[Bericht aus dem Kreis der Veranstaltenden]
Vom 16.-18. November 2023 fand in Tübingen das 2. Werkstattgespräch der AG ‚Kunst am Bau an Hochschulen‘ statt. Die AG als Teil der Gesellschaft für Universitätssammlungen e.V. (GfU) hatte zum interdisziplinären Austausch rund um das Thema der häufig vernachlässigten Kunst auf dem Campus eingeladen. In drei Sektionen wurden Erfahrungen aus Dokumentation, Instandhaltung, Verantwortlichkeiten und den Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit und Zusammenarbeit präsentiert.
Die erste Sektion widmete sich dem Themenfeld „Restaurierung und Konservierung – analog und digital“. Babett Forster und Gina Grond (beide Jena) stellten zunächst den historischen Karzer in Jena vor, Linda Giangrande (Stuttgart) präsentierte die Kunst am Bau auf dem Campus der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Daran wurden die Möglichkeiten der Konservierung und Restaurierung durch Inventarprogramme (Denise Madsack, Stuttgart), die Bedeutung von Restaurierungsprojekten für die Wahrnehmung der Kunst am Bau an der Hochschule, der Umgang mit unterschiedlichen Materialien und die Frage der Nachhaltigkeit diskutiert.
Welche Nutzung muss durch wen wie geregelt werden? Welche technischen Tools wie z.B. Timeline JS oder My Maps von Google ermöglichen eine schnelle Erfassung bzw. eine Tiefenerschließung und Präsentation der Werke? Entscheidend für die Erhaltung der Objekte, so zeigt es sich an den Erfolgsgeschichten, ist die Vermittlung. Durch sie wird eine Sensibilisierung ermöglicht und die Notwendigkeit der Instandhaltung einem größeren Kreis ersichtlich. Die Sektion endete mit einem Beitrag von Agnese Quadri (Zürich) zum Kunstinventar der ETH Zürich, einer Organisationseinheit, die sich ähnlich den Kustodien erfolgreich um Bewahrung, Pflege und Öffentlichkeitsarbeit der Kunst an der ETH kümmert.
Der zweite Tag widmete sich dem Umgang mit Brüchen und Kontinuitäten der Geschichte, Identifikationsmöglichkeiten durch Kunst und dem Bewusstsein für historische Nutzungsszenarien (Rudolf Hiller von Gaertringen, Leipzig). Der Umgang mit den unterschiedlichen Zeitschichten der Universität Leipzig bot hierfür reiches Anschauungsmaterial. Als Fallbeispiele dienten hier u.a. die Standortfindung für das Karl-Marx-Relief, das großformatige Ölgemälde 'Arbeiterklasse und Intelligenz' (1970-73) von Werner Tübke und die Integration der geretteten Epitaphien im Andachtsraum des Paulinums. Die Problematik des Abrisses und Neubaus des Hauptgebäudes sowie die unterschiedlichen Entscheidungen zur Kunst am Bau mit teilweise aufwendigen Baulösungen haben aufgezeigt, mit wie vielen Akteuren entsprechende Großprojekte angesichts unterschiedlicher Interessengruppen in Stadt und Universität konfrontiert sind.
Der letzte Tag war Fallbeispielen gewidmet – aus kunsthistorischer Perspektive berichtete Klaus T. Weber (Mainz) zum Campus der Universität Mainz. Sara F. Levin (Ludwigsburg) stellte aus künstlerischer Erfahrung ihre ‚Gruhbänke‘ an der Hochschule für Informatik Furtwangen und der ‚Flüsterbank‘ an der Universität Hohenheim vor. Auch hier zeigte sich wieder die Bedeutung dauerhafter Pflege durch eindeutige Zuständigkeiten. Im Falle des Fehlens solcher Strukturen wie im Falle von Mainz können Kunstwerke zerstört oder gar gravierend verändert werden. Künstler:innen müssen frühzeitig in die Planung zu Kunst am Bau integriert werden und dürfen nicht zwischen Bauherr, Architekt, Landschaftsarchitekt u.a. Partnern zerrieben werden. Ihre Aufgabe ist zudem nicht die weitere Instandhaltung der Kunstwerke wie im Falle von Furtwangen und Hohenheim, sondern sie müssen von der visuellen Integrität ihrer Werke ausgehen können.
Gerahmt wurden die Vorträge von verschiedenen Campi-Rundgängen an der Universität Tübingen durch Ernst Seidl, Edgar Bierende und Michael La Corte und der Diskussion von Zuständigkeiten, Zustand, Akzeptanz, Objektgeschichte anhand konkreter Beispiele (1).
Alle Teilnehmenden, zu denen auch Vertreter:innen der Denkmalpflege sowie Landes- und Bundesbauministerien gehörten, waren sich einig, dass dem Thema weiter verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet werden muss und eine Vernetzung auf diesem Gebiet nötig ist. Dies umfasst auch die digitale Aufarbeitung und öffentlichkeitswirksame Präsentation. Eine der Grundforderungen ist die klare Benennung von Verantwortlichkeiten, um den Bestand bestmöglich zu erhalten. Eine Publikation der Vorträge ist angedacht.
Christina Kuhli, Kustodie/Kunstsammlung am Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, Humboldt-Universität zu Berlin
Das Tagungsprogramm findet sich unter: https://arthist.net/archive/40578
(1) Vgl. dazu die aktuelle Publikation „Kunst an der Universität Tübingen“, hg. von Ernst Seidl, Edgar Bierende und Michael La Corte (= Schriften des MUT, Bd. 28), Tübingen 2023.
Empfohlene Zitation:
Christina Kuhli: [Tagungsbericht zu:] „Kunst, die bleibt.“ Kunst am Bau und andere baubez. Kunstwerke an Hochschulen (Tübingen, 16.–18.11.2023). In: ArtHist.net, 09.01.2024. Letzter Zugriff 29.11.2024. <https://arthist.net/reviews/40871>.
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