CONF 03.04.2008

Impressionism is Feminine (Frankfurt, 6 Apr 08)

Michaela Hille

"IMPRESSIONISM IS FEMININE - IMPRESSIONISMUS IST WEIBLICH"
INTERNATIONALES SYMPOSIUM IM RAHMEN DER
IMPRESSIONISTINNEN-AUSSTELLUNG

Sonntag, 6. April 2008, 9.30-18 UHR
Haus am Dom, Frankfurt/M.

Im Rahmen der Ausstellung "Impressionistinnen. Berthe Morisot, Mary
Cassatt, Eva Gonzalès, Marie Bracquemond" lädt die Schirn Kunsthalle
Frankfurt am 6. April 2008 zu einem internationalen Symposium ein.
Unter dem Titel "Impressionism is feminine - Impressionismus ist
weiblich" diskutieren die Kunsthistorikerinnen Tamar Garb, Anna
Havemann, Linda Nochlin, Ingrid Pfeiffer, Griselda Pollock und der
Künstler Bill Scott über verschiedene Forschungsansätze in der
feministischen Kunstgeschichte und deren Rolle im aktuellen
kunsthistorischen Diskurs.

Das Symposium findet in englischer Sprache statt und wird ermöglicht
durch die
Terra Foundation for American Art.

Wie entsteht der Kanon in der Kunst? Wer bestimmt, welcher Künstler,
welche Künstlerin als bedeutend und überliefernswert angesehen wird?
Diesen und weiteren Fragen gehen die Symposiumsteilnehmerinnen und -
teilnehmer in ihren Beiträgen nach und diskutieren am Beispiel der
vier Impressionistinnen Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès und
Marie Bracquemond darüber, welche Faktoren die Rezeption beeinflussen.
Die Impressionistinnen-Ausstellung zeigt beispielhaft, wie sehr die
Bedeutung der vier Künstlerinnen in ihrer Zeit abweicht von der
Beachtung, die sie in der Rezeptionsgeschichte erfuhren. Dass die vier
Malerinnen in der Forschung erneut die ihnen gebührende Anerkennung
gefunden haben, ist den neuen kunstgeschichtlichen Methoden der 1970er
Jahre zu verdanken, vor allem aber Hauptvertreterinnen der
feministischen Kunstgeschichte wie Linda Nochlin, Griselda Pollock und
Tamar Garb.

Bereits 1971 zeigte Linda Nochlin in ihrem Aufsatz "Warum hat es keine
bedeutenden Künstlerinnen gegeben?", dass bei der Definition von
"Größe" und "Genialität" von Künstlern sozial und kulturell geprägte
Begriffe und nicht objektive Maßstäbe ausschlaggebend sind. Ihrem
Ansatz folgten weitere Untersuchungen, die sowohl beim Werdegang der
Künstlerinnen als auch bei der Wahl der Sujets den gesellschaftlichen
und kulturellen Kontext mit einbezogen und somit zu gänzlich neuen
Beurteilungen von Künstlerinnen und ihren Werken gelangten.

Im Rahmen des Symposiums wird außerdem der Frage nachgegangen, warum
die Erkenntnisse der feministischen Kunstgeschichte im
kunsthistorischen Kanon und in der Ausstellungspraxis in manchen
Bereichen immer noch nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die
kontinuierliche wissenschaftliche Bearbeitung des Werks von Mary
Cassatt in den USA und die intensive Erforschung ihrer Bedeutung
insbesondere für den amerikanischen Impressionismus wirft die ebenso
spannende Frage auf, inwieweit und aus welchen Gründen sich die
Rezeptionsgeschichte in den USA von derjenigen in Europa unterscheidet.

Linda Nochlin, Professorin für Moderne Kunst am Institute of Fine
Arts, City University of New York, war die Erste, die Anfang der
1970er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Grundlagenforschung der
feministischen Kunstgeschichte leistete. Ihr 1971 erschienener Aufsatz
"Why Have There Been No Great Women Artists?" (Warum hat es keine
bedeutenden Künstlerinnen gegeben?) wird bis in die jüngste Forschung
zitiert. 2006 erschien ihr Essay "Why Have There Been No Great Women
Artists? Thirty Years After". Nochlins Aufsatz "Morisot's Wet Nurse -
The Construction of Work an Leisure in Impressionist
Painting" (Morisots Amme - Arbeit und Freizeit in der
impressionistischen Malerei) von 1988 wurde im Impressionistinnen-
Katalog der Schirn Kunsthalle erstmals in deutscher Sprache
veröffentlicht.

Tamar Garb, Professorin für Kunstgeschichte an der University of
London, fasste bereits 1986 die vier Künstlerinnen in ihrem Buch
"Women Impressionists" (dt. 1987) zusammen und bezog auch die
unbekannteste der vier Malerinnen, Marie Bracquemond, in die
Betrachtung des Phänomens Impressionismus ein. Garb formulierte als
Erste die These des weiblichen Impressionismus, die den Ausgangspunkt
für die weitere Forschung bildete. Neben Publikationen wie "Sisters of
the Brush. Women's Artistic Culture in Late-Nineteenth-Century" (1994)
verfasste sie eine Monografie über "Berthe Morisot" (1987, zusammen
mit Kathleen Adler).

Griselda Pollock, Professorin für "Social and Critical Histories of
Art" und Direktorin des Centre for Cultural Analysis, Theory and
History, University of Leeds, beschreibt in ihrem Buch "Differencing
the Canon. Feminist Desire and the Writing of Art's Histories" von
1999 die Problematik der Kanonbildung in der
Kunstgeschichtsschreibung. Sie hat mehrere Bücher über Mary Cassatt
veröffentlich, darunter "Mary Cassatt. Painter of Modern
Women" (1998). In ihrer Arbeit "Modernity and the Spaces of
Femininity" (1988) zieht sie eine Verbindung zwischen Mary Cassatts
komprimierten Räumen und dem eingeschränkten Wirkungskreis von Frauen
in dieser Zeit.

Anna Havemann studierte bei Linda Nochlin in New York. Sie ist
Kuratorin und freie Dozentin an der Fachhochschule Potsdam der
Universität Potsdam und der FHTW Berlin und promoviert zurzeit zum
Thema "Institutionalisierungsgeschichte von Künstlerinnen". In ihrem
Katalogbeitrag zur Impressionistinnen-Ausstellung der Schirn
Kunsthalle zeichnet sie die Bemühungen der vier Künstlerinnen um
berufliche Anerkennung nach.

Bill Scott, Künstler und Kurator in Philadelphia (USA), ist einer der
besten Kenner des Werkes von Berthe Morisot. 1987 kuratierte er in
Washington zusammen mit dem Kunsthistoriker Charles Stuckey die erste
große Retrospektive zu Berthe Morisot in den Vereinigten Staaten. Bill
Scott ist mit den Nachfahren von Morisot seit vielen Jahren persönlich
bekannt und hat Ingrid Pfeiffer bei den Vorbereitungen der
Impressionistinnen-Ausstellung beraten und unterstützt.

Ingrid Pfeiffer, Kunsthistorikerin, ist seit 2001 Kuratorin an der
Schirn Kunsthalle Frankfurt. Sie kuratierte und betreute bisher
zahlreiche Ausstellungen, darunter "Henri Matisse - Mit der Schere
Zeichnen" (2002/03), "Yves Klein Retrospektive" (2004/05), "James
Ensor" (2005/06) und "A.R. Penck" (2007). In der Ausstellung
"Impressionistinnen. Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès, Marie
Bracquemond" beleuchtet Ingrid Pfeiffer das Phänomen des
Impressionismus unter einer genderspezifischen Fragestellung.

PROGRAMM, 9.30-18 Uhr

9.30 Begrüßung: Dr. Ingrid Pfeiffer
10-11 Linda Nochlin: "Mary Cassatt's Portrait of Louisine Havemeyer:
Impressionism and the Vote for Women"
11.15-12.15 Griselda Pollock: "What did Women do for Impressionism:
Feminism, Femininity and the Modernist Possibilities of 'the New
Painting'"
12.30-13.30 Pause
13.30-14.30 Tamar Garb: "Mothers and Sisters: Cassatt, Morisot and the
Family Portrait"
14.45-15.30 Anna Havemann: "Expanding Horizons: The Progressive Stance
of the Pennsylvania Academy toward Women Artists in Comparison to the
Conservative European Academies in the19th Century"
15.45-16.15 Pause
16.15-17 Bill Scott: "On Color, Inspiration, Pleasure and Parallels: A
Contemporary American Abstract Painter Responds to the Paintings of
Berthe Morisot and Mary Cassatt"
17-17.30 Abschlussdiskussion

ORT: Haus am Dom, Domplatz 3, D-60311 Frankfurt
DATUM: Sonntag, 6. April 2008, 9.30-18 Uhr
GEBÜHR: 18 Euro pro Person, ermäßigt 9 Euro, inkl. Eintritt in die
Ausstellung am 6. April 2008
ANMELDUNG: Tel. 069.29 98 82-112, fuehrungenschirn.de, kein Vorverkauf
AUSSTELLUNG: "Impressionistinnen" (bis 1. Juni 2008)
INFORMATION: www.impressionistinnen.de, welcomeschirn.de

Quellennachweis:
CONF: Impressionism is Feminine (Frankfurt, 6 Apr 08). In: ArtHist.net, 03.04.2008. Letzter Zugriff 05.01.2025. <https://arthist.net/archive/30288>.

^