ANN May 31, 2012

Vortragsreihe zur Ausstellung "Der frühe Dürer" (Nürnberg, Jun-Jul 12)

Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, Jun 6–Jul 26, 2012

Dr. Andrea Langer, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

Die verlorene Ehre der Katharina Fürleger
Prof. Dr. Christopher S. Wood
Mi 06.06.2012, 19:00 Uhr
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1497 fertigte Dürer zwei Gemälde, deren Porträtierte bislang auf Grund des Wappens als Töchter der Nürnberger
Familie Fürleger identifiziert worden sind. Wood geht der Frage nach, ob es sich womöglich um ein und dieselbe
Frau handelt. Das erste, in Berlin verwahrte Gemälde zeigt die Frau mit modisch hochgestecktem Haar und
erweist sich als konventionelles Gesellschaftsporträt. Das zweite Gemälde aus Frankfurt bildet dagegen eine Frau mit offenem Haar und fromm abgewandtem Blick ab. Es handelt sich um ein Kryptoporträt, d. h. um das
Bild eines Menschen, das in ein mythologisches oder religiöses Thema eingebettet ist. Die Frau erscheint hier
in Pose und Gewand einer Heiligen. Unter Verzicht auf die modische Frisur verwandelt sich die junge Frau in ein
Künstler-Modell, auf welches der Maler seine Vorstellung von Heiligkeit projiziert. Diese Arbeit am lebenden Modell lässt sich in der Zeit um 1500 nur für sehr wenige Künstler
nachweisen.
Christopher Wood ist Professor am Lehrstuhl für Kunstgeschichte
der Yale Universität in New Haven.
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Dürers Schädel. Die makabere Geschichte vom Nürnberger Dürergeschenk,das in München keiner haben wollte
Dr. Thomas Eser
Mi 27.06.2012, 19:00 Uhr
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Als der Referent vor zwei Jahren den seltsamen Eintrag im Bibliothekskatalog der „Königlichen Bibliothek zu Dresden“
las, bestellte er sofort eine Kopie: „Die Auslieferung des entwendeten Kopfes Albrecht Dürers betreffend“, steht darin knapp und missverständlich über eine Handschrift,
die ein Ereignis von 1825 betrifft. Ist die Rede von einem gemalten Kopf? Gar einem Selbstbildnis? Oder einem unbekannten Porträt, das Dürer gemalt hatte, und das im 19. Jahrhundert gestohlen worden war? Von Dürers
physischen Überresten konnte doch kaum die Rede sein. Und doch: Als wenig später die Kopie der Dresdner Handschrift eintraf, ließ sich eine gar nicht romantische Episode der frühen Dürer-Romantik rekonstruieren, in der
es um Grabschändung und Schädelforschung ebenso geht wie – mit Bitte um Verschwiegenheit (!) – um eine „sehr hohe Person“, vermutlich in München. Im Vortrag wird das Geheimnis gebrochen.
Thomas Eser ist Leiter der Sammlung Wissenschaftliche Instrumente am Germanischen Nationalmuseum und
Kurator der Ausstellung „Der frühe Dürer“.
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1498 – Albrecht Dürer and the Quest for Fame
Prof. Dr. Jeffrey Chipps Smith
Mi 04.07.2012, 19:00 Uhr
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When assessing an artist’s career, certain moments stand out for their exceptional creativity or dramatic change. Albrecht Dürer truly came of age in 1498. The technical virtuosity and visual complexity of his prints suddenly surpassed those of any rival. Only three years after his first tentative engravings, Dürer produced the Sea Monster and Hercules at the Crossroads, works of remarkable
sophistication. The Apocalypse, the first book designed and published by an artist, quickly established his fame
across Europe. Hired agents sold his prints, a commercial practice with few precedents. Around 1498 he was
collaborating with local artists, painting portraits, and executing altarpieces. His nudes and perspective experiments anticipate his future theoretical interests. Dürer’s
ambition culminated in his remarkable Self-Portrait, now in Madrid, and how he chose to fashion himself.
Jeffrey Chipps Smith holds the Kay Fortson Chair in European Art at the University of Texas at Austin.
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„Antigisch Art“
Prof. Dr. Jürgen Müller
Do 26.07.2012, 19:00 Uhr
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Dürers Stellung zur Antike war schon häufig Gegenstand der Forschung. Aby Warburg erarbeitete in Auseinandersetzung mit der Kunst des Nürnbergers seine Vorstellung der Pathosformel. Erwin Panofsky hingegen wies in diesem Zusammenhang auf die immense Bedeutung der Druckgraphik als Vorbild hin. Im Vortrag soll versucht werden, das Problem der entstehenden Genrekunst mit antiken Vorbildern in Verbindung zu bringen. Den Ausgangspunkt
dafür bildet die Bremer Zeichnung des Frauenbades von 1496, die als eine der frühesten Genredarstellungen überhaupt erachtet werden kann. Darüber hinaus sollen die später entstandenen Bauerndarstellungen und einige Briefe an Willibald Pirckheimer aus Venedig hinzugezogen werden.
Jürgen Müller hat den Lehrstuhl für Kunstgeschichte, Schwerpunkt Neuzeit und Moderne an der Technischen
Universität Dresden inne.

Reference:
ANN: Vortragsreihe zur Ausstellung "Der frühe Dürer" (Nürnberg, Jun-Jul 12). In: ArtHist.net, May 31, 2012 (accessed Jun 2, 2025), <https://arthist.net/archive/3398>.

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