ANN Oct 22, 2010

Altonaer Museum im Fokus der Forschung (Hamburg, 7 Nov 10)

Vanessa Hirsch

Wissenschaftlicher Salon: Das Altonaer Museum im Fokus der Forschung

07.11.2010, Beginn: 12 Uhr, Ende: 16 Uhr
Museumseintritt, Ort: Forum im Altonaer Museum

Normalerweise assoziiert man Museen mit Ausstellungen. Der
"Wissenschaftlichen Salon" gewährt einen Blick hinter die Kulissen des
Altonaer Museums und zeigt, dass wissenschaftliches Arbeiten ganz wesentlich
zum Rang des Hauses beiträgt. Wissenschaftler berichten aus ihren Projekten
und erläutern die Bedeutung des Museums vor dem Hintergrund der aktuellen
kulturpolitischen Situation.

Bei Antje Schmidt, die aus ihrer fast fertiggestellten kunsthistorischen
Dissertation über den Bau und die Konzeption des Altonaer Museums berichtet,
ist das Museum selbst zum Forschungsgegenstand geworden. Ausgangspunkt für
die Arbeit war eine Ausstellung zur Baugeschichte des Altonaer Museums, die
sie mit kuratiert hatte. Prof. Norbert Fischer hat mit seinen Forschungen
über die Mentalitätsgeschichte der Nordsee als einer der Kuratoren zur
Ausstellung "Land am Meer. Die Küsten von Nord- und Ostsee" beigetragen.
Aktuell beforscht der Volkskundler die Bauernstuben des Altonaer Museums.
Beide Projekte, die beispielhaft für die engen Verbindungen zwischen dem
Museum und der Universität Hamburg stehen, wird er in seinem Vortrag
vorstellen. Als ehemaliger Stiftungsrat und Mitglied des Wissenschaftlichen
Beirats des Altonaer Museums ist Prof. Achatz von Müller ein intimer Kenner
des Museums und Katalysator seiner 2005 begonnenen Reform. Der an der
Universität Basel lehrende Historiker hat über das Verhältnis von Kultur und
Ökonomie geforscht und wird seine Erkenntnisse auf den "Fall Altonaer
Museum" anwenden. Auch Prof. Franklin Kopitzsch ist dem Altonaer Museum eng
verbunden. Der Hamburger Historiker hat vielfach Beiträge für
Ausstellungskataloge geliefert und das Museum als Berater für
Ausstellungskonzepte unterstützt. Außerdem ist Prof. Kopitzsch als
ehemaliger Fachsprecher für Kultur der SPD Fraktion und als ehemaliges
Mitglied im Kulturausschuss in der Hamburger Bürgerschaft ein exzellenter
Kenner der Kulturpolitik in der Hansestadt. Den kulturpolitischen Kontext
der aktuellen Schließungspläne wird er historisch einordnen.

Antje Schmidt M.A.: Die Bildung der Nation im Altonaer Museum von 1901

Immer wieder wird dem Altonaer Museum seine regionale Ausrichtung
bescheinigt. Schon der erste Direktor Otto Lehmann betonte diese, um sich
gegenüber den Museen der Nachbarstadt Hamburg abzugrenzen. In dem Vortrag
wird die These vorgestellt, dass es sich bei dem Museumsbau und der
Konzeption der Ausstellung des Museums von 1901 allerdings um weit mehr
gehandelt hat, als um einen regionalen Bezug. Es ging um nicht weniger als
die Konstruktion einer nationalen Identität.

Prof. Dr. Norbert Fischer (Universität Hamburg): Zwischen Land und Meer:
Lebenswelten in Norddeutschland

Der Vortrag liefert einen Einblick in die Erforschung jener Landschaften,
die das Sammelgebiet des Altonaer Museums ausmachen. Norddeutschland ist in
besonderem Maß von unterschiedlichen Landschaften gekennzeichnet: Die
Marschen an der Nordseeküste bringen andere Lebensbedingungen hervor als die
höher gelegene Geest. Die Menschen haben sich jeweils angepasst: Sie lernten
mit Ebbe und Flut umzugehen, kultivierten die fruchtbaren Marschenflächen
durch den Bau von Deichen und nutzten Meer und Flüsse zur Fischerei und als
Verkehrswege. Häfen und Seebäder entstanden. Die Wohnbauten überliefern bis
heute die unterschiedlichen Lebenswelten zwischen Land und Meer.

Prof. Dr. Achatz von Müller (Universität Basel): Die Ökonomisierung der
Kultur. Warum das Altonaer Museum erhalten bleiben sollte, aber nicht
soll

Kultur und Ökonomie sind spannungsreiche Geschwister im Prozess der
europäischen Gesellschaftbildung. Beide stehen auf unterschiedliche Weise
für Markierungen wie "Entwicklung" und "Moderne". Dabei hat sich Kultur
stets als die wesentliche Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung
erwiesen. So wie Ökonomie als das wesentliche Element kultureller Freiheit
erschien. Der ärgste Feind aber aller Kultur wird Ökonomie dann, wenn sie
beginnt, Kultur durch Ökonomisierung nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen und
Politik dazu den Takt schlägt.

Prof. Dr. Franklin Kopitzsch (Universität Hamburg): Gegen
Geschichtsvergessenheit und kulturpolitischen Dilettantismus. Für den
Erhalt des Altonaer Museums

Wer das Altonaer Museum schließt, gefährdet die gesamte Stiftung Historische
Museen Hamburg, beendet in leichtfertiger Weise die Tradition eines auch
überregional - insbesondere für Schleswig-Holstein und Dänemark - wichtigen
"Norddeutschen Landesmuseums" mit bedeutenden Entwicklungspotenzialen für
die Stadt und für die Metropolregion Hamburg. Hamburgische Geschichte ist
nicht nur die Geschichte Hamburgs, sie ist auch die Geschichte Altonas,
Bergedorfs, Harburgs und Wandsbeks. Gerade die in Deutschland einzigartige
Geschichte Altonas in Konkurrenz und Symbiose mit dem Nachbarn Hamburg
braucht einen Ort der Forschung, der Sammlung, Präsentation und Vermittlung.
Altona als Freistatt des Glaubens und Gewerbe, als wichtiger Ort in der
Geschichte der Juden, als zweitgrößte Stadt im dänischen Gesamtstaat nach
Kopenhagen, als frühe Hochburg der Arbeiterbewegung und als Modell moderner
Kommunalpolitik unter Max Brauer und Gustav Oelsner darf nicht in
Vergessenheit geraten. 2013 würde das Altonaer Museum 150 Jahre alt, 2014
wäre an 350 Jahre Stadtrechte Altonas zu erinnern. Archive, Bibliotheken und
Museen sind das Gedächtnis einer Stadt und Region. Sie gilt es zu bewahren
und zu stärken, nicht zu vernichten.

WIR SIND DAS ALTONAER MUSEUM

Die Proteste dauern an: 42.000 Unterschriften gegen die geplante Schließung
liegen vor.

Onlinepetition unter: wwww.altonaermuseum.de
Informationen über die vielen weiteren Aktionen zum Erhalt des Museums
unter:
http://www.facebook.com/pages/Altonaer-Museum-Offen-bleiben/
163045337043629

Spenden zum Erhalt des Altonaer Museums und für die Finanzierung der Aktion
"Wir sind das Altonaer Museum!" bitte auf folgendes Konto:
Freunde des Altonaer Museums e.V.
Hypo Vereinsbank, BLZ 200 300 00, Kontonr. 1687400
Verwendungszweck "Wir sind das Altonaer Museum"

Reference:
ANN: Altonaer Museum im Fokus der Forschung (Hamburg, 7 Nov 10). In: ArtHist.net, Oct 22, 2010 (accessed Jul 16, 2025), <https://arthist.net/archive/33042>.

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