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Internationale Tagung, Schloß Benrath
Herbst 2009
Paradies - Akademie - Ökonomie
Garten(t)räume zwischen Kultur und Natur
Die Tagung soll einen aktuellen kulturellen Aspekt der Neuzeit (seit
ca. 1600) fokussieren. Im Zentrum steht die Frage, wie in dieser Zeit
das Spannungsverhältnis von Kultur und Natur im Diskurs der (vornehmlich
europäischen) Garten(t)räume verhandelt wurde und in welcher Form diese
Diskurse zur Ausbildung eines gegenwärtigen Natur- und Kulturbewußtseins
beitrugen. Aus diesem Kontext ergeben sich einige Fragen: Welche Rolle
spielte die Einbeziehung oder Ausgrenzung des Komplexes Natur
(Stichworte: Domestizierung, Botanisierung, Ökonomisierung)? Finden sich
in der Neuzeit Ansätze zur kontrapunktischen Infragestellung der bis
heute wirksamen, ungleichwertige Territorien absteckenden ‚Semantik
asymmetrischer Gegenbegriffe’ (Koselleck) - man denke an die
Oppositionen von Nutzen und Erfreuen, Zivilisation und Barbarei, Ordnung
und Unordnung, Innen und Außen -, oder schreibt sie diese Semantik nur
fort? Mit welchen Mitteln und zu wessen Gunsten wird dieser Diskurs
bestritten?
Wie die Polyvalenz des eingeklammerten Buchstabens im Untertitel
signalisiert, soll es nicht darum gehen, die umfangreiche Literatur zu
und über Gärten sowie die zahlreichen Gärtenräume affirmativ als Loci
der gelungenen kulturellen Einhegung der Natur zu verstehen - vielmehr
soll unter Berücksichtigung auch bislang verschütteter Texte oder
unbeachtet gebliebener Debatten der Blick auf die politischen,
ästhetischen, philosophischen und historischen Implikationen der
Aushandlungsdiskurse von Natur und Kultur im Modus von ‚Garten‘
beleuchtet werden.
Die folgenden Schwerpunkte sind geplant:
1) Die Einhegung der Natur im Garten
Das dialektische Spannungsverhältnis von ‚Kultürlichkeit’ und
‚Natürlichkeit’ läßt sich an den zahlreichen seit der Mitte des
18. Jahrhunderts entstehenden Hof-, Universitäts- und Volksgärten
ablesen: einerseits gilt es, Natur zu domestizieren, andererseits soll
ein Eindruck von ungezwungener Natürlichkeit evoziert werden. Wie
bewerkstelligen nun die Institutionen von Hof, Staat und Wissenschaft
die diskursive Aushandlung dieses Spannungsverhältnis? Thematisiert
werden sollen Ordnungsschemata (Stichwort Natura mutandis:
Veränderungen, Mutationen, Krankheiten); die Bedeutung der
Naturwissenschaften (Stichwort Ordo Natura: Bürokratisierung der Natur);
2) Historische Tiefensemantiken
Gefragt sind Beiträge, die dieses Spannungsverhältnis thematisieren und
im weiteren Sinne einen Bezugsrahmen zum Thema „Garten(t)räume“
aufweisen können, etwa Natur- und Kulturdiskurse am Beispiel der
Gartenreiche seit der Antike (die Antithese von Antike und Moderne im
Hinblick auf ihre diskursiven Strukturen und semantischen Funktionen).
Epochal sind folglich keine Grenzen gesetzt; ein Schwerpunkt sollte
allerdings auf dem 18. Jahrhundert liegen bzw. das Spannungsverhältnis
der Epochenbezüge - etwa zwischen Kultur- und Naturvorstellungen in
Gartenreichen des 18. und 19. Jahrhunderts - fokussiert werden.
Gleichzeitig sollen die einzelnen Beiträge einen kritischen Blick auf
die eigene gegenwartsgebundene Perspektive und die mögliche
Idealisierung älterer Vorstellungen des Komplexes von Natur und Kultur
thematisieren (Stichwort Natura virginis: Illusion der Unberührten
Natur)
3) Synchrone Tiefensemantiken
Die Aufdeckung der epochalen Tiefendimensionen: Mit welchen
unterschiedlichen Nationenvorstellungen verbinden sich Natur- und
Kulturimagi (etwa Italien vs. Deutschland); soziale Stratifikationen mit
ihren jeweiligen Formierungen des Natur-Kultur-Diskurses (welche
Angehörigen sozialer Schichten verhandeln auf welche Weise den
Naturdiskurs in Gärten); eignet dem Naturbegriff eine ökologische
Komponente; lassen sich verschiedene Geschlechterdiskurse dem Verhältnis
von Garten und Natürlichkeit zuordnen (Frauen als Gärtnerinnen; Männer
als Botaniker).
Organisationsform/ Zeitplan:
Vorgesehen sind etwa 20 Vorträge in deutscher und englischer Sprache.
Für den Vortrag mit Diskussion sind 60 Minuten eingeplant; die
Vortragsdauer sollte bei 35 Minuten liegen. Die überarbeiteten Vorträge
werden publiziert.
Tagungsort:
Schloß Benrath
40597 Düsseldorf
Benrather Schlossallee 102
Kontakt:
gabriele.uerschelnstadt.duesseldorf.de
Reference:
CFP: Garten(t)raeume (Duesseldorf Herbst 2009). In: ArtHist.net, Oct 5, 2008 (accessed Sep 22, 2025), <https://arthist.net/archive/30933>.