Unter dem Motto „Open House!“ öffnet das Zeppelin Museum regelmäßig am Donnerstagabend das Haus und lädt zu kostenlosen Vorträgen ein. Neben den aktuellen Themen der Wechselausstellung stehen auch immer wieder historische Kunstepochen auf dem Programm.
Von April bis Mai bietet das Zeppelin Museum ein umfangreiches Begleitprogramm zur großen interdisziplinären Ausstellung „Möglichkeit Mensch. Körper | Sphären | Apparaturen“ an. Die Schau thematisiert die Eroberung und Nutzung neuer Lebensräume wie beispielsweise die lebensfeindliche Stratosphäre oder virtuelle Welten durch technische und wissenschaftliche Errungenschaften. Der Blick zeitgenössischer Künstler richtet sich auf die virtuelle Welt als Handlungsraum einer omnipotenten Gegenwart. Wie verschieben sich die Grenzen zwischen realen und virtuellen Räumen? Zwischen Lebenszeit, virtueller Zeit und Weltzeit? Wie verändert der virtuelle Raum die Wahrnehmung des Körpers? Wird er nach den eigenen Vorstellungen mit medizinischen, wissenschaftlichen oder technischen Mitteln optimiert, löst er sich im digitalen Raum auf?
Dienstag, 03.05., 19.15 Uhr
Von der Odyssee im Weltraum zu Oligarchen- Fantasien
mit Prof. Dr. Karen van den Berg, Zeppelin Universität Friedrichshafen
Gibt es einen gemeinsamen Grund, der Dantes Höllenfantasien, das Verlassen der terrestrischen Lebenssphäre und die Überformung und Manipulation des menschlichen Körpers miteinander verbindet? Der Vortrag will diesem Zusammenhang entlang von verschiedenen Exponaten der Ausstellung „Möglichkeit Mensch“ nachspüren.
Prof. Dr. Karen van den Berg ist Inhaberin des Lehrstuhls für Kunsttheorie und inszenatorische Praxis an der Zeppelin Universität Friedrichshafen.
Donnerstag, 12.05., 19 Uhr
Kunst mit Biomedien — Von Leuchtgehirnen, Bakterien-Goldgräbern und DNA- Photoshopping
Vortrag von Jens Hauser, Paris / Universität Kopenhagen
„Lebendigkeit“, sei es als Imagination, Repräsentation oder Simulation, ist stets ein zentraler Topos der Kunst gewesen. Sprichwörtlich besonders „nah am Leben“ sind heute Künstler, die Biotechnologien zweckentfremden und lebendige Systeme oder Organismen modifizieren. Zwischen Faszination und Entzauberung – welche Rolle spielen Künstler angesichts der fortschreitenden Demokratisierung von Biotechnologien? Sind sie modebewusste Trittbrettfahrer, subversive Hacker, aufklärerische Laborreporter oder epistemologische Seismografen? Sie lassen Bakterien Gold herstellen oder Transistorradios wachsen, fälschen „genetische Fingerabdrücke“ und lassen transgen unser Ebenbild erstrahlen.
Jens Hauser arbeitet als Kurator und Medienwissenschaftler in Paris und Kopenhagen, wo er eine Forschungsstelle am Institut für Kunst und Kulturwissenschaft der Københavns Universitet sowie am Medical Museion der gesundheitswissenschaftlichen Fakultät innehat. Hauser ist auch Distinguished Affiliated Faculty Member des Department of Art, Art History and Design an der Michigan State University.
Donnerstag, 21.07., 19 Uhr
Rede über die Hürden des Menschen — Die humanistischen Wurzeln des Posthumanismus
Vortrag von Dr. Jörg Scheller, Zürcher Hochschule der Künste
Wie die Postmoderne keine Überwindung der Moderne bedeutete, stellt der Posthumanismus keine Überwindung des Humanismus dar. Im Gegenteil – gerade in zentralen Kunstwerken und Texten des neuzeitlichen Humanismus, darunter Pico della Mirandolas „Rede über die Würde des Menschen“ (1486), scheinen bereits wesentliche Elemente posthumanistischen Denkens auf. Die für Post- und Transhumanismus typische Verschränkung von Mensch und Technik, von Natur und Konstruktion, ist buchstäblich vorgezeichnet in Leonardos „Vitruvianischer Mensch“ (ca. 1490).
Dr. Jörg Scheller ist Co-Kurator der Ausstellung „Möglichkeit Mensch“, Dozent für Kunstgeschichte am Departement Kunst & Medien der Zürcher Hochschule der Künste, Journalist und Musiker.
Donnerstag, 29.09., 19 Uhr
Humanimale Ästhetik: Tier- Werden in der Gegenwartskunst
Vortrag von Dr. Jessica Ullrich, FAU Erlangen-Nürnberg
In ihrem Buch „Tausend Plateaus“ entwickeln Gilles Deleuze und Félix Guattari die Denkfigur des „Tier-Werdens“, das sie vor allem als Schreibstrategie begreifen. Doch kann man das Konzept auch für Werke der bildenden Kunst nutzbar machen. So versuchen in Zeiten des Posthumanismus Künstler, beispielsweise mithilfe von Prothesen, durch Operationen oder Bluttransfusionen mit einem tierlichen Anderen zu verschmelzen und selbst zumindest teilweise tierlich zu werden. Im Vortrag sollen performative Tier-Mensch-Hybridisierungen in zeitgenössischen Kunstwerken untersucht werden, um zu reflektieren, ob und auf welche Weise dadurch die Grenze zwischen Tieren und Menschen aufgeweicht, neu definiert oder zementiert werden kann.
Dr. Jessica Ullrich ist Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin für Human-Animal Studies an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Quellennachweis:
ANN: Open House! Vorträge zu Kunst und Kulturwissenschaft im Zeppelin Museum. In: ArtHist.net, 06.04.2016. Letzter Zugriff 20.09.2025. <https://arthist.net/archive/12635>.