Kunst als Erfahrung.
Im Zuge des Material Turn ist seit den 1990er-Jahren vermehrt das Kunstwerk als materielles Objekt in den Fokus der Kunstwissenschaft gerückt, doch dabei sollte nicht aus dem Blick geraten, dass sich das Kunstwerk erst im Vollzug seiner Wahrnehmung als solches konstituiert. Es ist die – durch ein Subjekt vollzogene – Erfahrung des Kunstwerks, die dieses bedeutungsvoll werden lässt. Die Art der Erfahrung ist dabei in hohem Mass von der betrachtenden Person abhängig, und dennoch keineswegs arbiträr. Nicht jedes Werk kann jede Erfahrung hervorrufen, und nicht jedes Werk appelliert gleichermassen an die unterschiedlichen Formen der Wahrnehmung und des Erlebens.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Erfahrungsgebundenheit von Kunst Gegenstand eingehender Untersuchungen, etwa bei John Dewey – von dessen Buch "Art as Experience" (1934) der Titel der Tagung entnommen ist –, wie auch in der Phänomenologie (Maurice Merleau-Ponty u. a.) oder in der Kunst- und Gestaltpsychologie (z.B. Rudolf Arnheim). Methodische Ansätze wie diese standen allerdings in einem Spannungsverhältnis zu den dominierenden kunstwissenschaftlichen Praktiken der Ikonografie/ Ikonologie und der Kunstsoziologie. Dies gilt selbst noch für spätere Beiträge zu einer erfahrungsbasierten Kunstgeschichte, wie sie etwa von Gotthard Jedlicka und Max Imdahl beigesteuert wurden.
Die Tagung soll das Konzept von Kunst als Erfahrung auf seine Tragfähigkeit und Aktualität hin befragen, unter anderem auch im Hinblick auf vergleichsweise neue künstlerische Ausdrucksformen wie Performance, Installation oder Medienkunst. Ebenso interessieren erfahrungsästhetische Aspekte im Kontext der Präsentation von Kunst.
Programm:
Donnerstag, 7. November 2024
13.00–13.20 Welcome: Roger Fayet
Moderation: Roger Fayet
13.20–14.00 Dario Gamboni: Art Experience without Artists? Albert C. Barnes, John Dewey and the “Snow Picasso”
14.00–14.40 Katrin Luchsinger: Krise der Vorbilder. Zwei Ausstellungen von Kinderzeichnungen in Zürich: 1945 in der ETH und 1952 im Kunstgewerbemuseum
14.40–15.10 Pause
15.10–15.50 Mike Bill: Entlang der ‹Textur›. Zur kunstwissenschaftlichen Handhabung eines affekttheoretischen Begriffs am Beispiel der Expo 64 in Lausanne
15.50–16.30 Victoria Mühlig: Définir l’art immersif contemporain ? Retour d’expérience avec l’exposition « Vivre l’œuvre » au Musée d’art de Pully
16.30–17.00 Pause
Moderation: Franz Müller
17.00–17.40 Diogo Pinto: After-show tang: The exhibition views of Maria Netter
17.40–18.20 Anna-Barbara Neumann: Harald Naegelis Zürcher Totentanz. Wahrnehmung von Graffitikunst im digitalen Zeitalter
18.20–19.00 Stefanie Manthey: Anri Sala, "Intervista (Finding the Words)", 1998. Erfahrungsqualität und Open Access Resources
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Freitag, 8. November 2024
Moderation: Sarah Burkhalter
9.00–9.40 Brigitte Descoeudres: Der poetische Appell des Kunstwerks oder Das subversive Spiel mit der Erfahrung
9.40–10.20 Neda Zanetti: Une "joie instrumentalisée" – sur la techno-esthétique de Gilbert Simondon
10.20–11.00 Colin Guillemet: The figural in the post-medium era
11.00–11.30 Pause
11.30–12.10 Ana Drawin: Expérience et présence : Une réflexion sur Mary Vieira
12.10–12.50 Rie Kodera: Experience of "in-between": Isamu Noguchi and the stonework
12.50–14.00 Mittagspause
Moderation: Julia Gelshorn
14.00–14.40 Fabiana Senkpiel: Fujiko Nakayas Nebelskulpturen – Kunst als multisensorische Erfahrung
14.40–15.20 Hanna B. Hölling: “Once Upon a Time:” Storytelling as Experience in Florence Jung’s Performative Conceptualism
15.20–15.50 Pause
15.50–16.30 Laura Vuille: Resonanz, Ekstase und Entfremdung: Jeremy Shaws Videoinstallation "Phase Shifting Index" (2020)
16.30–17.10 Michael Diers: Die Installation als politischer Denk- und Erfahrungsraum. Über Christoph Büchels "Monte di Pietà" (2024)
17.10–18.00 AperitifEnde des Symposiums
Konzept und Organisation: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA)
Prof. Dr. Roger Fayet / lic. phil. Marianne Wackernagel
Bitte bestätigen Sie Ihre Teilnahme bis am 31. Oktober 2024 per E-Mail an siksik-isea.ch. Die Platzzahl ist beschränkt, die Teilnahme ist kostenlos.
Quellennachweis:
CONF: Kunst als Erfahrung (Zürich, 7-8 Nov 2024). In: ArtHist.net, 25.10.2024. Letzter Zugriff 26.12.2024. <https://arthist.net/archive/43026>.