REV-CONF 15.01.2010

Landschaft quer Denken. Theorien – Bilder – Formationen

Bericht von DigiKultur Dr. Susan Müller-Wusterwitz
Norbert Fischer
Stefanie Krebs
Redaktion: Rainer Donandt

„Landschaft quer Denken. Theorien – Bilder – Formationen“
(Dresden 17.-19.9.2009)

Unter dem Titel „Landschaft quer Denken. Theorien – Bilder – Formationen“
fand vom 17. bis 19. September 2009 in Dresden eine interdisziplinäre Tagung
zur Landschaftstheorie statt. Unter den rund 140 Teilnehmerinnen und
Teilnehmern wurden historische und aktuelle Landschaftskonzepte und -theorien
vorgestellt und diskutiert. Ziel der Tagung war es, die Repräsentanten
unterschiedlicher Landschaftsdiskurse zusammenzuführen, um einen Überblick zu
den divergierenden Ansätzen zu geben und ein übergreifendes Forschungsfeld zu
etablieren. Veranstaltet wurde die Tagung gemeinsam vom Institut für
Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. und vom interdisziplinären
Arbeitskreis Landschaftstheorie.

In seinem Einführungsvortrag „Landschaft – überall und nirgends“ richtete der
Literatur- und Medienwissenschaftler Ludwig Fischer (Hamburg) die
Aufmerksamkeit auf die Diskrepanzen zwischen aktuellen
landschaftstheoretischen Vorstellungen und dem klassischen alteuropäischen
Landschaftsbegriff. Dessen ästhetische Privilegierung des
Natürlich-Ländlichen beziehungsweise der Ausschluss des Städtischen sieht
Fischer als problematisch an. Dennoch erscheint es voreilig, den
alteuropäischen Landschaftsbegriff zu verabschieden. Stattdessen sollte die
Kategorie „Landschaft“ geschärft und von verwandten Begriffen wie „Raum“
abgegrenzt werden. Letztlich zeigt sich für Ludwig Fischer Landschaft als
ästhetisch fundierte Sinnstiftung eines gelingenden Lebens im „Draußen“ –
jenseits einer rein funktionalen Existenzsicherung.

Die erste Sektion, die die Tagung am ersten und dritten Tag rahmte, stand
unter dem Motto „Theorie der Landschaft: Zwischen Bild und Prozess. Die
Landschaftsarchitektin Lucia Grosse-Bächle (Hannover) referierte über
„Landschaft: Labor, Streitobjekt, unendliche Weite“. Sie sieht den Begriff
„Landschaft“ zugleich als Beobachtungsgegenstand und Ort des Handelns. Dass
Landschaftsvorstellungen integrierenden Charakter haben, exemplifizierte sie
am Beispiel der dynamischen Wasserlandschaft im gezeitenabhängigen
Stromspaltungsgebiet der Elbe in Hamburg-Wilhelmsburg mit seinem Deich- und
Sielsystem. In einem Projekt im Rahmen des IBA-Labors „Klimafolgenmanagement:
Herausforderung Wasser“ wird das regelmäßig wiederkehrende Flutwasser nicht
ausgesperrt, sondern gehört zur gesellschaftlichen und landschaftlichen Praxis.

Der Volkskundler Manfred Seifert (Dresden) unterstrich die neuen
„Ethnologisch-kulturwissenschaftlichen Zugänge auf Raum und Landschaft“,
insbesondere Ansätze zu einer Re-Integration von Landschaft in moderne
Forschungsparadigmen. Nach einem historischen Rückblick auf die
interdisziplinäre Erforschung der Kategorien Raum und Landschaft stellte
Seifert fest, dass diese neue Relevanz im Kontext der Globalisierungsdebatte
erhalten haben. Die moderne Kulturwissenschaft versteht Raum nicht mehr als
„objektives“ Faktum, sondern konstruktivistisch als von innen heraus
entworfen. „Landschaft“ zeigt sich in diesem Verständnis als „überschaubarer“
Raum, der vermittels der menschlichen Synthetisierung seiner
unterschiedlichen (natürlichen wie artifiziellen) Komponenten als homogen
aufgefasst wird.

Der öffentliche Abendvortrag des Soziologen und Kulturwissenschaftlers Rolf
Lindner (Berlin) stand unter dem Motto „Die Stadtlandschaft als
Geschmackslandschaft“. Lindner zeigte auf, wie sehr die ästhetische
Beurteilung von Stadtlandschaften einem vorgängig geformten Urteil unterliegt
(„Dresden ist schön“). Unter dem Begriff „Geschmackslandschaft“ versteht
Lindner jene Konfigurationen von sozialen Praxen und kulturellen Codierungen
im städtischen Raum, die das symbolische Kapital des Ortes repräsentieren.
Als „hässlich“ gilt danach das, was das Notwendige zu Tage treten lässt.
Lindner vergleicht kontrastierend die (Selbst-) Wahrnehmung von Bottrop als
Stadt der Arbeit und der schlichten Erholung mit der Residenzstadt Dresden
als Stadt der Kultur und des höfischen Überflusses.

In der zweiten Sektion („Künstlerische Produktion und Rezeption von
Landschaft“) stellte die Kunsthistorikerin Miriam Volmert (Hamburg)
„Erinnerungslandschaften in der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts“
am Beispiel von Darstellungen der niederländischen Küste vor. Holländische
Dünenlandschaften, so Volmert, sind weniger topografisch exakte Schilderungen
als Imaginationsräume. Seit dem 15. Jahrhundert zeichne sich in Text- und
Bildquellen ab, dass die im kulturellen Bewusstsein verankerte geografische
Bedeutung der Dünen (als Schutzwall vor der See) zunehmend auch eine
politische Dimension territorialer Grenzmarkierung erhält. Um 1600 werde
dieser Semantisierungsprozess beschleunigt: Als sich die niederländischen
Nordprovinzen von Spanien lösen, werde die holländische Dünenlandschaft in
propagandistischen Flugschriften argumentativ eingesetzt. So erscheine die
Düne in vielen Grafiken als Areal, das den 'Hollandse Tuin' – den umzäunten
Garten als Symbol der unabhängigen Niederlande – historisch verortet und
politisch legitimiert. Volmert zeigte auf, wie diese politische Konnotierung
im Laufe des 17. Jahrhunderts in der Malerei weiterentwickelt wird.
Idyllische Dünenlandschaften entstehen, in denen Figuren auf dem Dünenkamm
stehend oder sitzend den Blick auf die Landschaft selbst lenken, in der Zäune
und Dünensand an den Tuin und somit die Entstehungszeit der niederländischen
Republik erinnern.

Um politische Bedeutungsebenen in Repräsentationen von Landschaft ging es
auch der Kunsthistorikerin Nina Gerlach (Heidelberg). In ihrem Vortrag
„Politische Subtexte in cineastischen Gartenräumen“ widmete sie sich dem
Spielfilm „The Draughtman’s Contract“ von Peter Greenaway aus dem Jahr 1982,
der den formalen Garten eines englischen Landsitzes im Jahr 1694 in Szene
setzt. Greenaways Gartenbilder und die Diskussionen der Protagonisten über
Gartengestaltung und Landschaftswahrnehmung spiegeln die Entmachtung des
absolutistischen Stuartkönigtums durch die protestantische Partei Wilhelms
von Oranien wider. Der Niedergang der alten Ordnung, im Film verkörpert durch
den französisch geprägten Barockgarten und seinen Besitzer Mr. Herbert, wird
nach dessen Tod anhand der geplanten Umgestaltung des Gartens manifest: Der
niederländische Gartenarchitekt Van Hoyten wird diesen in einen modernen
Landschaftsgarten verwandeln. Die Transformation der Landschaft
versinnbildlicht die Transformation des politischen Herrschaftssystems.

Der Anglist Stephan Kohl (Würzburg) befasste sich in seinem Vortrag
„Moralische Implikationen ästhetisch konstruierter Landschaften: Nordengland
versus Südengland“ mit Reiseberichten englischer Literaten des 20.
Jahrhunderts. In den Landschaftsbeschreibungen, so Kohl, wird der ländlich
geprägte, als schön empfundene Süden Englands gegen den industrialisierten
Norden abgegrenzt. Während der Süden das „wirkliche England“ verkörpere, habe
sich der Norden aus Profitgier den Bedingungen der industriellen Produktion
und Distribution ausgeliefert. Die Autoren stufen nicht nur die Landschaft
des Nordens als hässlich ein. Zugleich wird den Bewohnern dieses Landesteils
moralische Unvollkommenheit attestiert. Mit dem Einzug der Industrialisierung
im Norden, so scheint es, geht der Verlust der „Englishness“, der typisch
englischen Mentalität einher.

Die dritte Sektion stand unter dem Titel „Modellierte Landschaften“. Der
Volkskundler Sönke Friedreich (Dresden) stellte die Rolle der Kriterien
„Gestimmtheit“ und „Schönheit“ in der in Dresden jahrelang geführten
Diskussion um den Bau der Waldschlösschenbrücke im Dresdner Elbtal vor. In
seinem Beitrag „Landschaft als Museum? Die Dresdener Welterbelandschaft“
stellte er fest, dass dem Landschaftsraum typische Eigenschaften des Museums
fehlen, er aber durch Unterschutzstellung musealisierbar wird. In den
Auseinandersetzungen um den Bau der Waldschlösschenbrücke sei es aber nicht
um eine Konservierung der bestehenden Landschaft, sondern um den Erhalt einer
spezifischen Stimmung der Landschaft gegangen. Die Diskussion um die
Waldschlösschenbrücke, so Friedereich, schließt an den Mythos von der
Vernichtung der Schönheit Dresdens im zweiten Weltkrieg an, der die
Wahrnehmung der Stadt bestimmt.

In seinem Vortrag „Klanglandschaft – Zeitlandschaft: Paradigma für eine
naturalisierende Konstruktion der Rezeption von Landschaft?“ setzte sich der
Geograf Justin Winkler (Basel) mit Klang als landschaftsbildende Element
auseinander. Das Wort „Klanglandschaft“ ist eine Übersetzung des englischen
Kunstwortes „soundscape“, wobei der deutsche Begriff den Bereich der
Landschaft ausdrücklich einbezieht. An zwei im Abstand mehrerer Jahre
entstandenen Tonaufnahmen von einem Bahnhof erläuterte Winkler die
Veränderunger eines Klangraums in der Zeit. Resümierend sieht Justin
Winkler Klanglandschaft als Paradigma von Bewegung, wobei die Zeitlichkeit
der Erfahrung nicht abgestreift werden kann – und ein spezifisches
kulturelles Erbe aktiviert wird.

Vergleiche chinesischer und europäischer Werke der Malerei standen im Zentrum
des Vortrags „Luftschaften. Zur Rolle der Wolken in der Konstitution von
Landschaften“ des Literatur- und Kulturwissenschaftlers Rainer Guldin
(Lugano). Während die europäische Malerei des Spätmittelalters Wolken dazu
nutzt, die irdische Sphäre von der himmlischen, den profanen vom sakralen
Bereich zu trennen, dienen Wolken in der klassischen chinesischen Malerei
dazu, Himmel und Erde kompositionell zu verbinden, Konträres miteinander zu
versöhnen. Anders als im Westen ist die Wolke in der chinesischen Kunst kein
Zeichen der Transzendenz. Wolken am Fuße steiler Berge„erden“ das
aufstrebende Landschaftsmotiv. In der sakralen Malerei Europas können Wolken
zum „Transportmittel“ zwischen Erde und Himmel werden. In Szenen der
Himmelfahrt umschließen häufig Wolken die vom Boden gelösten Füße Jesu und
Mariens. In der Landschaftsmalerei des 18. und 19. Jahrhunderts, so Guldin,
tritt die sakrale Indienstnahme der Wolken zurück. Sie werden zu ephemeren
Grenzvermittlern und Zeichen der Vergänglichkeit.

Die vierte Sektion thematisierte „Zwischenräume – Räume ohne Bilder?“ Der
Architekturtheoretiker und Raumplaner Thomas Sieverts (Bonn) erörterte in
Weiterentwicklung seines wegweisenden gleichnamigen Konzeptes die
„Zwischenstadt – als Landschaft gelesen und gestaltet“. Sieverts verortete
das Phänomen zwischen „townscape“ und „landscape“ und plädierte für eine
soziale Utopie der Zwischenräume, in denen sich – gleichsam anarchisch – neue
Lebensgemeinschaften jenseits der Profitinteressen des Marktes zumindest für
eine begrenzte Zeit entfalten können.

Der Geograf Jürgen Hasse (Frankfurt/M.) widmete sich einem Einzelelement
urbaner Landschaft: dem Parkhaus („Parkhäuser – Schwarze Löcher in der
Stadtlandschaft“). Parkhäuser werden benutzt aber nicht beachtet. Dennoch
kommunizieren sie Gefühle und Symbole, die Folgen haben für die
physiognomische, affektive und ideologische Aufladung der Stadtlandschaft.
Damit erfüllt das Parkhaus die Funktion des Heterotops, des „anderen Raumes“
im Sinne von Michel Foucault.

Der Sozial- und Kulturhistoriker Norbert Fischer (Hamburg) analysierte unter
dem Titel „Patchwork-Landschaften in Post-Suburbia“ jene
Stadt-Land-Agglomerationen, die seit dem späten 20. Jahrhundert zu einem
neuartigen, postmodernen Landschaftstypus geworden sind. Als Region zwischen
Stadt und Land zeigt sie sich als Gemengelage von Wohn- und Gewerbegebieten,
Verkehrsachsen, Freizeit- und Erholungsterrains sowie „unberührter“ Natur –
in der die klassische Vorstellung geschlossener räumlicher Einheiten
aufgelöst sind zugunsten eines räumlichen Patchworks von Teil-Landschaften.
Dennoch spielt auch das historische Reservoir klassischer
Landschaftsvorstellungen eine konstitutive Rolle: Unter dem Leitbild
geschlossener, sich selbst überlassener Räume werden – gleichsam inselhaft –
Fluss- und Teichlandschaften renaturiert sowie Landschafts- und
Naturschutzgebiete biotophaft ausgewiesen.

Die fünfte Sektion thematisierte „Mobilitäts-Landschaften“ und begann mit
einem Vortrag des Volkskundlers Guido Fackler (Würzburg) über
„Kanal-Landschaften: Von Technotopen der Beschleunigung zu Biotopen der
Entschleunigung“. Im Gegensatz zur Wirtschafts-, Technik- oder
Verkehrsgeschichte interpretiert die Forschungsperspektive Landschaft
künstliche Wasserstraßen nicht als bloßes Ergebnis optimierter
Wasserbautechniken und gesteigerter Transporterfordernisse, sondern als
dingliche Metaphern für die Disziplinierung, Domestizierung, Optimierung und
fundamentale Neustrukturierung des Natur-Raums, die wiederum technische,
macht- und wirtschaftspolitische Visionen von Raum-Herrschaften reflektieren.
Die Revitalisierung brach gefallener oder aufgelassener Kunstwasserstraßen
und ihre Wiederentdeckung als Industrial Heritage setzen eine materielle wie
mentale Transformation im Sinne ihrer Ver-Natürlichung und Ästhetisierung in
Gang: Als künstliche Biotope verkörpern sie nun einen entschleunigten
Lebensstil der Postmoderne.

Der Vortrag des Historikers Thomas Zeller (University of Maryland)
„Landschaften in Windschutzscheiben-Perspektive: Autobahnen, Parkways,
Alpenstrassen“ zielte auf die Wahrnehmung der Landschaft im 20. Jahrhundert
aus der Straßenperspektive. Anhand von Beispielen aus Deutschland und den USA
(„Deutsche Alpenstraße“ bzw. „Blue Ridge Parkway“) wurde dargelegt, wie
Landschaft auf dem Reißbrett des Ingenieurs entstand, um sie dem Auge des
Autofahrers im Sinne einer Entschleunigung effektvoll zu präsentieren. Die
jeweils konkrete Form der Straßen und damit der durch sie sichtbaren
Landschaften zeigt länder- bzw. kulturspezifische Unterschiede, die nicht
allein durch unterschiedliche politische Systeme erklärt werden können (die
Deutsche Alpenstrasse entstand in der NS-Zeit). Vielmehr erscheint es
sinnvoll, den historisch unterschiedlich gewachsenen Umgang mit Natur und
Landschaft und die jeweiligen ideologischen Unterschiede in den Vorstellungen
von Straßen und Landschaft aufzuzeigen.

Die Schweizer Kunsthistorikerin Annemarie Bucher (Zürich) stellte in ihrem
Referat „Der mobilisierte Blick und Stadtlandschaften in Bewegung: Zur
Wahrnehmung und Darstellung von Landschaft als Prozess“ eine zweifache
„Mobilisierung“ von Landschaft fest. Zum ersten ist die physisch-materielle
Landschaft selbst dynamisch geworden, zum zweiten erschließt sich diese aus
einem dynamischen Standpunkt: dem der mobilen Gesellschaft, die ständig in
die territoriale Ordnung eingreift und so neue Wahrnehmungsmuster
hervorbringt. Anhand verschiedener Forschungsprojekte und bildnerischer
Experimente diskutierte Annemarie Bucher, wie und ob neue visuelle
Repräsentationen und Formen der Vermittlung von Landschaft zu finden sind.

Die sechste Sektion beschäftigte sich mit der „Flusslandschaft Elbe“ aus
jeweils unterschiedlichen fachspezifischen Blickwinkeln

Der Wasserbauingenieur Eberhard Lattermann (Dresden) widmete sich dem Thema
„Flusslandschaft und Wasserbau – Widerspruch im Einklang“ und zeigte am
Beispiel der vergangenen Elbe- und Mulde-Hochwasser das Konfliktpotenzial von
wasserbautechnischen Eingriffen in Landschaften. Eingriffe in die
Flusslandschaft wurden und werden als Synonym für Zerstörung und Vernichtung
gesehen, weswegen es seit nahezu 100 Jahren keine Wasserbaumaßnahmen an der
Elbe im sächsischen Raum gab.

Der Ethnograph Andreas Martin (Dresden) deutete mit dem Wortspiel
„Flussschaft“ bzw. „Flusslandschaft“ an, dass sich der Wasserlauf als eigener
Lebensraum präsentiert. Während beispielsweise die Landschaftsmalerei das
Wasser im Kontext der Umgebung sah, tritt bei einer politisch-ökonomischen
Betrachtung die Landschaft in den Hintergrund. Für die seit dem 19.
Jahrhundert stark angewachsene Berufsgruppe der Binnenschiffer realisierte
sich ein sehr spezieller Blick auf den Flussraum als Lebens- und Arbeitswelt.
Das „Land“, nur als bloßer Streifen zwischen Ufer und Horizont wahrgenommen,
bildete dabei immer auch ein Gefahrenpotenzial für die Schifffahrt.

Zum Abschluss der Tagung wurde die am ersten Tagungstag begonnene
Theorie-Sektion fortgeführt. Die Landschaftsarchitektin Stefanie Krebs
(Brüssel/Hannover) widmete sich unter dem Titel „Visitieren Sie!“ Wegen
integrativer Landschaftsforschung. Sie analysierte die unterschiedlichen
Landschaftsvorstellungen, etwa als Szenerie, Repräsentationsraum, politische
Arena oder gelebter Raum. Gegenüber diesen für sich betrachtet jeweils zu
kurz greifenden Konzepten forderte sie – unter Rückgriff auf den
französischen Kulturtheoretiker Michel Serres – Landschaft „quer zu denken“.
Methodisch wurde das „Visitieren“ im Serreschen Sinn vorgeschlagen: Gehen und
Sehen als Instrumente der Erkenntnis.

Das Resümee der Tagung vollzog sich zweifach: Zunächst wurde unter Leitung
der Kunsthistorikerin Susan Müller-Wusterwitz (Aumühle bei Hamburg) eine
Collage präsentiert, die unterschiedliche Positionen zum Landschaftsbegriff
versammelte. Sie bilden eine Grundlage für das geplante „Dresdner Manifest
zur Landschaftstheorie“. Anschließend zog Ludwig Fischer (Hamburg) ein
kritisches Resümee der Tagung. Er wies darauf hin, dass die insgesamt 21
Vorträge aus 12 unterschiedlichen Disziplinen kein homogenes Bild der
Landschaftstheorie zuließen, sondern im Gegenteil eine große Vielfalt an
Theorien, Themen und Methoden boten. Fischer plädierte nochmals dafür, den
klassischen Landschaftsbegriff nicht gänzlich zu verwerfen, ihn vielmehr in
seinem sozialutopischen Potenzial wahrzunehmen.

Empfohlene Zitation:
DigiKultur Dr. Susan Müller-Wusterwitz, Norbert Fischer, Stefanie Krebs: [Tagungsbericht zu:] Landschaft quer Denken. Theorien – Bilder – Formationen. In: ArtHist.net, 15.01.2010. Letzter Zugriff 19.04.2024. <https://arthist.net/reviews/32261>.

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