CONF Sep 8, 2022

Architekturen und Räume der Migration (Wien, 16-17 Sep 22)

Wien, Sep 16–17, 2022

Mona Schieren, Hochschule für Künste Bremen

ARCHITEKTUREN UND RÄUME DER MIGRATION.
Symposium an der Akademie der Bildenden Künste im Rahmen des DFG-Netzwerks Entangled Histories of Art and Global Migration in Kooperation mit IG-Architektur.

Konzipiert und organisiert von:
Burcu Dogramaci (München), Elke Gaugele (Wien), Kerstin Pinther (Berlin) und Mona Schieren (Bremen).

[English version below]

Das Symposium Architekturen und Räume der Migration erforscht Architekturen und Wohnpraxen im Kontext von Migration, Exil und Flucht aus einer inter- und transdisziplinären Perspektive. Architektur und Migration wurden lange Zeit als geradezu antagonistische Prinzipien betrachtet, als kaum miteinander zu vereinbarende Entitäten gefasst. Während Architektur als für Dauerhaftigkeit und Ortsbezogenheit stehend analysiert wurde, brachte man Migration mit Mobilität, Bewegung oder Entwurzelung in Verbindung (Cairns 2004). Besonders unter dem Eindruck wachsender Fluchtbewegungen zeichnet sich eine veränderte Haltung ab, die sich u.a. in Ausstellungen wie „Architectures of displacement“ im New Yorker MoMA 2017 manifestierte. Insbesondere, wenn man einen erweiterten und aktualisierten Begriff von Architektur anlegt, der das Ungeplante, Inoffizielle, Variable und Temporäre einbezieht und damit Fragen nach der Aneignung, Nutzung und Gestaltung (Cupers 2013) erörtert, spannt sich ein weites Untersuchungsfeld auf. In Fortführung einer vorangegangenen Tagung der AG – Design Dispersed. Forms of Migration and Flight – geht es nun um die Verbindungslinien zwischen Migration, Flucht, Exil und (Stadt-)Architekturen sowie Praktiken des Wohnens im 20. und 21. Jahrhundert. Mit dieser ‚Skalierung‘ werden historische emergency shelter oder die Flucht und Exilerfahrung von Bauhaus-Architekten ebenso in den Blick genommen, wie die Architekturen von Flüchtlingscamps, Schutzbehausungen und Designkonzepte zwischen Wohnung und Bekleidung, Wohn- und Einrichtungspraktiken von Migrant/innen und Fragen der Sichtbarkeit von Migration in urbanen Zentren wie sie beispielsweise im Deutschen Pavillon der Architekturbiennale in Venedig 2016 behandelt wurden. Das Symposium hat zum Ziel, anhand drei sich thematisch überschneidender Felder Architekturen und Wohnpraxen im Kontext von Migration, Exil und Flucht aus einer inter- und transdisziplinären Perspektive zu diskutieren. „Architekturen der Migration“ fokussiert auf von und für Migrant/innen geschaffenen Architekturen und urbanen Strukturen. Wie verhält es sich mit einer gestalterischen Produktion von ‚Heimat’? Was zeichnet ihre bauliche Praxis aus? Wie findet ein ästhetisches Place-Making statt? Aber auch die Aufbruchsorte transnationaler Migranten und Migrantinnen sind für eine Bewegungslinie der Migration von Interesse. Insbesondere in den ‚Herkunftsländern‘ führt die Bautätigkeit der Diaspora zu einem neuen architektonischen Mix. Fragen nach Übersetzungen und Umdeutungen schließen sich ebenso an wie die nach sozialen und politischen Dimensionen von Gestaltung, auch in den arrival cities (Saunders 2013). Was zeichnet diese aus?
Die Ebene der „Architekt/innen als kulturelle Agenten und Broker“ (Pinther 2016) schließlich nimmt die Design-Akteur:innen selbst in den Blick. Hier soll die Migration von Architekt/innen im Exils, und die Lokalisierung eines ‚Looking Both Ways’ in ihrem Schaffen thematisiert werden.
Auch „Wohn- und Einrichtungspraxen von Migrant/innen“ ergeben ein spezifisches Forschungsfeld: Wohnen, als vermeintlicher Ort des Privaten, richtet jedoch Zuschreibungen von Ethnie, Körper und Nation ein: Wie formiert sich ein Wohnwissen (Nierhaus 2014), das sich aus Anforderungen und Begehrensstrukturen sowohl der Herkunfts- als auch der Ankunftskontexte speist? Welche Rolle spielen dabei Bedingungen wie Temporalität des Wohnens und prekäre finanzielle Situationen? Zu untersuchen sind hier neben der funktionalen Raumaufteilung, die Repräsentationsfunktion der Raumarrangements und mögliche Umordnungen hinsichtlich Geschlechter- und Generationenaufteilung, aber auch Aspekte wie Möbel(um)nutzungen, technische Ausstattung, Lichtquellen- und führung. Wie werden diese Anordnungen und Wohnpraktiken in diversen Medien hinsichtlich der visuellen Repräsentation von Migration (z.B. Wohnzeitschriften, Filmen, Blogs, Instagram) dargestellt? Inwiefern findet dadurch ein Wissenstransfer zwischen den Communities statt? Und führen diese Prozesse sowohl in den Ankunfts- als auch in den Herkunftskontexten zu neuen, verändernden Wohnpraktiken und Designs? Lässt sich unter Einbezug historischer Analysen von wiederkehrenden Parametern im Wohnwissen sprechen?

PROGRAMM

16. SEPTEMBER 2022
Ort: IG-Architektur, Gumpendorfer Str. 63B, 1060 Wien

9.30 Begrüßung und Einführung

9.45–10.45 Lager und Squats. Infrastrukturen der Ankunft zwischen Kontrolle und Autonomie
Niki Kubaczek und Monika Mokre, Wien

10.45–11.10 Kaffeepause

11.10–11.50 Vienna Arrival City
Fabian Wallmüller, Wien

11.50–12.30 Praktiken der Solidarität
Michaela Geboltsberger, Wien

12.30–14.00 Mittagspause

14.00–15.00 RE:Ukraine system. Architektonische Antworten auf die Herausforderungen des Krieges (in Englisch)
Slava Balbek, Kyiv via zoom: https://akbild-ac-at.zoom.us/j/92246852954?pwd=a0xMeGF4bm01ZGtSTUJQdmN5M0kvZz09
Meeting-ID: 922 4685 2954 Kenncode: 255=0&

15.00–16.00 Konvivialität als Potentialität: Dekoloniale Epistemologien und Trans*Flows (in Englisch)
Marina Grzinic, Tjaša Kancler, Jovita Pristovšek and Sophie Uitz, Wien/Barcelona

16.30–18.30 Favoritenstrasse und Gleis 21 – aktuelle solidarische Wohnprojekte, diverses Wohnen. Stadtspaziergang
Irene Nierhaus, Wien
17. SEPTEMBER 2022
Ort: Akademie der bildenden Künste Wien, IKL-Institutsgebäude, Karl-Schweighofer-Gasse 3, Raum 2.11, 1070 Wien, U2 Museumsquartier

14.00–14.45 Migration Sammeln
Vida Bakondy, Wien

14.45–15.30 Architekturen und Räume der Migration im Kontext türkischer Satirezeitschriften
Esin Akkaya, Wien
16.00–18.30 Stadtplanung, Migration und Raumproduktion. Intersektionales Wohnen im 16. Bezirk, Ottakring. Stadtspaziergang
Amila Širbegović und Danilo Jovanović, Wien

// English version //

ARCHITECTURES AND SPACES OF MIGRATION

Symposium at the Academy of Fine Arts in the context of the DFG network Entangled Histories of Art and Global Migration in cooperation with IG-Architecture

Conceptualized and organized by Burcu Dogramaci (Munich), Elke Gaugele (Vienna), Kerstin Pinther (Berlin) und Mona Schieren (Bremen)

The symposium Architectures and Spaces of Migration explores architectures and housing practices in the context of migration, exile and flight from an inter- and transdisciplinary perspective. Architecture and migration have long been regarded as almost antagonistic principles, and were conceived as entities that hardly could be reconciled. While architecture was analyzed as a site of permanence and place, migration was associated with mobility, movement, or displacing (Cairns 2004). Especially in the light of growing refugee movements, a changed stance emerged, manifesting itself in exhibitions such as "Architectures of displacement" at New York's MoMA in 2017. Especially when applying an expanded and updated notion of architecture that includes the unplanned, unofficial, variable, and temporary, and thus discusses questions of appropriation, use, and design (Cupers 2013), a broad field of inquiry spans. Following up on a previous conference of members of the networks - Design Dispersed. Forms of Migration and Flight - the focus is now on the lines of connection between migration, flight, exile, and (urban) architectures and practices of dwelling in the 20th and 21st centuries. With this 'scaling', historical emergency shelters or the flight and exile experience of Bauhaus architects will be considered, as well as the architectures of refugee camps, shelters and design concepts between housing and clothing, housing and furnishing practices of migrants, and questions of the visibility of migration in urban centers as addressed, for example, in the German Pavilion at the 2016 Venice Architecture Biennale. The symposium aims to discuss architectures and housing practices in the context of migration, exile, and flight from an inter- and transdisciplinary perspective based on three thematically overlapping fields. "Architectures of Migration" focuses on architectures and urban structures created by and for migrants. How does it relate to a design production of 'home'? What characterizes their architectural practice? How does aesthetic place-making take place? But also the places of departure of transnational migrants are of interest for a line of movement of migration. Especially in the 'countries of origin' the building activity of the diaspora leads to a new architectural mix. Questions about translations and reinterpretations follow, as do those about social and political dimensions of design, including in arrival cities (Saunders 2013). What distinguishes these?
Finally, the level of "architects as cultural agents and brokers" (Pinther 2016) focuses on the design actors themselves. Here, the migration of architects in exile, and the localization of a 'Looking Both Ways' in their work will be addressed.
The "housing and furnishing practices of migrants" also result in a specific field of research: housing, as a supposed place of the private, however, sets up attributions of ethnicity, body and nation: How is a knowledge of housing (Nierhaus 2014) formed that is fed by demands and structures of desire from both contexts of origin and arrival? What role do conditions such as the temporality of housing and precarious financial situations play? In addition to the functional division of space, the representational function of the spatial arrangements and possible rearrangements with regard to gender and generational division, but also aspects such as furniture (re)use, technical equipment, light sources and management are to be investigated. How are these arrangements and housing practices represented in various media with regard to the visual representation of migration (e.g. housing magazines, films, blogs, Instagram)? To what extent does this result in knowledge transfer between communities? And do these processes lead to new, changing housing practices and designs in both arrival and origin contexts? Can we speak of recurring parameters in housing knowledge with the inclusion of historical analyses?

PROGRAM
16 SEPTEMBER 2022
Venue: IG-Architektur, Gumpendorfer Str. 63B, 1060 Vienna
9.30 Welcome and Introduction

9.45–10.45 Camps and Squats. Infrastructures of Arrival between Control and Autonomy
Niki Kubaczek and Monika Mokre, Vienna

10.45–11.10 Coffee break

11.10–11.50 Vienna Arrival City
Fabian Wallmüller, Vienna

11.50–12.30 Practices of Solidarity
Michaela Geboltsberger, Vienna

12.30–14.00 Lunch break

14.00–15.00 RE:Ukraine System. Architectural Response to the Challenges of War
Slava Balbek, Kyiv via zoom: https://akbild-ac-at.zoom.us/j/92246852954?pwd=a0xMeGF4bm01ZGtSTUJQdmN5M0kvZz09
Meeting-ID: 922 4685 2954 Kenncode: 255=0&

15.00–16.00 Conviviality as Potentiality: Decolonial Epistemologies and Trans*Flows
Marina Grzinic, Tjaša Kancler, Jovita Pristovšek and Sophie Uitz, Vienna/Barcelona

16.30–18.30 Favoritenstrasse and Track 21 – Contemporary Solidarity Housing Projects, diverse Housing. City walk
Irene Nierhaus, Vienna
17 SEPTEMBER 2022
Venue: Academy of Fine Arts Vienna, IKL, Karl-Schweighofer-Gasse 3, room 2.11, 1070 Vienna

14.00–14.45 Collecting Migration
Vida Bakondy, Vienna

14.45–15.30 Architectures and Spaces of Migration in Turkish Satire Magazines
Esin Akkaya, Vienna

16.00–18.30 Urban Planning, Migration and the Production of Space. Intersectional housing in the 16th district, Ottakring. City walk
Amila Širbegović and Danilo Jovanović, Vienna

Links:
http://www.ig-architektur.at/home.html
https://www.ag-kunst-migration.de/english/dfg-network-entangled-histories/
https://enthisartmig.hypotheses.org

Reference:
CONF: Architekturen und Räume der Migration (Wien, 16-17 Sep 22). In: ArtHist.net, Sep 8, 2022 (accessed Nov 27, 2024), <https://arthist.net/archive/37273>.

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