[x-post H-Soz-Kult]
IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften, Wien
23.01.2008-23.01.2008, Reichsratsstraße 17, 1010 Wien
Darf der Holocaust abgebildet werden? Das Buch des französischen
Kunsthistorikers Georges Didi-Huberman "Bilder trotz allem" (dt. 2007)
hat in Frankreich heftige Kontroversen ausgelöst, im deutschsprachigen
Raum wurde es jedoch vorwiegend wohlwollend besprochen.
U.a. waren vier Fotos, die aus dem KZ Auschwitz geschmuggelt werden
konnten, Stein des Anstoßes. Didi-Huberman bezeichnet diese Bilder als
unersetzliche Zeugnisse des Holocaust. Seine Kritiker werfen ihm
"Voyeurismus" und "Vergnügen am Entsetzen" vor. Er selbst kritisiert
deren "bilderstürmende" Haltung.
Im Workshop geht es um diese aktuelle Debatte und darum, welche
Positionen der Erinnerung an den Holocaust auf dem Spiel stehen.
Der Kunsthistoriker und Übersetzer des Buches Peter Geimer (ETH Zürich)
und der Fotohistoriker Anton Holzer (Wien) werden die brisanten
Argumentationen Didi-Hubermans diskutieren, und die Philosophin Karoline
Feyertag (Wien) wird über die Kontroverse in Frankreich berichten.
Zu den Fotos:
"Im Sommer 1944 gelang es dem polnischen Widerstand, einen Fotoapparat
in das KZ Auschwitz einzuschmuggeln. Dieser gelangte schließlich in die
Hände der Mitglieder eines sog. "Sonderkommandos", das waren jene
Mannschaften, die von der SS aus dem Kreis der Häftlinge
zusammengestellt wurden, um die Gaskammern zu "bedienen". Vier der
Bilder, die mit diesem Apparat entstanden, sind erhalten. An welchem Tag
genau die Fotos entstanden, die das Gelände um das Krematorium V zeigen,
ist nicht bekannt. Überliefert ist lediglich, dass ein griechischer Jude
namens Alex die Kamera bediente und dass ein weiterer Häftling namens
David Szmulewski sowie weitere Häftlinge bei der überaus gewagten Aktion
mithalfen. Das belichtete Stück Film wurde in das zentrale Lager
zurückgebracht und schließlich von Helena Datón, einer Angestellten der
SS-Kantine, in einer Zahnpastatube versteckt, aus dem Lager Auschwitz
herausgebracht. Am 4. September 1944 erreichten die Fotos den polnischen
Widerstand." (Anton Holzer in der letzten Nummer der Zeitschrift
"Fotogeschichte", Heft 106/ Winter 2007)
Moderation: Helmut Lethen
15.00
Helmut Lethen
Begrüßung und Einführung: Über die Unruhe in den Kulturwissenschaften
15.30
Peter Geimer
Über den "Punkt, an dem das Bild an das Reale rührt"
16.15
Karoline Feyertag
Die Kontroverse in Frankreich
Anschließend Diskussion
17.00
Kaffeepause
Moderation: Dirk Rupnow
17.30
Anton Holzer
Augenzeugen der Gewalt: Fotografien als historische Quellen
Anschließend Diskussion
19.00
Ende
Karoline Feyertag ist Dissertantin am Institut für Philosophie an der
Universität Wien und IFK_Junior Fellow. Übersetzerin und
Redaktionsmitglied des interkulturellen Zeitungsprojekts "biber".
Dr. Peter Geimer ist Oberassistent an der Professur für
Wissenschaftsforschung der ETH Zürich, derzeit Gastprofessor für
Geschichte und Theorie der Fotografie am Kunsthistorischen Seminar der
Universität Zürich.
Dr. Anton Holzer, Studium der Geschichte, Politikwissenschaft und
Philosophie, ist seit 2001 Herausgeber der Zeitschrift Fotogeschichte,
lebt als freiberuflicher Historiker, Publizist und Ausstellungskurator
in Wien.
Prof. Dr. Helmut Lethen ist Professor em. für Neueste deutsche Literatur
und Direktor des IFK. Er lehrte an den Universitäten Rostock und
Utrecht. Gastprofessuren in den USA. Forschungsgebiete u.a.:
Verhaltenslehren des 20. Jahrhunderts; Literatur, Anthropologie und
Biologie in den 1930er-Jahren.
Dr. Dirk Rupnow, Studium der Geschichte, Germanistik, Philosophie und
Kunstgeschichte, ist Lektor am Institut für Zeitgeschichte der
Universität Wien und Visiting Fellow am IWM, Institut für die
Wissenschaften vom Menschen.
Kontakt:
Edith Wildmann
IFK Reichsratsstraße 17, 1010 Wien
Österreich
0043-1-5041126
0043-1-5041132
wildmannifk.ac.at
Quellennachweis:
CONF: "Bilder trotz allem?" (IKF Wien, 23 Jan 08). In: ArtHist.net, 22.01.2008. Letzter Zugriff 02.01.2025. <https://arthist.net/archive/30019>.