Zum Tod von Claude Schaefer (13.8.1913 - 21.2.2010)
Wie erst spät bekannt wurde, ist der Kunsthistoriker Claude Schaefer
(geb. Klaus Schäfer) am 21. Februar 2010 in einem Pariser Krankenhaus
gestorben. Er wurde 96 Jahre alt. Geboren am 13.8.1913 wuchs er als
einziges Kind von Selma und Paul Schäfer in Breslau auf. Der Vater war
ein arrivierter Zahnarzt, die Mutter unterrichtete als Klavier- und
Musiklehrerin. Bereits als Schüler war Schaefer klar, daß er das Studium
der Kunstgeschichte absolvieren wollte. So besuchte er nach Schulschluss
kunsthistorische Vorlesungen an der Breslauer Universität und
unmittelbar nach seiner Reifeprüfung am 17.2.1932 begann er in Hamburg
und München Kunstgeschichte zu studieren. Dank eines
Empfehlungsschreibens des Philosophen Ernst Cassirer wurde Erwin
Panofsky sein Lehrer und Mentor in Hamburg. Vorlesungen in den frühen
30er Jahren in München, die unverhohlen mit antisemitischen Parolen
durchtränkt waren, überzeugten ihn davon, daß Schlimmeres bevorstand.
Seine Eltern versuchte er fortan davon zu überzeugen Deutschland zu
verlassen, was sie jedoch erst 1936 unter erschwerten Bedingungen taten.
Sie gelangten von Deutschland über die Schweiz ins Exil nach Montevideo,
Uruguay. Schaefer entschied sich 1933, wegen der politischen
Verhältnisse und des unerträglich werdenden Antisemitismus, nach Paris
zu gehen. Er studierte dort bis 1939 an der Sorbonne, wurde Schüler von
Henri Focillon (1881-1943) und lernte den Kunsthistoriker Max Raphael
(1889-1952) kennen. Raphael, der eine marxistische Kunstwissenschaft
vertrat und geformt hat, wurde Schaefer zum Lehrer, Freund und
Begleiter. Dem engen persönlichen Austausch zwischen den beiden in
Paris, folgte später ein reger Briefwechsel, der heute im Warburg Haus
in Hamburg aufbewahrt wird. Schaefers finanziell abgesicherte Lage fing
Raphael, vor allem in dessen New Yorker Exil, des Öfteren auf. Die Bande
zwischen Raphael und Schaefer gingen soweit, daß Raphael Schaefer zum
Nachlassverwalter seiner Schriften bestimmte. Gemeinsam mit Raphaels
Frau Emmy (geb. Dietz) liess Schaefer Raphaels Schriften im Germanischen
Nationalmuseum Nürnberg verwahren. Nachdem sich Schaefer von 1939-1941
in der französischen Fremdenlegion verpflichtet hatte, folgte er seinen
Eltern 1942 ins uruguayische Exil nach Montevideo. Dort unterrichtet er
von 1942-1946 an dem Französischen Gymnasium Kunstgeschichte und
schreibt zur gleichen Zeit Kunstkritiken für das linksgerichtete Journal
"La Mañana". Nach Aufenthalten in Argentinien (1948-1950), Chile
(1951-1957), Uruguay (1957), USA (Brandeis University 1961 und Chatham
College, Pittsburgh 1962-1963) sowie zahlreichen Vorträgen u.a. in New
York, Berlin und Buenos Aires ging er nach Montréal (Kanada). An der
dortigen Universität war er von 1963-1972 Professor und arbeitete
intensiv an seiner großen Schrift über Jean Fouquet (1420-1481), die
1994 unter dem Titel "Jean Fouquet. An der Schwelle zur Renaissance" im
Verlag der Kunst in Dresden publiziert wurde. Mit seiner zweiten Ehefrau
Denise Hazera zog Schaefer nach Frankreich und unterrichtete an der
Universität in Tours bis zu seiner Emeritierung 1978. Bis zu seinem Tod
förderte er Magister und Dissertationsarbeiten und wußte aus
persönlichen Begegnungen mit Cassirer, Panofsky, Raphael, Focillon,
Klibansky, Marcuse, Heinrich Blücher (dem Ehemann Hannah Arendts)
lebendig zu erzählen. Mit ihm starb nicht nur ein bedeutender
Kunsthistoriker, sondern auch ein großer Humanist und Zeitzeuge des 20.
Jahrhunderts und ein persönlicher Freund und Begleiter, der nicht
vergessen wird.
Wilma Lukatsch
Quellennachweis:
Claude Schaefer (1913-2010). In: ArtHist.net, 06.09.2010. Letzter Zugriff 08.05.2025. <https://arthist.net/archive/32933>.