Politics of Presence – Vernetzte Körperbilder und algorithmische Sichtbarkeit.
Das zweite Symposium der Reihe »VIRAL HALLUCINATIONS« untersucht die transformative Wirkung digitaler Technologien und sozialer Medien auf die Wahrnehmung von Körpern – sowohl des eigenen als auch der anderer.
Das Symposium vereint künstlerische, akademische und kuratorische Perspektiven, die sich mit den Politiken der Präsenz – sowohl physisch und online – auseinandersetzen und untersucht wie Spannungen und Reibungen zwischen menschlichem, sinnlichem Sehen und maschinellem Sehen verhandelt werden.
Wie verändern digitale Bildwelten von Vorstellungen hybrider Identitäten, politischer Konflikte und Körperbilder, unser Selbstverständnis, unsere Präsenz in öffentlichen Räumen und die Art und Weise, wie wir uns durch diese bewegen und mit anderen teilen?
Wer beansprucht Raum, und wessen Präsenz, Bewegungen und Interaktionen unterliegen den impliziten oder expliziten Kräften der Überwachung, Zensur, Othering, Hassrede, Ritualen der Bewertung und den Parametern eines Regimes algorithmischer Sichtbarkeit?
Welche Kontinuitäten und Brüche sozialer Wundstellen und affektiver Reaktionen können wir in unseren täglichen Ritualen beim Navigieren vernetzter Körperbilder beobachten? Welche historischen und systemischen Entwicklungen stehen dahinter?
Mit Laia Abril, Dr. Jana Haeckel, Nadine Isabelle Henrich, Jonas Höschl, Dr. Annekathrin Kohout, Marco De Mutiis, Sheung Yiu.
ANMELDUNG
Der Eintritt ist frei. Admission is free of charge.
Für den Zugang ist eine Anmeldung an hdpdeichtorhallen.de notwendig. Registration at hdpdeichtorhallen.de is required for access.
PROGRAMM
Freitag, 20. Juni 2025
11.00
Begrüßung | Dirk Luckow, Intendant der Deichtorhallen
Intro | Nadine Isabelle Henrich, Kuratorin des Hauses der Photografie
11.30–12.00
The living archive. Synthetische Bilder als multisensorische Erfahrungsräume im Feld der Kunst | Dr. Jana Johanna Haeckel, Kunsthistorikerin und Kuratorin
Jana Johanna Haeckels Vortrag spürt dem imaginativen und reparativen Potenzial KI-generierter Bilder im Feld der Kunst nach. Im Fokus stehen künstlerische Positionen, die synthetische Bildtechnologien nutzen, um den Leerstellen migrantischer und diasporischer Erfahrungen in existierenden, materiellen und virtuellen Bildarchiven zu begegnen. Indem sie keine historischen Zeugnisse, sondern Erzählungen des Möglichen etablieren, entwickeln die Künstler:innen visuelle Strategien gegen die Unsichtbarmachung und Auslöschung marginaler Schicksale und (rück-)überführen spekulative, multisensorische Körperbilder und Erfahrungsräume in den Ausstellungsraum.
12.15–12.45
I Ask The Magical Machine – Desktop Performative Lecture | Sheung Yiu, Image-Centered Artist and Researcher
In the desktop performative lecture I Ask The Magical Machine, real-time facial recognition becomes the tool through which the artist probes the interpretation of his own face. Juxtaposing schematics from Chinese face reading to contemporary facial recognition, the performance unpacks their historical trajectories and underlying logic. As archival materials are presented to the webcam, obscuring and augmenting his features, the interpretations generated remain in flux – unstable, unpredictable, and unreliable. This act of "asking" reveals the technological frameworks within magic and the magical thinking within technology, highlighting the face as an infinitely malleable interface onto which meanings are forcefully imposed by different systems.
14.30–15.00
Networked Affective Imaging – On the Contemporary Role of the Image Between Reaction Economies and the Politics of Emotions | Marco De Mutiis, Digital Curator at Fotomuseum Winterthur
This talk explores how algorithmic and networked images not only generate affect and transform attention into intense experiences and subconscious feelings, but also form an interdependent system that fuses software, technical infrastructures, affective attachments and emotional responses. Drawing on recent research and the exhibition The Lure of the Image at Fotomuseum Winterthur, the presentation examines both artistic practices and vernacular phenomena in which digital images are deeply entwined with seduction and comfort, desire and anger, intimacy and belief. Taking the audience from “Trump Gaza” to Ghibli-style AI, and from sexy IDF soldiers dancing on TikTok to “Sigma Masculinity” through the memes of American Psycho, the talk will present the idea of Networked Affective Imaging and its wider social and political implications.
15.15–15.45
Dokumentation oder Intervention? Politische Körper und fotografische Zeug:innenschaft | Jonas Höschl, Fotograf und Konzeptkünstler
Der Fotograf und Konzeptkünstler Jonas Höschl setzt sich in seiner Arbeit ideologie- und medienkritisch mit der Produktion und Verbreitung dokumentarischer Bilder auseinander. In seinem Werkvortrag thematisiert Höschl die Rolle fotografischer Zeug:innenschaft in vernetzten Bildräumen anhand zweier Arbeiten – der Installation 09. September 2015, Röszke (2021), die vom Medienskandal um eine ungarische Kamerafrau im Kontext der sogenannten ‚Flüchtlingskrise' ausgeht, sowie seiner jüngsten Publikation 80 Portraits: 73 Männer, 7 Frauen (Verlag für moderne Kunst, 2025), der Bildmaterial aus antifaschistischen Rechercheportalen zugrunde liegt. Beide Projekte untersuchen, wie sich Körper im Zusammenspiel von visueller Dokumentation, öffentlicher Zirkulation und digitaler Codierung politisch aufladen – und welche Rolle fotografische Praxis in der Aushandlung zwischen physischer Präsenz und medialer Sichtbarkeit spielt.
16.30–17.00
Ich performe, also bin ich sichtbar: Präsenz in der Reaktionskultur | Dr. Annekathrin Kohout, Autorin und Kulturwissenschaftlerin
In Sozialen Medien wird Präsenz nicht mehr über physische Anwesenheit oder diskursive Teilhabe definiert, sondern über affektive Reaktionen, algorithmische Anschlussfähigkeit und visuelle Fragmentierung. Der Vortrag analysiert, wie Plattformen Körper in bewertbare Einheiten zerlegen und Sichtbarkeit durch ritualisierte Reaktionsformen strukturieren – von Likes über Duette bis hin zu „Call-out“-Formaten. Präsenz wird so zur performativen Pflicht, deren Erfüllung weniger Beziehung schafft als affektives Kapital akkumuliert. Sichtbar zu sein heißt, lesbar zu sein – und wer aus dem Format fällt, riskiert Unsichtbarkeit.
17.15–17.45
A History of Misogyny – On Abortion, On Rape, On Mass Hysteria | Laia Abril, Multidisciplinary Artist
A History of Misogyny is an ongoing research-based project that traces the systems of control, violence, and invisibilization imposed on women throughout history. In this talk, Laia Abril reflects on her chapters On Abortion, On Rape, and On Mass Hysteria, examining the role of image making about biopolitics and the ethics of representation.
Ermöglicht durch die Förderung der Zeit Stiftung Bucerius.
Reference:
CONF: Politics of Presence (Hamburg, 20 Jun 25). In: ArtHist.net, May 24, 2025 (accessed May 25, 2025), <https://arthist.net/archive/49338>.