CFP Jan 27, 2025

Otto Pankok und das Porträt (Hünxe, 9-10 Sep 25)

Hünxe/Wesel, Sep 9–10, 2025
Deadline: Feb 28, 2025

Miriam Sarah Marotzki, Universität Bielefeld

Individuum und Gemeinschaft: Otto Pankok und das Porträt in Verbindung mit seinen Netzwerken.

In seinem Selbstbildnis im Atelier von 1946 – stellvertretend für andere Werke dieser Gattung – zeigt sich Otto Pankok als zentrales Motiv zwischen verschiedenformatigen Leinwänden: Er als Individuum, eine Rückenfigur, die Hand noch tätig auf einer Leinwand sucht er nahezu en face die Blicke der Betrachtenden einzufangen. Die dunklen, dynamischen Schwünge auf der unfertigen Leinwand im Bild lassen noch kein klares Motiv sichtbar werden, hingegen zur Rechten des Malers ist ein großformatiges Landschaftsgemälde erkennbar. Auf dem Boden lehnen wild verteilt verschiedene kleinformatigere Bilder an der rückwärtigen Wand. Ganzfigurig oder als Bruststück verweisen Menschen und exotische Tiere auf Pankoks Gattungsspektrum. Otto Pankok präsentiert sich als Künstler, der sich selbst im Netzwerk seiner Werke zeigt: der durch seine Werke das Spannungsfeld zwischen dem Ich und der Natur, dem Ich und dem Du, den Anderen, oder zwischen dem Individuum und dem gesellschaftlichen Wirkfeld eröffnet.

Otto Pankok (Mülheim a.d.R. 1893-1966 Wesel) war Mitglied der Düsseldorfer Künstlergruppe Das Junge Rheinland, 1937 auf der Ausstellung Entartete Kunst vertreten, von den Nationalsozialisten verfemt und mit Berufsverbot belegt. Anregungen empfing der Künstler auf seinen Reisen: etwa in die Niederlande, nach Frankreich, Spanien oder das vormalige Jugoslawien. Internationale Bekanntheit erlangte Pankok mit seinen Bildnissen der Düsseldorfer Sinti und Sintizze vom Heinefeld – Porträtkunst von höchster technischen Perfektion. Der Düsseldorfer Akademieprofessor schuf ein Œuvre – Kohle auf Papier, Holzschnitt, Radierung und Plastik – in dem Mensch, Tier und Landschaft die hauptsächlichen Themen sind. Der Mensch – vor allem auch derjenige am Rand der Gesellschaft – stand im Zentrum seines Schaffens. Pankok porträtierte viel, sich selbst und seine Zeitgenossen. An die 1000 namentlich bekannte Porträts und gut 150 Selbstporträts lassen sich in seinem Œuvre finden. Dabei ist Porträt aber nicht mit Porträt gleichzusetzen. In vielen werden die starren Grenzziehungen zwischen den Bildgattungen geöffnet und genrehafte Porträts scheinen wie Tronien oder aber werden zu Dokumenten öffentlichen, politischen und sozialen Lebens – oder aber sie formieren sich schriftlich, etwa in der Autobiographie mit dem Titel Stern und Blume von 1930, als Gedicht wie zum Beispiel „An Rosa Luxemburg“ oder in dem bislang weitgehend noch unerschlossenen Nachlass.

Anknüpfend an literarische Verfahren (auto)biographischen Schreibens und der Autotheory können Porträts nicht nur als Vereinzelungen, sondern als Beiträge zur Gemeinschaft reflektiert werden. Wie die Gemeinschaft funktioniert, kann wiederum aus den einzelnen Objekten und ihren Orten/Kontexten extrahiert werden. Die Konferenz (mit dem Angebot an verschiedenen Workshops) stellt somit Pankoks Porträts in ihrer Verbindung und ihrem Verhältnis zu seinen Netzwerken in den Mittelpunkt. Sie möchte damit Netzwerke von den Objekten und deren kultureller (Selbst-)Kontextualisierung aus erschließen. Bislang wurde Pankoks Œuvre von der Forschung unzureichend berücksichtigt. Dies möchte die Tagung ändern und insbesondere die Bildqualität – künstlerische Strategie und technisches Know-how als Gradmesser – mehr in den Blick nehmen.

Dabei kann etwa auf historischer sowie aktueller Ebene gefragt werden,
• wie Pankok seine Netzwerke und sein Verhältnis zu ihnen in Porträt und Selbstporträt reflektiert. Welche Netzwerke zeigen sich durch die Objekte und wie lässt sich das Spannungsfeld zwischen Individuum und Gruppe bestimmen? Welche Netzwerke Pankoks lassen sich etwa jenseits kanonisierter Strukturen finden
• wer der Einzelne in der Gemeinschaft ist und wie eine Avantgarde, die sich über Netzwerke im Gegensatz zu Kunstakademien definiert, dem Individuum begegnet
• in welchem Verhältnis Porträts zu anderen Bildgattungen in Pankoks Œuvre stehen
• was überhaupt Porträts – im gattungstheoretischen Sinne - bei Pankok sind
• ob eine kunsttheoretische Auffassung Pankoks zu Porträts ausgemacht werden kann
• wie die Rezeption der Porträts funktioniert. Welche Hülsen für die Interpretation sind durch die Autorschaft Pankoks bereits vorgeprägt? Wann sind unter Umständen die Bilder in der Rezeption abhanden gekommen?
• welches politische Potenzial in den Porträts im weitesten Sinne liegt
• welche Veränderungen sich sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, also nach 1945 in Pankoks Porträts beobachten lassen
• nach einer Kunstgeschichte und einem Porträt der Sinti und Roma und damit nach einer Geschichte des Porträts von marginalisierten Kunstgeschichten

Wir freuen uns über Vorschläge (max. 300 Wörter) mit einer Kurzbiographie auf deutsch und englisch von Early Career Researchers und erfahrenen Forschenden aus verschiedenen Disziplinen wie zum Beispiel der Bild-und Kunstgeschichte, den Literatur- Geschichts- und Politikwissenschaften, der Soziologie bis zur Anthropologie. Uns interessieren dabei ebenso Beiträge aus dem praktischen Feld wie von Restaurator:innen und Kunstkritiker:innen.

Internationale und interdisziplinäre Konferenz im Pankok-Museum Hünxe, 9.-10. September 2025

Bitte senden Sie Ihre Vorschläge bis zum 28. Februar 2025 an miriam.marotzkihhu.de. Bitte setzen Sie dabei schmenglerpankokmuseum.eu und grandehhu.de ins CC.

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[English version]

Individual and Community: Otto Pankok and Portraiture in Relation to His Networks

In his Self-Portrait in the Studio from 1946—representative of other works of this genre—Otto Pankok positions himself as the central motif amidst canvases of varying formats. Depicted as an individual, he appears as a figure turned away, his hand actively working on a canvas, while simultaneously seeking the gaze of the viewer almost directly. The dark, dynamic strokes on the unfinished canvas suggest no clear motif, contrasting with the large-format landscape painting to the right of the artist. Smaller paintings, featuring full-figure or bust-length depictions of people and exotic animals, are scattered along the rear wall. Pankok presents himself as an artist within the network of his works: his creations explore tensions between self and nature, self and others, and between the individual and the broader societal framework.

Otto Pankok (Mülheim a.d.R. 1893–1966 Wesel) was a member of the Düsseldorf artists' group Das Junge Rheinland. He was represented in the 1937 Entartete Kunst exhibition, denounced by the National Socialists, and banned from practising his profession. His artistic inspiration came from travels to the Netherlands, France, Spain, and the former Yugoslavia. International acclaim followed his portraits of the Sinti and Roma community in Düsseldorf’s Heinefeld, recognised for their technical perfection. As a professor at the Düsseldorf Academy, Pankok produced a body of work—encompassing charcoal on paper, woodcuts, etchings, and sculptures—centred on themes of humanity, animals, and landscapes. His focus was on people, particularly those on the margins of society. Among his oeuvre are approximately 1000 identified portraits and over 150 self-portraits. Yet, his portraiture defies simple categorisation: many works transcend traditional genre boundaries, resembling tronies, serving as documents of public, political, or social life, or taking written form, such as in his autobiography Stern und Blume (1930), poems like "To Rosa Luxemburg," or within his largely unexplored estate.

Drawing on the literary practices of (auto)biographical writing and autotheory, Pankok’s portraits can be interpreted not only as isolated works but as contributions to communal discourse. The functioning of community, in turn, can be analysed through individual objects and their spatial or contextual placement. This conference, incorporating a range of workshops, will focus on Pankok’s portraits and their relationship to his networks, aiming to uncover connections between objects and their cultural (self-)contextualisation. To date, Pankok’s oeuvre has been insufficiently studied. This conference seeks to address this gap, with particular attention to the artistic strategy and technical expertise evident in his work.

The following questions, both historical and contemporary, may serve as points of inquiry:
• How did Pankok reflect his networks and his relationship to them in his portraits and self-portraits? Which networks emerge through his works, and how can the dynamics between the individual and the group be characterised? Which non-canonical networks of Pankok’s can be identified?
• Who is the individual within the community, and how does an avant-garde, defined through networks rather than academic institutions, engage with the individual?
• What is the relationship between portraits and other genres within Pankok’s oeuvre?
• How can Pankok’s portraits be defined in a theoretical sense?
• Can a theory of portraiture specific to Pankok be discerned?
• How does the reception of his portraits function? To what extent are interpretative frameworks shaped by Pankok’s authorship? Under what conditions might the images have lost their intended meaning in reception?
• What political potential, broadly construed, resides in these portraits?
• What changes can be observed in Pankok’s portraits after the Second World War, i.e., post-1945?
• How can Pankok’s portraiture of Sinti and Roma contribute to a broader history of marginalised art and portraiture?

We welcome proposals (max. 300 words), accompanied by a short biography in German and English, from early career researchers and experienced scholars across disciplines such as art and visual history, literature, history, political science, sociology, and anthropology. Contributions from practitioners, including conservators and art critics, are also highly encouraged.

International and Interdisciplinary Conference at the Pankok Museum Hünxe, 9–10 September 2025

Please submit your proposals by 28 February 2025 to miriam.marotzkihhu.de, with schmenglerpankokmuseum.eu and grandehhu.de in CC.

Reference:
CFP: Otto Pankok und das Porträt (Hünxe, 9-10 Sep 25). In: ArtHist.net, Jan 27, 2025 (accessed Feb 1, 2025), <https://arthist.net/archive/43804>.

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