Japanbilder
Vortragsreihe an der Hochschule für Künste Bremen
Manga, Anime und Zen sind einige der Schlagworte, mit denen Japan aus westlicher Perspektive häufig charakterisiert wird. Diese Asianismen werden in den Vorträgen befragt, ihre Entstehungen und ihre Wirkungen in globalisierten Kulturen - im Westen wie in Japan selbst - nachgezeichnet.
Programm
07.12.2010, Prof. Dr. Birgit Mersmann
Mangas im Transit. Mo(n)dalitäten medialer und kultureller Bildübertragung
18.01.2011, Prof. Dr. Jörg B. Quenzer
Zen des Ostens – Zen des Westens: Aspekte eines Kulturtransfers
19.01.2011, Dr. Gregor Jansen
Group 1965 und Kunst in Japan heute
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7. Dezember 2010, 19 UhrBirgit Mersmann, Bremen/Basel
Mangas im Transit. Mo(n)dalitäten medialer und kultureller Bildübertragung
Aufgrund ihrer langen historischen Bildtradition sowie globalen Verbreitung in der zeitgenössischen Populär- und Medienkultur sind Mangas ein ideales Studienobjekt, um mediale und kulturelle Übertragungsprozesse zu erforschen. Worin besteht das enorme Übertragungspotential, die Bildüberlebensmacht der Mangas? Was ist es, das sich bildlich durch Zeit und Raum übersetzt? Ist es das Bild selbst, das sich aufgrund seiner eigenständigen Bildlichkeit, seiner autonomen Bildlogik und distinkten Bildmacht übersetzt? Ist es die das Bild formende Mangabildkultur, die zum Katalysator der Bildübersetzung wird? Eingeschlossen die Medienkultur, mit der Mangas geschichtlich verwachsen sind? Oder ist es die Transkulturalität des Bildes, die sich übersetzt?
Ziel des Vortrages ist es, die Modalitäten und Praktiken bildkultureller Übersetzung am Kreuzungspunkt zwischen chrono- und topographischen Transferleistungen theoretisch zu fassen – ein Unterfangen, das sich angesichts der zunehmend globalen Bildzirkulation und der ihr inhärenten Implosion von Raum und Zeit in neuer Dringlichkeit stellt.
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18. Januar 2011, 19 Uhr
Jörg B. Quenzer, Hamburg
Zen des Ostens – Zen des Westens: Aspekte eines Kulturtransfers
Der Chan-/Zen-Buddhismus gehört zu den einflußreichsten religiösen Strömungen Asiens, die seit dem 20. Jh. im Westen rezipiert und praktiziert werden. Dieser Einfluß geht weit über das eigentliche Interesse, d.h. die religiöse Schulung im engeren Sinn hinaus. Wie schon in der Entstehungsregion selbst, ließen sich Literaten, Künstler, Komponisten und Architekten von den ästhetischen Prinzipien anregen, die mit dem Zen-Buddhismus verbunden sind: Asymmetrie, Ungekünsteltheit, abgründige Tiefe und anderes mehr. Parallel diente und dient der Zen-Buddhismus als bevorzugte Übungspraxis im religiösen Dialog des Christentums. Und schließlich ist Zen mittlerweile zur Bezeichnung eines diffusen Markenfeldes geworden, das Exotik, Entspannung, Wellness und andere Bedürfnisse der globalisierten Gesellschaft bedienen soll. Ein verwirrend-vielschichtiges Bild, das zum einen die Frage nach dem stellen läßt, was sich historisch in China, Korea und Japan tatsächlich als Chan-/Zen-Buddhismus herausgebildet hat, aber auch nach den Hintergründen der angedeuteten Exotisierung resp. Rekontextualisierung fragen läßt. Der Vortrag wird hierfür die historische Entwicklung in Ostasien wie auch den Rezeptionsprozeß im Westen nachzeichnen, um anhand einer Analyse zentraler Begriffe (etwa „Erleuchtung“, Leere“, „Erfahrung“) die Interaktion einer religiösen Schulungsform mit anderen Diskursen sowie kulturellen Praktiken vor allem im 20. Jh. aufzuzeigen.
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19. Januar 2011, 19 Uhr
Gregor Jansen, Düsseldorf
Group 1965 und Kunst in Japan heute
Die sechs japanischen Künstler, Makoto Aida, Parco Kinoshita, Hiroyuki Matsukage, Oscar Satio Oiwa, Tsuyoshi Ozawa und Sumihisa Arima, sind kein Künstlerkollektiv im herkömmlichen Sinne. Eher zufällig haben sie sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen, deren Gemeinsamkeit in erster Linie in ihrem Herkunftsland Japan und dem Geburtsjahr 1965 liegt. The Group 1965 und die zeitgenössischen, japanischen Künstler im Allgemeinen jüngerer Generation, teilen die Ablehnung und Desillusionierung am bestehenden Kunstbetrieb in Japan, der eine vorbehaltlose Orientierung an westlichen Kunstströmungen oder eine konsequente Einhaltung der traditionellen, japanischen Konventionen vorgibt. Ihre Zielsetzung beinhaltet nichts Geringeres als eine Neudefinition nationaler Identität. Hierbei sind Bezüge sowohl zu japanischen Traditionen als auch zu verschiedenen Traumata, wie die Niederlage im Zweiten Weltkrieg, Atombombenabwürfe, Erdbeben, Wirtschaftskrise, usw., die Japan seit Mitte der 1940er Jahren erlebte, Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit. Obwohl The Group 1965 diese kollektiven Tendenzen japanischer Künstler teilt, sind sie dennoch keine Repräsentanten ihrer Generation. Die zynische Herangehensweise der einzelnen Künstler von The Group 1965 und die Bestrebungen nach neuen Dimensionen in der japanischen Kunst wirft die Frage auf, inwieweit die Möglichkeit besteht der realen Kunstwelt Tokios zu entfliehen, obwohl ihre Inspirationsquelle aus genau dieser Realität ihrer Welt entstammt.
Gregor Jansen ist Künstlerischer Leiter der Kunsthalle in Düsseldorf.
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Eintritt frei
Mona Schieren, Hochschule für Künste Bremen
m.schierenhfk-bremen.de
Quellennachweis:
CONF: Vortragsreihe Japanbilder. In: ArtHist.net, 03.12.2010. Letzter Zugriff 18.04.2024. <https://arthist.net/archive/595>.