Zeigen, Überzeugen, Beweisen: Formen der Erzeugung und Vermittlung von Wissen in Kunstliteratur, Kennerschaft und Sammlungspraxis der Frühen Neuzeit
Workshop im Rahmen des DFG-Projektes: „Die Materialität der Wissensordnungen und die Episteme der Zeichnung. Die Zeichnungsalben des Sebastiano Resta“, Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft (IKM), Abteilung Kunstgeschichte, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Autopsie und Empirie erlebten in der frühen Neuzeit einen erheblichen Aufschwung, der nicht zuletzt auch für die Betrachtung von Kunst konstitutiv war. Die hiermit verbundenen Strategien des Zeigens, des Überzeugens und Beweisens spielten nicht nur in der frühneuzeitlichen Wissenschaftspraxis eine tragende Rolle, sondern auch in zunehmendem Maße in der zeitgenössischen Kunstliteratur und der noch jungen Disziplin der Kennerschaft. Besonders deutlich wird die Bedeutung von Autopsie und Empirie zudem in den Bereichen der Sammlung und Präsentation von Zeichnungen. Hier bediente man sich verschiedener visueller und textueller Evidenzverfahren, etwa um spezifische Ordnungsmuster darzustellen, Zuschreibungen zu stützen oder weitere Informationen zu vermitteln. In der Kunstliteratur des 17. Jahrhunderts fand das zunehmende Interesse an der ‚oculare ispezione‘ etwa in der Unterscheidung von Original und Kopie (Mancini) und der wachsenden Bedeutung von Bildbeschreibungen (Bellori) einerseits und Quellennachweisen (Malvasia) andererseits seinen Niederschlag.
Ziel des Workshops ist die Diskussion von Autopsiekonzepten und ihrer Anwendung in der sich konstituierenden Kunstgeschichte des 17. Jahrhunderts und ihrer ‚Verwissenschaftlichung’ im 18. Jahrhundert. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf die Praktiken der materiellen Einbindung des Künstlerwissens und der Kunstliteratur des 16. und 17. Jahrhunderts in die kennerschaftliche Praxis und das Sammeln von Handzeichnungen gelegt werden. Begibt man sich auf die Suche nach entsprechenden ‚Lese‘- und ‚Zeigespuren‘, offenbaren sich ganz unterschiedliche Ebenen einer Bezugnahme auf die bekannten Autoritäten frühneuzeitlicher Kunstliteratur wie Vasari, Bellori oder Malvasia. In umgekehrter Folge soll der Stellenwert eher praxisorientierten und kennerschaftlichen Wissens für die Kunstliteratur analysiert werden.
PROGRAMM
Donnerstag, 5.10.17
14:00-14:30
Elisabeth Oy-Marra und Irina Schmiedel (Mainz): Begrüßung und Einführung
Chair: Annkatrin Kaul
14:30-15:15
Carolin Behrmann (Florenz): Didascalia. Bilddidaxen der Überzeugung
15:15-16:00
Irina Schmiedel (Mainz): Fakt und Fantasie: Sebastiano Restas Ebenen der Argumentation und die Konstruktion Correggios
16:00-16:30 Kaffeepause
16:30-17:15
Frances Gage (Buffalo): ‘I would like to be deceived by men so eminent’: Giulio Mancini and practices of observation, revelation and textual scholarship in the history of connoisseurship
17:15-18:00
Florike Egmond (Rom): Autopsy, ad vivum, and the artful (re)presentation of naturalia in 16th-century natural science
18:00-18:30
Apéro
18:30-19:30
Simone De Angelis (Graz): Autorität, Autopsie und Evidenz in den Wissenschaften der Frühen Neuzeit
Freitag, 6.10.17
Chair: Elisabeth Oy-Marra
09:30-10:15
Francesco Grisolia (Rom): Tra connoisseurship e storiografia: Sebastiano Resta e i Trattenimenti pittorici
10:15-11:00
Simonetta Prosperi Valenti Rodinò (Rom): Display e collezionismo di disegni a Roma nel Seicento: due volume ritrovati di padre Resta, il Piccolo Preliminare e il Libro d'Arabeschi
11:00-11:30 Kaffeepause
11:30-12:15
Heiko Damm (Mainz): Cambiaso father and son in Raffaele Soprani’s Vite
12:15-14:15 Mittagspause
Chair: Fiona Healy
14:15-15:00
Anja Brug (Berlin): Der Kunsthändler Marco Boschini, seine Quellen und ‚testimoni‘
15:00-15:45
Valeska von Rosen (Bochum): Marco Boschinis ‚Plaudereien‘ in einer Gondel und die Episteme des 17. Jahrhunderts
15:45-16:15 Kaffeepause
16:15-17:00
Lorenzo Pericolo (Warwick): The liver, the heart, and the brain: Francesco Scannelli and the body of painting
17:00-17:45
Elisabeth Oy-Marra (Mainz): Beschreiben versus Zeigen. Praktiken und Ziele der Werkautopsie bei Giovan Pietro Bellori und Sebastiano Resta
17:45-18:30
Eva Struhal (Québec): Filippo Baldinucci’s concept of connoisseurship between art history and science
Samstag, 7.10.17
Chair: Irina Schmiedel
9:00-9:45
Claudia Reufer (Berlin): Ungeordnete Ordnung und geordnete Unordnung. Ästhetische Evidenzerzeugung in den Zeichnungsbüchern Jacopo Bellinis
9:45-10:30
Annkatrin Kaul (Mainz): Vom Deuten zur Deutung – Gedanken zu Sebastiano Restas visuellen Verweisstrukturen in der Galleria Portatile
10:30-11:00 Kaffeepause
11:00-11:45
Ingrid Vermeulen (Amsterdam): Fostering a German School in the Dresden print room, 1720-1764. (Trans)national school concepts and the European rivalry of art
11:45-12:30
Valérie Kobi (Bielefeld): The colors of Antiquity. Visual and textual strategies in the Recueil Bartoli (1757-1760)
12:30-13:00 Abschlussdiskussion
Quellennachweis:
CONF: Zeigen, Überzeugen, Beweisen (Mainz, 5-7 Oct 17). In: ArtHist.net, 23.09.2017. Letzter Zugriff 17.09.2025. <https://arthist.net/archive/16182>.