CFP 28.01.2025

Kinder, Kindheit und Kind-Sein in der Frühen Neuzeit (23-25 Oct 25, Stuttgart)

Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Tagungszentrum Stuttgart-Hohenheim, 23.–25.10.2025
Eingabeschluss : 15.04.2025

Inken Schmidt-Voges

Kinder, Kindheit und Kind-Sein in der Frühen Neuzeit.
30. Fachtagung des Arbeitskreises für Geschlechtergeschichte der Frühen Neuzeit.

In den letzten Jahren ist die Bedeutung von Kindern in den frühneuzeitlichen Gesellschaften zunehmend in den Fokus historischer Untersuchungen gerückt. Obwohl Kinder ein wesentlicher Bestandteil jeder Gesellschaft und damit auch ihrer jeweiligen Geschlechterordnungen waren und sind, wurden sie von den Geschichtswissenschaften lange vernachlässigt – teils aufgrund historiographischer Tendenzen, teils wegen Herausforderungen in der Quellenüberlieferung. Kinder hinterlassen nicht die gleichen Spuren in historischen Quellen wie Erwachsene, und ihre Geschichten müssen in der Regel aus Texten, Bildern und anderen Quellen rekonstruiert werden, in denen sie – oft auch nur en passant – erwähnt werden. Je jünger ein Kind ist, desto sichtbarer wird es tendenziell nur durch die Handlungen anderer.
Nichtsdestoweniger erkennen HistorikerInnen zunehmend die immanente Relevanz dieser demografischen Gruppe – sei es für die Erforschung grundlegender frühneuzeitlicher Themen wie Geschlecht, Religion bzw. Konfession, Stand, Arbeit und Arbeitsteilung oder auch Bildung, generationelle Ressourcenverteilung und politische Macht. Kindheitsforschung ist zu einem integralen Bestandteil der historischen Forschung geworden.
Während die Forschung zu Kindern schon für sich bedeutsam ist, bietet der Zugang über Kinder, als AkteurInnen konzipiert, auch eine distinkte Perspektive auf andere Themenfelder. Die Aspekte der Abhängigkeit, die zur relativen Vernachlässigung von Kindern in den historischen Wissenschaften geführt haben, können breitere soziale und kulturelle Logiken deutlicher hervortreten lassen: Auch Kinder sind in Netzwerke eingebettet; ihre Abhängigkeiten von Erwachsenen und ihre eingeschränkten Möglichkeiten, eigenständige Entscheidungen zu treffen, erforderten eine stärkere und andere Einbindung in Netzwerke und Akteurskonstellationen. Bei entsprechender Aufmerksamkeit werden Kinder dennoch auch in der Frühen Neuzeit immer wieder als eigenständige Akteur:innen greifbar – und sind als solche also auch sichtbar zu machen. Historische Kinderforschung bedeutet daher, die Perspektiven von Kindern ebenfalls ernst zu nehmen und Bedürfnisse, Motive und Aktionen von Nicht-Erwachsenen, soweit die Quellenlage es zulässt, aufzuzeigen.

Kinder, Kindheit und Kind-Sein ist in der Frühen Neuzeit daher in einem dichten Gefüge aus rechtlichen und sozialen Abhängigkeiten und Ungleichheiten zu untersuchen, welche nicht nur unterschiedliche Lebensphasen, sondern auch Geschlecht, Zugehörigkeiten, Emotionalitäten und Teilhabe an materiellen und immateriellen Ressourcen betreffen. Kinder waren essentiell für die Reproduktion jener geschlechtlichen und sozialen Strukturen, die die frühneuzeitlichen Gesellschaften und Kulturen trugen. Familien- und Verwandtschaftsverbände perpetuierten sich durch ihren Nachwuchs oder die Annahme und Legitimation nicht-leiblicher Kinder, materielle und immaterielle Ressourcen wurden in diesen Verbänden weitergegeben und verhandelt, Kinder auf ihre spezifischen Rollen in diesem Verwandtschaftsgefüge hin erzogen und ausgebildet: von den unterbäuerlichen Schichten über Handwerk, Gewerbe und Kaufleute bis zu den hochadeligen Dynastien. Zugleich und darauf rekurrierend entfalteten frühneuzeitliche Kulturen ein breites Spektrum metaphorischer Referenzsysteme, in denen Legitimation, Zugehörigkeit und Affirmativität über Bezüge zum Kind-Sein hergestellt wurden – z.B. der Topos der „Kinder Gottes“, „Kinder des Teufels“ etc.

Wir freuen uns über Beiträge (ca. 30 min.), die methodisch die Bedeutung von Geschlecht, aber auch anderen Differenzkategorien wie Religion/Konfession, Ethnie, Stand, Alter etc. reflektieren. Geographisch sind Vorschläge aus Europa wie zu außereuropäischen Regionen willkommen. Besonders freuen wir uns, wenn neben der christlichen auch jüdische, islamische und andere religiöse Lebenswelten untersucht werden. Mögliche Fragestellungen/Themengebiete umfassen:

Orte der Kindheit; verschiedene rechtliche Positionen; Formen der Fürsorge, Bildung und Ausbildung; Position in Konflikten; sexuelle, physische und emotionale Gewalt; Obsorge und Vormundschaft; Funktion in sozialen Netzwerken; spirituelle und andere Verwandtschaftsformen; symbolische Repräsentationen; visuelle Kultur; Eltern-Sein, etc.

Vortragsvorschläge (Abstract und CV, jeweils ca. 5.000 Zeichen) richten Sie bitte per E-Mail bis zum 15.04.2025 an:
andrea.griesebner[:]univie.ac.at; hannah.elmer[:]hist.uni-hannover.de und inken.schmidtvoges[:]uni-marburg.de.

Die jährlichen Tagungen des Arbeitskreises bieten eine Plattform zur Präsentation und Diskussion aktueller Forschungsarbeiten, sehr gerne auch von NachwuchswissenschaftlerInnen. Zugleich dienen die Treffen dem Informationsaustausch, der intergenerationellen Vernetzung sowie der methodischen, konzeptuellen und theoretischen Auseinandersetzung. Von Historikerinnen organisiert, sind die Treffen immer auch ein Ort der Inter- und Transdisziplinarität. Durch die Heterogenität der TeilnehmerInnen legen wir vor allem darauf Wert, dass die einzelnen Beiträge maßgeblich den Fokus auf Fragen der Methode und der Methodologie richten.

Genauere Informationen zum Arbeitskreis finden Sie auf unserer Homepage:
http://www.univie.ac.at/ak-geschlechtergeschichte-fnz/

Wir weisen darauf hin, dass für ReferentInnen in der Regel keine Reise- und Tagungsgebühren übernommen werden können. Die Tagungsteilnahme inklusive zwei Übernachtungen und Verpflegung beträgt voraussichtlich 190 Euro/ermäßigt 148 Euro. Stipendien zur Teilnahme an der Tagung können beantragt werden.

Quellennachweis:
CFP: Kinder, Kindheit und Kind-Sein in der Frühen Neuzeit (23-25 Oct 25, Stuttgart). In: ArtHist.net, 28.01.2025. Letzter Zugriff 30.01.2025. <https://arthist.net/archive/43806>.

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