CONF Jan 10, 2013

Ästhetische Empfindungen (Mainz, 1 Feb 2013)

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Feb 01, 2013

Michaela Gugeler

Workshop

Ästhetische Empfindungen. Historische Positionen – aktuelle Fragen

Als der französische Schriftsteller und passionierte Italienreisende Stendhal nach einem Besuch der Basilica di Santa Croce in Florenz ins Freie trat, fühlte er sein Herz rasen. Sein Schritt schwankte, er fürchtete umzufallen. Die Symptomatik dieses sogenannten „Stendhal-Syndroms“ ist wohlbekannt. Oft genug wird die Erfahrung von Kunst als emotionale Überwältigungs- und Durchdringungserfahrung beschrieben, doch selbst in weniger dramatischer Form hat die Reaktion auf ästhetische Objekte stets, wenngleich nicht ausschließlich emotionale Anteile. Ursprünglich ein Mittel der antiken Rhetorik, ist es seit jeher ein wichtiges Ziel der Künste, ihre Rezipienten emotional zu bewegen, zu rühren, in den Zustand des Schreckens, Erschauderns oder auch des lustvollen Genießens zu versetzen. Auf vielfältige Weise wurde dieses Phänomen seit der Antike und anhaltend bis in die aktuellen Diskussionen befragt:

Wie und warum können ästhetische Artefakte in uns emotionale Reaktionen abrufen? Was ist die Natur dieser ästhetischen Empfindungen? Sind sie grundsätzlich als gemischte Emotionen, wie etwa lustvoller Schmerz, delightfull horror, süße Melancholie zu denken? Welche Rolle spielt dabei die spezifisch ästhetische Gestaltung? Wie unterscheiden sich ästhetische Emotionen von realen Alltags-Empfindungen? Handelt es sich bei ästhetischen Emotionen um eine eigene „Klasse“ oder lediglich um abgeschwächte oder im Gegenteil intensivierte Varianten unserer alltäglichen Empfindungen? Und bedürfen sie überhaupt eines Kunstobjekts oder kann nicht bereits durch die Art der Anschauung jedes Objekt zum Ästhetischen werden? Andersherum: bedarf es einer besonderen Rezeptionshaltung oder -strategie um in den Genuss von ästhetischen Emotionen zu kommen? Stehen ästhetische Empfindungen gänzlich im Zeichen subjektiven Selbstgenusses oder sind sie nicht vielfach in moralisch-pädagogische Funktionalisierungen eingebunden? Wie stark fallen die jeweiligen medien- und gattunsspezifischen Unterschiede auf Objektebene ins Gewicht?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, soll anhand von klassischen und zeitgenössischen Texten die Spezifizität des Konzepts der „ästhetischen Empfindung“ herausgearbeitet werden. Dabei sollen auch die Fragen nach seiner Historizität und Legitimität sowie nach den Möglichkeiten seiner Anwendbarkeit zur Diskussion gestellt werden.

Der Workshop richtet sich an Wissenschaftler/innen, wissenschaftlichen Nachwuchs und fortgeschrittene Studierende aller Fachrichtungen. Den Teilnehmer/innen des Workshops wird ein digitaler Reader mit Texten zur Verfügung gestellt, die die Grundlage der Diskussion bilden.

Es wird um eine formlose Anmeldung bis zum 20. Januar 2013 gebeten bei Christoph Groß grossuni-mainz.de

Veranstalter/innen:
Christoph Groß // Michaela Gugeler // Dr. Kerstin Thomas
(Emmy Noether-Nachwuchsgruppe „Form und Emotion“, Johannes Gutenberg-Universität Mainz – http://www.form-und-emotion.de/)

Veranstaltungsort:
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Kunstgeschichtliches Institut
Binger Straße 26
Raum: -1KG 05 (UG / Übungsraum)

Datum:
Freitag, den 1. Februar 2013, 14-18 Uhr

Reference:
CONF: Ästhetische Empfindungen (Mainz, 1 Feb 2013). In: ArtHist.net, Jan 10, 2013 (accessed Aug 16, 2025), <https://arthist.net/archive/4481>.

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