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Westkunst, 1981: eine Historiografie der Moderne im Ausstellungsformat
Das Deutsche Forum für Kunstgeschichte (DFK Paris) organisiert am 10. und 11. März 2022 einen Workshop über die Ausstellung »Westkunst« und lädt dazu interessierte Wissenschaftler/-innen ein sich zu bewerben.
Unter dem Titel »Westkunst – Zeitgenössische Kunst seit 1939« wurde 1981 eine Großausstellung in den Kölner Messehallen eröffnet. Die von dem Kunstkritiker Laszlo Glozer zusammen mit dem Kurator Kasper König organisierte Schau bestand aus zwölf historischen Sektionen sowie einer zeitgenössischen mit dem Titel »Heute«. Neben Kunstwerken und Archivalien umfassten die 700-800 Exponate auch Nachstellungen von Ausstellungshängungen und Künstlerateliers sowie neun eigens für die Ausstellung realisierte Filme. Insgesamt berief sich der westzentrierte Überblick auf die während des Kalten Krieges politisch stark besetzten avantgardistischen Topoi der ›Freiheit‹ und des ›individuellen Ausdrucks‹. Aus Sicht der Organisatoren stand die Konstellation der historischen Exponate für eine ›zweite Welle der Moderne‹, die durch den Zweiten Weltkrieg hindurch bis ins Jahr 1968 gereicht hätte. Der Ausstellungsthese zufolge bezöge die gezeigte Kunst aus dem ›unverbrauchten‹ Potenzial der Moderne eine anhaltende Zeitgenossenschaft. Der Architekt Oswald Ungers setzte diesen weitgefassten historiografischen Entwurf gestalterisch um. Seine Konzeption beanspruchte die choreografischen Möglichkeiten des Ausstellungsformats, um neben diachronen Bezügen auch die Synchronizität von Kunstpositionen und -bewegungen hervorzuheben. Damit wurde die Behauptung einer zeitgenössischen Qualität der Moderne sinnlich erfahrbar gemacht, und fand in der Betonung der materiellen Präsenz ikonischer Werke eine zusätzliche Bekräftigung.
Gefangen im Blickwinkel des Kalten Krieges unterließ es die damalige Presseberichterstattung, die Art und Weise zu hinterfragen, in der die Ausstellung die Moderne als fortlaufendes Projekt des Westens naturalisierte. Einige Kritiker, u.a. Thomas Strauss, wiesen jedoch auf einen Effekt hin, den wir heute ›Othering‹ nennen würden: Qua Analogie evozierte der Titel »Westkunst« das Konstrukt ›Ostkunst‹. Allgemein betonte die Rezeption die eklatanten, nicht zuletzt auch marktgesteuerten Ausschlüsse. Weder Werke von Künstlerinnen noch engagierte Positionen der 1970er Jahre wurden in der Übersicht angemessen berücksichtigt, was zu öffentlichen Protestaktionen – u.a. von Klaus Staeck und Ulrike Rosenbach – führte.
In den vier Jahrzehnten, die seit »Westkunst« vergangen sind, hat sich die kunsthistorische Forschung vielfach dafür eingesetzt, durch eine globale Perspektive Vorstellungen einer künstlerischen Vormachtstellung des Westens aufzulösen. Zunächst war es darum gegangen, alternative oder ausgeschlossene Stränge der Moderne in den Blick zu nehmen. Anschließend wurden relationale und transkulturelle Prozesse mit verschiedenen geografischen Maßstäben aufgedeckt und damit Annahmen von in sich geschlossenen Kunstphänomenen grundsätzlich unterwandert.
Unser Workshop schlägt vor, die Ausstellung »Westkunst« unter Berücksichtigung dieses Perspektivwandels neu in den Blick zu nehmen. Wir laden dazu ein, die Kölner Schau auf ihren impliziten Universalismus, ihre Analogiebildung und ihre Ausschlüsse zu überprüfen. Davon ausgehend möchten wir analysieren, wie die Großausstellung zur Erhaltung und/oder Veränderung einer wirkmächtigen kunsthistorischen Erzählung beigetragen hat. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass mit »Westkunst« eine ›zweite Welle‹ der westlichen Moderne als ›zeitgenössische Kunst‹ inszeniert wurde. Eine Auseinandersetzung mit diesem historiografischen Verfahren im Ausstellungsformat soll es ermöglichen, nach den Effekten von »Westkunst« zu fragen. Inwiefern setzen sich Narrative dieser Ausstellung implizit in heutigen Ansätzen zur Periodisierung und Historisierung der Kunst im 20. Jahrhundert fort? Lassen sich anhand der Ausstellungsrezeption bereits die Konfliktfelder aufzeigen, die sich der Kuration einer Kunstgeschichte der Moderne im globalen Rahmen aktuell eröffnen?
Eine gemeinsame Neubetrachtung von »Westkunst« soll also dazu dienen, Vorstellungen westlicher Kunsthegemonie anhand eines konkreten Ereignisses zu historisieren und damit die Voraussetzungen der Kunstgeschichtsschreibung in der Gegenwart zu durchleuchten. Folgende Themen sind dabei zentral:
– die historische Situierung des Dialogs mit der Moderne im Rahmen des Kalten Krieges, insbesondere in Hinblick auf die Konstruktion einer kulturellen Identität (West-)Europas;
– die bei der Konzeption, Realisierung und Rezeption der Ausstellung zur Geltung gebrachten kunsthistorischen Narrative, einschließlich ihrer geschichtstheoretischen Prämissen und Effekte;
– der Aufbau der kunsthistorischen Erzählung durch die räumliche und zeitliche Gestaltung der Ausstellung (Werkauswahl, Displayvorrichtungen, Hängung und Choreographie);
– die nationalen und transnationalen Bezüge zu weiteren Ausstellungen (z.B. die documenta 7, 1982; die Ausgaben der Biennale de Paris von 1980 und 1982; die 1996–1997 im Pariser Centre Georges Pompidou veranstaltete Schau »Face à l’Histoire 1933–1996. Engagement, témoignage, vision« etc.);
– die Herausbildung von kritischen Fronten und relevanten Diskussionsparametern für eine Kuration der Moderne im Wandel.
Interessierte Wissenschaftler/-innen sind aufgerufen, bis zum 30. November 2021 für mögliche Beiträge auf Deutsch, Französisch oder Englisch ein Abstract (max. 400 Wörter) sowie eine Kurzbiografie (max. 200 Wörter) unter marnouxdfk-paris.org und Maria.Bremerruhr-uni-bochum.de einzureichen. Reise- und Übernachtungskosten für Referent/-innen können unter bestimmten Voraussetzungen vom DFK Paris übernommen werden.
Wissenschaftliche Organisation: Mathilde Arnoux (Deutsches Forum für Kunstgeschichte, DFK Paris), Maria Bremer (Ruhr-Universität Bochum), Thomas Kirchner (Deutsches Forum für Kunstgeschichte, DFK Paris)
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Call for Papers
Westkunst, 1981: a Historiography of Modernism Exhibited
March 10–11, 2022, German Center for Art History (DFK Paris)
The German Center for Art History (DFK Paris) invites interested scholars to participate in a workshop based on the exhibition "Westkunst" on March 10–11, 2022.
In 1981 a large exhibition opened in the trade fair center in Cologne under the title "Westkunst—Zeitgenössische Kunst seit 1939" (Western Art: Contemporary Art Since 1939). Organized by art critic Laszlo Glozer and curator Kasper König, the show was composed of twelve historical sections and a contemporary one entitled "Heute" (Today). Along with the 700–800 artworks and archival material, the exhibits included reproductions of exhibition presentations and artist studios, and nine films specially created for the event. Overall, the Western-centric survey highlighted the avant-garde and politically charged themes of “freedom” and “individual expression.” From the organizers’ perspective, the collection of historical works represented a “second wave of modernism” that they considered to have been active through World War II and continued until 1968. According to the exhibition’s thesis, the displayed works derived a lasting contemporaneity from modernism’s “unrealized” potential. In a visual and spatial representation appropriate to this ambitious historiographic concept, the architect Oswald Ungers attempted to demonstrate that modernism had contemporary characteristics. His concept was based on the choreographic possibilities offered by the exhibition format to emphasize – in addition to diachronic references – the synchronicity of the various artistic positions and trends of the period in question. The public was thus invited to experience the idea advanced by the curators, a discourse that was reinforced by the emphasis placed on the material presence of the iconic works.
Caught in the Cold War perspective, the press coverage at the time failed to question how the exhibition naturalized modernism as an ongoing project of the West. However, some critics, among them Thomas Strauss, pointed out an effect that today we would call “othering”: the title “Westkunst” evoked the concept of “Ostkunst” (Eastern art) by analogy. In general, in the exhibition’s reception the press tended to emphasize the blatant exclusions, many of which were market-driven. The overview offered by the exhibition took neither works by women artists nor committed positions of the 1970s adequately into account, which led to public protests, including those of Klaus Staeck and Ulrike Rosenbach.
In the four decades that have passed since the "Westkunst" exhibition, art-historical research has often advocated a global approach to dispel the idea of the supremacy of Western art. At first, the focus was placed on alternative or marginal currents of modernism. Subsequently, relational and transcultural processes of varying geographic scales were uncovered, thereby undermining assumptions of self-contained art phenomena.
Our workshop proposes to reexamine the "Westkunst" exhibition in taking this shift in perspective into account. We invite interested scholars to reconsider the Cologne show with a view to its implicit universalism, the analogy it gave rise to, and the exclusions it made. From there, we would like to understand the extent to which way this large exhibition contributed to perpetuate or transform the effective narrative that a certain art history has circulated. In this context, the key element is that "Westkunst" focused on presenting a “second wave” of Western modernism as “contemporary art.” Addressing this historiographic process in the exhibition format should facilitate an investigation of the effects of "Westkunst." To what extent do this exhibition’s narratives implicitly persist in contemporary approaches to the periodization and historicization of 20th-century art? Did the exhibition’s reception already reveal the fields of conflict that arise today by the presentation of an art history of modernism in a global context?
A collective reexamination of "Westkunst" should thus serve to historicize ideas of Western artistic hegemony by focusing on a concrete event and thereby shedding light on the premises of art historiography today. The following topics will be central:
– the historical situatedness of the dialog with modernism in the context of the Cold War, especially with regard to the construction of a cultural identity of (Western) Europe;
– the art-historical narratives asserted in the conception, production, and reception of the exhibition, including their historical-theoretical premises and effects;
– the construction of the art-historical account through the spatial and temporal design of the exhibition (selection of works, manner and order of display, and choreography);
– national and transnational references to other exhibitions (e.g., documenta 7, 1982; the 1980 and 1982 editions of the Biennale de Paris; and the 1996–1997 exhibition "Face à l’Histoire 1933–1996: Engagement, témoignage, vision," presented at the Centre Pompidou in Paris);
– the development of critical fronts and relevant discussion parameters for the curation of modernism, today in transition.
Interested scholars are requested to submit an abstract (max. 400 words) of a possible contribution and a short biography (max. 200 words) in German, French, or English to marnouxdfk-paris.org and Maria.Bremerruhr-uni-bochum.de by November 30, 2021. Travel and accommodation costs for speakers may be covered by the DFK Paris under certain conditions.
Workshop organizers:
Mathilde Arnoux (German Center for Art History, DFK Paris),
Maria Bremer (Ruhr-Universität Bochum),
Thomas Kirchner (German Center for Art History, DFK Paris)
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Appel à contributions
Westkunst, 1981 : une historiographie de la modernité mise en exposition
10 et 11 mars 2022, Centre allemand d’histoire de l’art (DFK Paris)
Le Centre allemand d’histoire de l’art (DFK Paris) organise les 10 et 11 mars 2022 un atelier de recherche sur l’exposition « Westkunst » et invite les chercheuses et chercheurs intéressés à y apporter leur contribution et à nous soumettre leur candidature.
Sous le titre « Westkunst – Zeitgenössische Kunst seit 1939 » [Art de l’Ouest – Art contemporain depuis 1939], une grande exposition s’est ouverte en 1981 dans les halles du parc des expositions de Cologne. Conçue par le critique d’art Laszlo Glozer et le commissaire Kasper König, elle se composait de douze sections historiques et d’une section contemporaine, intitulée « Heute » [Aujourd’hui], et présentait quelque 700 à 800 pièces. On pouvait y découvrir, en plus d’une sélection d’œuvres d’art et de documents d’archives, des reconstitutions d’accrochages d’expositions et d’ateliers d’artistes, ainsi que neuf films réalisés spécialement pour l’occasion. Dans l’ensemble, ce panorama centré sur l’Ouest mettait en avant les thèmes avant-gardistes de la « liberté » et de l’« expression individuelle », à forte connotation politique. Pour les organisateurs, la constellation des œuvres historiques exposées était représentative d’une « seconde vague de la modernité » qui s’était déployée selon eux jusqu’en 1968, en traversant la Seconde Guerre mondiale. Puisant dans le potentiel « non consommé » de la modernité, l’art qu’on montrait à Cologne possédait, telle était en somme la thèse de l’exposition, une contemporanéité capable de durer dans le temps. L’architecte Oswald Ungers s’appliqua à donner une traduction visuelle et spatiale adéquate à cet ambitieux projet historiographique qui entendait montrer que la modernité avait des traits contemporains. Sa conception prenait appui sur les possibilités chorégraphiques du format d’exposition pour souligner, parallèlement aux rapports de diachronicité, la synchronicité qui caractérisait en outre les diverses personnalités et courants artistiques de la période visitée. Le public était invité à faire ainsi l’expérience sensible de l’idée défendue par les commissaires, un discours que venait encore renforcer l’accent mis sur la présence matérielle des œuvres iconiques présentées.
Piégés dans la perspective de la Guerre froide, les articles et recensions qui parurent à l’époque omirent de s’interroger sur la façon dont l’exposition naturalisait la modernité, en tant que projet continu de l’Occident. Quelques critiques, dont Thomas Strauss, pointèrent cependant du doigt un effet que nous appellerions aujourd’hui « Othering » : le titre « Westkunst » [Art de l’Ouest] faisait lever, par analogie, le concept d’un « art de l’Est ». On souligna généralement dans la presse les exclusions frappantes, dont beaucoup étaient d’ailleurs gouvernées par le marché. La vue d’ensemble que proposait l’exposition ne prenait pas en compte comme il aurait fallu ni les œuvres d’artistes femmes, ni les démarches engagées des années1970, ce qui entraîna des protestations publiques – notamment celles que firent entendre Klaus Staeck et Ulrike Rosenbach.
Au fil des quatre décennies qui se sont écoulées depuis l’exposition « Westkunst », la recherche en histoire de l’art a beaucoup œuvré pour dissiper, en misant sur une approche globale, les idées d’une hégémonie artistique de l’Ouest. Il s’est agi dans un premier temps de prêter attention à certains courants alternatifs ou marginaux de la modernité. On a mis ensuite au jour, à différentes échelles géographiques, des processus relationnels et transculturels, ce qui a fait vaciller sur leurs bases les hypothèses de phénomènes artistiques autonomes et refermés sur eux-mêmes, sans rapports ni interférences les uns avec les autres.
Notre atelier de recherche entend poser un regard neuf sur l’exposition « Westkunst », en tenant compte de ce changement de perspective. Nous invitons à réexaminer la manifestation de Cologne pour en évaluer l’universalisme implicite, l’analogie à laquelle elle a donné naissance et les exclusions qu’elle a opérées. À partir de là, nous aimerions comprendre dans quelle mesure cette grande exposition a contribué à maintenir ou à modifier le récit efficace qu’une certaine histoire de l’art a fait circuler. À cet égard, il est déterminant que l’exposition « Westkunst » se soit appliquée à mettre en scène une « seconde vague de la modernité » en tant qu’« art contemporain ». C’est en analysant la manière dont ce processus historiographique s’est accompli sous la forme et au format d’une exposition que l’on pourra s’interroger sur les effets de « Westkunst ». Dans quelle mesure les récits induits par cette exposition se poursuivent-ils implicitement dans les approches actuelles visant à la périodisation et à l’historicisation de l’art du XXe siècle ? La réception de « Westkunst » fait-elle déjà apparaître les zones de conflits qui s’ouvrent aujourd’hui lorsqu’on veut exposer l’histoire de l’art de la modernité dans un contexte global ?
Réexaminer ensemble l’exposition « Westkunst » nous permettra donc d’historiciser l’idée d’une hégémonie artistique occidentale en prenant appui sur un événement concret et d’éclairer ainsi les présupposés d’une historiographie de l’art à l’époque actuelle. Une place centrale sera réservée à cet égard aux thèmes suivants :
– la situation historique du dialogue avec la modernité dans le cadre de la Guerre froide, en nous intéressant en particulier à la construction d’une identité culturelle de l’Europe (de l’Ouest) ;
– les récits qu’on a fait valoir, en matière d’histoire de l’art, lors de la conception, de la réalisation et de la réception de l’exposition « Westkunst », y compris leurs prémisses et leurs effets sur le plan théorique ;
– la construction de ce récit relatif à l’histoire de l’art à travers la conception spatiale et temporelle de l’exposition (choix des œuvres, dispositifs de présentation, accrochage et chorégraphie) ;
– les relations nationales et transnationales avec d’autres expositions (par exemple la documenta 7, 1982 ; les éditions 1980 et 1982 de la Biennale de Paris ; l’exposition « Face à l’Histoire (1933-1996). Engagement, témoignage, vision » présentée en 1996-1997 au Centre Georges Pompidou à Paris ; etc.) ;
– la constitution de fronts critiques et l’émergence de paramètres de discussion décisifs concernant la question d’exposer la modernité, un champ aujourd’hui en pleine mutation.
Les chercheuses et chercheurs désireux de participer à l’atelier et d’y donner une communication en allemand, en français ou en anglais sont invités à nous soumettre avant le 30 novembre 2021 un résumé de leur intervention (400 mots max.) et une courte biographie (200 mots max.) à l’adresse marnouxdfk-paris.org et Maria.Bremerruhr-uni-bochum.de. Les frais de voyage et d’hébergement des intervenants pourront être pris en charge à certaines conditions par le DFK Paris.
Organisation scientifique :
Mathilde Arnoux (Centre allemand d’histoire de l’art, DFK Paris),
Maria Bremer (Ruhr-Universität Bochum),
Thomas Kirchner (Centre allemand d’histoire de l’art, DFK Paris)
Quellennachweis:
CFP: Westkunst, 1981 (Paris, 10-11 Mar 22). In: ArtHist.net, 08.10.2021. Letzter Zugriff 26.12.2024. <https://arthist.net/archive/35005>.