dragged down into lowercase (abgetaucht)
Ausstellung und Sommerakademie im Zentrum Paul Klee in Bern
Kuratiert von Clémentine Deliss und Oscar Tuazon
Was geschieht, wenn man auf einer Wiese einen Ausstellungsraum in die Erde
gräbt, und zwar auf einer Wiese in Bern, einer Stadt, die für ihren
Bärengraben aus dem 16. Jahrhundert und ihr gotisches Münster berühmt ist?
Da kommen einem frühe Gartenarchitekturen, Gräberfelder, Krypten,
Kellerverstecke in den Sinn. Handelt es sich hier etwa um eine
archäologische Grabung, die ein überraschendes Sammelsurium von Artefakten
unterschiedlicher Kulturen zutage fördert? Ist es an die 1960er und
1970er-Jahre angelehnte Land-Art? Oder gar eine moderne Kehrichtdeponie?
Was könnte einem noch in den Sinn kommen beim Anblick einer schlichten
Handlung wie der, Kunstwerke im Boden zu versenken?
dragged down into lowercase (abgetaucht) ist das Konzept von Clémentine
Deliss und Oscar Tuazon für die Sommerakademie 2008 im Zentrum Paul Klee.
Als Team arbeitend haben sie führende KünstlerInnen und Intellektuelle
nach Bern eingeladen, um vermittels neuer Kunstprojekte über die
Konnotationen des underground sowie unterschiedliche theoretische und
kulturelle Positionen nachzudenken. Elf eingeladene KünstlerInnen aus
Belgien, Deutschland, Grossbritannien, Österreich, Russland, der Schweiz,
den USA und Weissrussland zeigen ihre neuen Arbeiten und Performances im
Freiluft-Ausstellungsgelände, das von Oscar Tuazon entworfen worden ist.
Die Ausstellung findet in der parkähnlichen Umgebung des Zentrum Paul Klee
in einer dreiecksförmigen, in den Boden eingelassenen Struktur statt -
umgeben von einer zwei Meter hohen Wand aus Brettern, die die britischen
Künstler Heather und Ivan Morison aus lokal produziertem Holz gesägt
haben. Eine 4,5 Meter hohe Skulptur, zeltähnliche Strukturen, eine
Klanginstallation, unsichtbarer technologischer Input und Bezüge zur
Geschichte der Stadt Bern bilden weitere Bestandteile dieser
ungewöhnlichen Werkschau.
Die internationale Fakultät der Sommerakademie hält öffentliche
Vorlesungen und nimmt an Diskussionen teil; auch Club Nights gehören zum
Programm. Zu den Dozenten gehört auch Kurator Erik Fredericksen aus
Seattle. Er stellt den „Ha-Ha“ vor, einen zuerst im englischen Gartenbau
des 18. Jahrhunderts beliebten, verborgenen Graben, der sich nun einer
Wiederbelebung bei staatlichen Sicherheitsmassnahmen erfreut. Joe Scanlan
ist bekannt für seine online-Verkäufe von selbstgebauten Särgen. Er
veranstaltet einen Workshop zu den Themen „Classism“,
Low-tech-Wirtschaftsformen und Überleben als zeitgenössischer Künstler.
Martin Kimani, Konfliktforscher aus Nairobi, hinterfragt die
museologischen Implikationen von Genozid und Gedächtnis, auch und vor
allem im Hinblick auf jüngste Kriegshandlungen. Der Schweizer Künstler
Christoph Büchel und die US-Konzeptkünstlerin Adrian Piper befassen sich
besonders mit den jungen KünstlerInnen der diesjährigen Sommerakademie.
Der Kurator Giovanni Carmine leitet eine zweitägige Exkursion in die
Schweizer Berge, während der einige historische Réduits und Bunker
entdeckt werden können. Schliesslich moderiert Philippe Pirotte an der
Kunsthalle Bern eine Debatte zum Thema Kunstmarkt und underground.
Clémentine Deliss und Oscar Tuazon runden das Programm mit Vorträgen auf
Englisch und Deutsch ab.
Eingeladene KünstlerInnen: Aaron Flint Jamison (USA), Michael Höpfner (A),
Irina Korina (RUS), Alexej Koschkarow (BY), Heather und Ivan Morison (GB),
Avigail Moss (USA), Lucy Pawlak (GB), Pamela Rosenkranz (CH), Robert Stark
(D), Charlie Tweed (GB), Philippe Van Wolputte (B)
Gastlehrkräfte: Christoph Büchel, Künstler, Basel; Giovanni Carmine,
Kurator und Direktor Kunsthalle St. Gallen; Eric Fredericksen, Kurator und
Direktor Westernbridge, Seattle; Martin Kimani, Krisen- und
Konfliktforscher, Nairobi, Addis Ababa, New York; Adrian Piper,
Künstlerin, Berlin; Philippe Pirotte, Kurator und Direktor Kunsthalle
Bern; Joe Scanlan, Künstler, New York
Konzept und Akademieleitung
Clémentine Deliss, Kuratorin und Publizistin, lebt in London. Direktorin
der Future Academy (Edinburgh College of Art) und Metronome (Paris, London).
Oscar Tuazon, Künstler aus den USA, lebt in Paris. Co-Direktor der Gallery
castillo/corrales in Belleville, Paris.
Öffentliche Veranstaltungen
Dauer der Sommerakademie: 05. - 14. August 2008
Dauer Ausstellung: 06. -17. August 2008
Mo 4. August 2008, 11.00 Uhr: Pressekonferenz
Di 05. August, 18.30 Uhr, ZPK, Auditorium: „dragged down into lowercase“
Eröffnungsvortrag von Clémentine Deliss und Oscar Tuazon, in Deutsch und
Englisch
Mi 06. August, 18.30 Uhr, Kunsthalle Bern: „Du chasch nid ds Füfi und ds
Weggli ha“
Diskussion zum Thema Kunstmarkt und underground mit Philippe Pirotte,
Clémentine Deliss, Oscar Tuazon und Franca Mader, in Deutsch und Englisch
Fr 08. August, 18.30 Uhr, ZPK, Auditorium: „Classism“
Vortrag von Joe Scanlan, in Englisch
Sa 09. August, 13.00 -14.00 Uhr, Ausstellung/Wiese bei der Scheune im
Wyssloch
Präsentation durch Teilnehmende der Sommerakademie 2008 und Performance
von Charlie Tweed
Mo 11. August, 18.00 Uhr, Progr, visarte-Raum: „The new Ha-Ha“
Vortrag von Eric Fredericksen, in Englisch
Mo 11. August, 22.00 Uhr, Dampfzentrale: „The Road“
Party mit den DJs Oscar Tuazon und Philippe Pirotte
Di 12. August, 18.30 Uhr, Progr, visarte-Raum: „A Lowercase Condition of
Humanity“
Vortrag von Martin Kimani, in Englisch
Mi 13. August, 18.00 Uhr, ZPK, Auditorium: Akademieabend und Apéro
www.sommerakademie.zpk.org
Reference:
ANN: Sommerakademie 2008 im Zentrum Paul Klee, Bern. In: ArtHist.net, Jul 6, 2008 (accessed Jul 10, 2025), <https://arthist.net/archive/30589>.