CFP Jun 11, 2023

Architektur in Transformationsgesellschaften (München, 26-28 Oct 23)

Technische Universität München, Oct 26–28, 2023
Deadline: Jul 10, 2023

Doris Hallama, Innsbruck

Tagung zum Thema "Architektur in Transformationsgesellschaften. Zur Geschichte und Gegenwart des Umbaus".

Unter den Aufgaben, die Baupolitik, Architektur und Immobilienwirtschaft derzeit beschäftigen, steht das Thema des Umbaus an erster Stelle. Insbesondere die Klimadebatte sowie die Diskussionen um den Rohstoffmangel und die daraus resultierenden Vorschläge für Abrissmoratorien lassen das Weiterbauen im Bestand als geradezu unumgängliche Alternative zu Abriss und Neuerrichtung erscheinen. Folglich finden Veranstaltungen wie auch Publikationen, die sich mit erfolgreichen Umbauprojekten befassen, weitreichende Aufmerksamkeit. Umso überraschender mutet dabei an, dass eine theoretische und historische Auseinandersetzung mit dem Thema bisher, wenn überhaupt, nur in engen Grenzen stattgefunden hat.

Die bauliche Anpassung von Bestandsstrukturen an veränderte Bedürfnisse ist eine Entwicklungskonstante in jedem baukulturellen Kontext weltweit. Indem die geplante Tagung von der These ausgeht, dass Umbauten als Reaktionen auf gesellschaftliche Umbrüche und Krisen verstanden werden können, wird eine neue Perspektive auf die Fragestellung eröffnet. Der Vergleich von Umbauprojekten, die zu unterschiedlichen Zeiten, aber unter ähnlichen Transformationsbedingungen konzipiert oder verwirklicht wurden, bietet die Aussicht, Muster nachvollziehen sowie Modelle diskutieren zu können und er erschließt das Thema für eine systematische theoretische Auseinandersetzung.

Jedoch kommt dem Thema unter den gegenwärtigen Produktionsbedingungen von Architektur sowohl für die Vergangenheit als auch für Gegenwart und Zukunft eine spezifische und aktuelle Bedeutung zu: Denn während die Praxis des Umbaus vor dem 20. Jahrhundert als meist längerfristiger Prozess eine schlichte ökonomische, bautechnische und gesellschaftliche Notwendigkeit war, ist diese Kontinuität baulicher Umwandlungsprozesse seit spätestens der Mitte des 20. Jahrhunderts unter dem bis heute anhaltenden Neubaudruck nicht mehr gegeben. Angesichts dieses singulären architekturgeschichtlichen Bruchs stellt die hier entwickelte systematische Perspektive Strategien zur Diskussion, für die in Aussicht steht, dass sie sich zu Lösungsansätzen für gegenwärtige und zukünftige Fragestellungen weiterentwickeln lassen. Für die Untersuchung interessieren aus einer historischen Perspektive bis in die unmittelbare Aktualität hinein besonders jene Gesellschaftsbedingungen, in denen krisenhafte Entwicklungen die Umnutzung besonders aktuell gemacht haben. Die historische und theoretische Reflexion hat auch im Kontext aktueller Debatten, besonders zur Genderthematik und/oder Eurozentrismus, zu erfolgen.

Ziel der Tagung ist es, das Thema des Umbaus über die Relevanz des Einzelbaus hinaus für die gebaute Umwelt von den geschichtlich-gesellschaftlichen Transformationsprozessen her zu bearbeiten. Es ist beabsichtigt, zu methodisch verallgemeinerbaren Aussagen in den verschiedenen Dimensionen des Themas zu gelangen und damit einen Beitrag zur gegenwärtigen Umbaudiskussion zu leisten. Damit wird darüber hinaus die Absicht verfolgt, die ebenso notwendige wie aktuell dominierende baupraktische, d.h. primär technisch-konstruktive, Auseinandersetzung mit dem Umbauthema zu erweitern und sie kritisch zu reflektieren.

Die vorgeschlagenen Sektionen sollen es ermöglichen, historisch-theoretische und produktionsrelevante Fragestellungen zu integrieren.

I. Zwischen Statement und baulicher Evolution
Das Panel widmet sich der Historie des Umbaus, die im Zusammenhang der jeweiligen Kontexte untersucht wird. Neben einer Geschichte des selbstverständlichen Weiterbaus sollen auch architektonische Konzeptionen berücksichtigt werden, die auf eine bewusste Konfrontation von alt und neu setzen. Die Potentiale, die Interventionen im Bestand bieten, sollen dabei auch mit den destruktiven Aspekten der baulichen Überformung kontrastiert werden.

II. Typologie und Markt
Durch die Transformation von Bestandsgebäuden können Räume entstehen, die sich in Neubauten nicht finden lassen. Dem stehen oftmals höhere Kosten gegenüber. Indem Umbauten aber über die normativen Lösungen der Bauwirtschaft hinausweisen, versprechen sie zugleich ungeahnte Raumangebote, die wiederum auf dem Immobilienmarkt in Anschlag gebracht werden können.

III. Planungsprozesse
Galt der Neubau bislang als Domäne der Architekt:innen, oblag der Umgang mit Bestandsbauten der Denkmalpflege. Sowohl durch eine Dynamisierung des Denkmalbegriffs als auch durch die neue Konjunktur des Umbaus, der bislang als Aufgabe zweiter Klasse galt, muss diese Arbeitsteilung hinterfragt werden. Für das Konzept der Autor:innenschaft ist dieser Wandel ebenso folgenreich wie für das Berufsbild der Architekt:innen und deren Arbeitsstrukturen.

IV. Produktionsprozesse
Während digitale Instrumente die Erfassung von Bestandsbauten vereinfachen, gewinnen auch traditionelle Handwerkstechniken im Bemühen um passgenaue Lösungen an neuer Relevanz. Ebenso können sich die Nutzer:innen als Gestalter:innen einbringen. Können historische Beispiele, auch aus der jüngeren Vergangenheit, hier als Referenz dienen, erscheint es immer entscheidender, dass dabei auch den drängenden ökologischen Fragen Rechnung getragen wird.

V. Material
Mit der Hinwendung zum Bestand geraten auch Fragen nach Reparatur und Recycling verstärkt in den Fokus. Wesentlich ist dabei die umfassende Kartierung der verbauten Materialien. In der Annahme, dass ein Gebäude nicht länger für eine Lebensdauer von 50 Jahren errichtet wird, sondern allein den Ausgangspunkt für nachfolgende Adaptionen darstellt, sollen Stoffkreisläufe ebenso behandelt werden wie Fragen nach Dauerhaftigkeit und Wandelbarkeit.

Die Tagung richtet sich sowohl an Wissenschaftler:innen insbesondere aus den Feldern der Architekturtheorie, der Architektur- und Kunstgeschichte, der Denkmalpflege sowie aus den Gesellschaftswissenschaften, als auch an Vertreter:innen der Entwurfslehrstühle.

Vorschläge (max. 300 Wörter) für Beiträge (max. 20 Minuten) sowie einen kurzen Lebenslauf, reichen Sie bitte bis zum 10.07.2023 ein. Bitte senden Sie die Unterlagen an folgende E-Mail-Adresse: erbentum.de.
Die Auswahl der Beiträge erfolgt bis zum 24.07.2023.

Im Anschluss an die Tagung ist die Herausgabe eines Tagungsbandes als Handbuch zum Thema geplant.

Veranstalter:
Prof. Dr. Dietrich Erben, Technische Universität München, Lehrstuhl für Theorie und Geschichte von Architektur, Kunst und Design.
Prof. Dr. Andreas Putz, Technische Universität München, Professur für neuere Baudenkmalpflege.

Reference:
CFP: Architektur in Transformationsgesellschaften (München, 26-28 Oct 23). In: ArtHist.net, Jun 11, 2023 (accessed Aug 13, 2025), <https://arthist.net/archive/39517>.

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