inwiefern kamen hier wissenschaftliche Fragestellungen zum Tragen? Welcher Anteil fällt dem Fingerspitzengefühl in künstlerischen Erkenntnisprozessen zu? Mit diesen Fragen thematisiert die Tagung sowohl das ästhetische Potential des taktilen Sensoriums als auch die Rolle der Hand in experimentell-kreativen Prozessen.
Der zeitliche Fokus der Tagung liegt auf der Moderne, da der Tastsinn, dem im Quintett der menschlichen Sinne lange nur eine sehr geringe Bedeutung beigemessen wurde, erst seit etwa 1800 eine sukzessive Aufwertung erfuhr. Gleichsam aber auch, weil der Einsatz der Finger zunächst im Zeitalter der Maschine, sodann in dem der Digitalisierung grundlegenden Veränderungen unterzogen wurde.
Programm
Donnerstag, 15. Februar 2018
Zentralinstitut für Kunstgeschichte
Katharina-von-Bora-Straße 10, Raum 242
ab 15:30
Kennenlernen bei Kaffee und Snacks
16:15
Begrüßung
Moderation: Hubertus Kohle
Andrea Haarer (Stuttgart/Hamburg)
Victor Hugos Bildermachen. Empreinte de dentelle
Isabel Atzl (Stuttgart)
Mit Gefühl. Zur Veränderung der Bedeutung des Tastsinns in Pflege und Medizin
17:30
Kaffeepause
18:15
Musikalischer Beitrag
Gitarrenduett ‚EarPlucked‘
Abendvortrag
Hans Körner (Düsseldorf)
Finger mit Augen - Augen als Finger
20:15
Gemeinsames Abendessen
Freitag, 16. Februar 2018
Institut für Kunstgeschichte der LMU
Zentnerstraße 31, Raum 510
09:00
Moderation: Susanne Thürigen
Sascha Pöhlmann (München)
‚Who touches this touches a man‘. Walt Whitmans haptische Ästhetik
Thomas Moser (München)
Alexandre Bigots ‚lézard‘. Türgriff – Eidechse – Phallus
Marta Smolińska (Poznań / PL)
Was der Inhalt einer Handtasche über Fingerspitzengefühle verrät? Bemerkungen über Erna Rosensteins ‚Handtaschen‘
10:30
Kaffeepause
11:00
Moderation: Andrea Haarer
Katharina Steidl (Wien / AU)
Zur Denkfigur der ‚Hand‘ im Fotogramm. William Henry Talbot und die Konzeption kameraloser Fotografie
Regina Karl (Yale / USA)
Knopfdruck vs. Fingerspitzengefühl. Medienspezifische Überlegungen zur Photographie nach 1900
Franz Hefele (Berlin/München)
‚Nun spannt man ohne Anstrengung den Fingermuskel‘. Fotografieren als Körperpraxis anhand zweier fotografischer Lehrbücher der Wirtschaftswunderzeit
12:30
Mittagspause
14:00
Moderation: Wilma Scheschonk
Sofia Muñoz Carneiro (München/Santiago de Chile / CHL)
From the tips of the fingers. Figures of the haptic in contemporary dance
Daniel Becker (München)
‚Der Mensch der undinglichen Zukunft wird dank seiner Fingerspitzen dasein‘. Über die Nicht-Berührung in elektronischer Kunst
15:00
Abschlussdiskussion
Konzept:
Thomas Moser, Andrea Haarer und Matthias Krüger
Die Teilnahme ist kostenfrei.
Um Anmeldung wird gebeten unter: thomas.mosercampus.lmu.de
Reference:
CONF: Fingerspitzengefühl. Zwischen Kunst und Wissenschaft (München, 15-16 Feb 18). In: ArtHist.net, Jan 22, 2018 (accessed Apr 28, 2024), <https://arthist.net/archive/17167>.