Expressionistinnen
Expressionismus, Ausgabe 04/2016
Herausgegeben von Kristin Eichhorn und Johannes S. Lorenzen
Call for Papers
Kaum eine Kunstrichtung scheint so stark männlich dominiert zu sein wie der Expressionismus: Nicht nur sind es in der Regel Männerzirkel, die in den Blick geraten. Auch das ästhetische Konzept und die an Marinetti geschulte Rhetorik spielen häufig gerade das ‚Jugendlich-Männliche‘ gegen die ‚verweiblichte‘ bürgerliche Gesellschaft aus, gegen die man mit Kriegsbegeisterung, einer nicht am Leitbild des Schönen orientierten Kunst sowie radikalen Traditionsbrüchen und Formzertrümmerung zu Felde zieht. In der jüngeren Vergangenheit werden freilich die Stimmen immer lauter, die darauf hinweisen, dass auch eine Reihe von Frauen zu den expressionistischen Zirkeln gehört hat, deren Einfluss nicht immer so unbedeutend war, wie es ihre Rezeption nahelegt. Im Bereich der Bildenden Kunst wäre etwa an Paula Modersohn-Becker oder Gabriele Münter, in der Literatur an Else Lasker-Schüler oder Emmy Hennings zu denken. Dank eines 1992 erschienen Sammelbands ist es inzwischen leicht, eine Liste weiterer weiblicher Akteure im Umkreis des Expressionismus zu erstellen und sich über deren Werk und Leben zu informieren (Britta Jürgs (Hrsg.): Wie eine Nilbraut, die man in die Wellen wirft. Portraits expressionistischer Künstlerinnen und Schriftstellerinnen. Berlin: AvivA 1992 ). Weiterhin haben Anthologien literarische Texte von Expressionistinnen wieder zugänglich gemacht (Hartmut Vollmer (Hrsg.): „In roten Schuhen tanzt die Sonne sich zu Tod“. Lyrik expressionistischer Dichterinnen. Zürich: Arche 1993; Hartmut Vollmer (Hrsg.): Die rote Perücke. Prosa expressionistischer Dichterinnen. Paderborn: Igel 1996. – Beide Anthologien sind inzwischen in Neuauflagen verfügbar).
Das vierte Heft der Zeitschrift Expressionismus möchte an diese Bemühungen der Forschung anschließen und die Rolle weiblicher Künstlerinnen (in allen Kunstformen) thematisieren. Einerseits ist die Frage zu stellen, welche weiteren Expressionistinnen grundsätzlich zu berücksichtigen wären und in welcher Weise sie an der ästhetischen Bewegung teilhatten. Da sich die bisherigen Darstellungen vorrangig auf Bildende Kunst und Literatur konzentrieren, wäre es besonders reizvoll, nach vergessenen Expressionistinnen auch in anderen Bereichen (z.B. Film, Architektur) zu fragen. Andererseits sind die Portraits der bereits bekannten Expressionistinnen um vertiefende Studien zu erweitern, etwa (aber nicht nur) um die exemplarische Auseinandersetzung mit einzelnen Werken.
Leitfragen können auch das Verhältnis einzelner Expressionistinnen untereinander betreffen: Sind die weiblichen Akteure immer Teil gemischter Künstlergruppen oder gibt es auch spezifisch weibliche Kooperationen? Wie verhalten sich ästhetisches Programm und ästhetische Mittel zu denen der männlichen Expressionisten? Greifen die Frauen die Rebellion und Formzerstörung (anders) auf als ihre männlichen Kollegen? Welche Relationen gibt es zwischen der Darstellung der Frau in der expressionistischen Kunst (Geschlechterkampf, Prostituiertenmilieu) und der weiblichen Kunstproduktion selbst?
Abstracts zu diesen, aber gerne auch anderen thematisch einschlägigen Aspekten von nicht mehr als 2.000 Zeichen senden Sie bitte bis zum 1. Januar 2016 an eichhornneofelis-verlag.de und lorenzenneofelis-verlag.de. Zudem werden unabhängig vom Thema des Hefts auch immer Vorschläge für Rezensionen oder Diskussionsbeiträge zu aktuellen Forschungsdebatten entgegengenommen, die Phänomene der aktuellen Expressionismus-Rezeption vorstellen und besprechen.
Die fertigen Beiträge sollten einen Umfang von 20.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen und Fußnoten) nicht überschreiten und sind bis zum 1. Juni 2016 einzureichen. Das Heft erscheint Anfang November 2016.
Bitte beachten Sie, dass die Beiträge leider nicht vergütet werden können.
Quellennachweis:
CFP: Expressionismus, Heft: Expressionistinnen. In: ArtHist.net, 06.11.2015. Letzter Zugriff 28.04.2025. <https://arthist.net/archive/11452>.