Form & Gesellschaft
Das Symposium zur Ausstellung "köln progressiv. 1920-1933"
4. und 5. April 2008
Museum Ludwig, Köln
Vortragssaal, Eintritt frei
Zur Ausstellung "köln progressiv" veranstaltet das Museum Ludwig ein
Symposium, das der Verbindung von Form und Gesellschaft in der Kunst der
Zwanziger und Dreißiger Jahre in Europa nachgeht. Ausgangspunkt ist das Werk
dreier bedeutender Vertreter der Kölner Progressiven: Franz W. Seiwert,
Heinrich Hoerle und Gerd Arntz. Sie suchten nach einer künstlerischen Form,
die ihrem sozialkritischen Anspruch gerecht wurde. Die Kunst sollte dabei
nicht bloß Mittel zum politischen Zweck sein. Vielmehr galt es, die Kunst
selbst umzuformen: Die Kritik sollte in der Form aufgehen, die künstlerische
Form gesellschaftliche Relevanz erlangen.
Mit vielen anderen Künstlern ihrer Zeit standen die Kölner Progressiven im
Mittelpunkt einer leidenschaftlich geführten Debatte über den Sinn und Zweck
der zeitgenössischen Kunst. Wie sind politische Ansprüche in der Kunst zu
formulieren? Ist es möglich, soziale Themen in tradierten Genres wie der
Malerei und dem Holzschnitt aufzugreifen? Wo verläuft die Grenze zwischen
Kunst und Politik?
Das Symposium will die Kölner Progressiven in den Kontext der künstlerischen
Moderne einordnen und damit auch der Vorstellung entgegentreten, es handele
sich um eine rein lokale Künstlervereinigung. Die Gruppe bezog, so die These,
eine avancierte Position, die von Köln aus in die Kunstwelt hineinwirkte. Die
Einflüsse und das Umfeld der Künstlergruppe zu sondieren, ist Ziel dieses
Symposiums.
Programm
Freitag, 4. April
18 Uhr
Malerei als ‚Waffe’: Die Kunst der Kölner Progressiven Seiwert, Hoerle und
Arntz
Lynette Roth, Kuratorin der Ausstellung
Zum Kern der "gruppe progressiver künstler" in Köln zählten Franz W. Seiwert,
Heinrich Hoerle und Gerd Arntz. Mit ihrer Kunst zielten sie darauf ab das
"politisch Revolutionäre" mit dem "formal Revolutionären" zu vereinen. Sie
versuchten, eine neue Beziehung zwischen Betrachter und Werk zu stiften, um
so für ein neues Bewusstsein gegenüber der Gesellschaft zu sensibilisieren.
Als Einführung in die Ausstellung stellt der Vortrag die Arbeiten der drei
Künstler vor.
Im Anschluss: Rundgang durch die Ausstellung
Samstag, 5. April
9:30 Uhr
"Gesammelte Mitte"
Monika Wucher, Hamburg
Unvereinbare Gegensätze in Auffassung und Formgebung galten von jeher als
Konfliktstoff der künstlerischen Avantgarden. Der Theoretiker Ernst Kállai
jedoch vermittelte eine andere Sichtweise auf die "extremen Flügelgruppen"
der Kunst seiner Zeit. Als "Gesammelte Mitte" rückte er gerade auch jene
künstlerischen Positionen ins Zentrum des Interesses, die einen Ausgleich der
Polaritäten erkennen ließen. Der Vortrag erläutert dieses Konzept, in dem
Heinrich Hoerle und Franz W. Seiwert einen festen Platz einnahmen.
10:30 Uhr
Der rheinische Blick nach Paris – Seiwert, Brancusi und die Suche nach dem "a
b c der form"
Nina Gülicher, Museum Ludwig, Köln
In der Zeitschrift "a bis z" bespricht Franz W. Seiwert mehrfach die
Skulpturen von Constantin Brancusi. An ihnen thematisiert er die Reduktion
der plastischen Form und die Rolle der Kunst für die Entstehung einer neuen
Gesellschaftsordnung. Ausgehend von Seiwerts Auseinandersetzung mit Brancusi
behandelt der Vortrag einige Anknüpfungspunkte der Kölner Progressiven an die
Kunstentwicklungen in Paris.
11:30
Kaffeepause
12 Uhr
Konkrete Gesellschaft. Zum Verhältnis von Mensch, Raum und Architektur bei
Theo van Doesburg und Max Bill
Matthias Noell, ETH Zürich
Angesichts des vehementen Eintretens Theo van Doesburgs für eine abstrakte
und schließlich konkrete Kunst wird häufig übersehen, dass er stets den
Menschen in den Mittelpunkt von Kunst und Architektur stellte. Dies verbindet
ihn mit Max Bill, den bereits seit den frühen Dreißiger Jahren das Verhältnis
von Architektur, Kunst und Design zum Menschen beschäftigte.
Der Vortrag arbeitet den gesellschaftlichen Anspruch in Theorie und Werk der
beiden Künstler heraus.
13 Uhr
Mittagspause
14:30 Uhr
László Moholy-Nagy und die Schicksalsfrage der Malerei
Joyce Tsai, Johns Hopkins University, Baltimore
Berühmt als Fotograf und Theoretiker, war László Moholy-Nagy auch berüchtigt
für seine (angebliche) Feindseligkeit gegenüber der Malerei. Wie ist dann
seine Rückkehr zur Malerei in den frühen Dreißigern zu verstehen? Anhand
seiner theoretischen und praktischen Arbeiten aus den Jahren 1927 bis 1935
behandelt der Vortrag die „Schicksalsfrage“ der Malerei, d.h. die sich stetig
wandelnde Debatte zur Möglichkeit von Malerei im Zeitalter der Fotografie.
15:30 Uhr
Kunst erfühlen oder erdenken? Eine verhängnisvolle Kontroverse zwischen Theo
van Doesburg und Johannes Itten
Kai-Uwe Hemken, Kunsthochschule Kassel
"Kunst erfühlen oder erdenken?" lautete die Gretchenfrage einer Kontroverse,
die sich im Jahre 1922 in Weimar zutrug: Theo van Doesburg richtete dort
einen De Stijl-Kurs ein, der als Provokation gegen Johannes Itten und das
"expressionistische Bauhaus" inszeniert wurde. Am Ende markiert dieser
Konflikt ein letztes Kunstgefecht zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert. Der
Vortrag nimmt sich den historischen Umständen dieser Auseinandersetzung an
und erläutert die künstlerischen Konzepte beider Persönlichkeiten.
16:30 Uhr
Kaffeepause
17:00 Uhr
Der Künstler im Staat. Malerei und Öffentlichkeit in der Weimarer Republik
Olaf Peters, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Der Vortrag behandelt die Konzeption des modernen Wandbildes sowie des
öffentlich präsentierten Bildes in der deutschen Kunst der Weimarer Republik
und ihre Rezeption. Im Zentrum stehen Künstler wie Willi Baumeister und Max
Beckmann, deren ästhetische Konzeption und Intention hinsichtlich ihrer
Genese und weiteren Entwicklung analysiert werden. In einem zweiten Teil wird
die zeitgenössische publizistische Diskussion reflektiert, die insbesondere
in den späten Zwanziger Jahren anhebt.
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln
Tel. +49-221-22126165
Fax +49-221-22124114
Infomuseum-ludwig.de
www.museum-ludwig.de
Das Symposium wird gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung
Reference:
CONF: Symposium zur Ausst. "koeln progressiv" (Koeln, 4-5 Apr 2008). In: ArtHist.net, Mar 5, 2008 (accessed May 11, 2025), <https://arthist.net/archive/30216>.