CFP 30.11.2006

Bauhaus-Kolloquium Weimar 2007

eva froschauer

Call for Papers

(Deadline: 12.1.2007)

10. Internationales Bauhaus-Kolloquium Weimar 2007
"Die Realität des Imaginären"
Architektur und das digitale Bild
19. - 22. April 2007

Veranstalter
Professur Entwerfen und Architekturtheorie
Bauhaus-Universität Weimar
Prof. Dr. Gerd Zimmermann
Vertr.-Prof. Dr. Jörg H. Gleiter M.S.

Dr. Norbert Korrek
Dipl.-Ing. Sandra Schramke
Dipl.-Ing. Olaf Pfeifer M.A.
Chris Dähne M.Sc.

in Kooperation mit
Prof. Dr. Frank Eckardt (Juniorprofessur Soziologie der Globalisierung)
Prof. Dr. Oliver Fahle (Juniorprofessur Geschichte und Theorie der
Bildmedien)

http://www.uni-weimar.de/cms/10_IBHK_2007.bauhaus-kolloquium.0.html

Das Bauhaus-Kolloquium ist eine seit 1976 regelmäßig stattfindende,
internationale Konferenz, die sich in theoretischer, philosophischer wie
auch historischer Vertiefung den jeweils aktuellen Fragestellungen der
Architektur widmet. Ausgelöst durch die Debatten um die Medienfassaden,
augmented reality und ubiquitous design wird das 10. Internationale
Bauhaus-Kolloquium 2007 »Die Realität des Imaginären - Architektur und
dasdigitale Bild« thematisieren. Schon seit einiger Zeit erschüttert die
neue Realität der digitalen Welten die Architektur. Stetig, und mehr
denn je, bilden diese die Welt nach ihrem Maß. Mit der Verschiebung
vonder Dominanz der Zeichen zur Dominanz der Bilder schien es Anfang der
90er Jahre noch so, als ob die räumliche Visionskraft gänzlich in die
Imaginationsräume der digitalen Medien ausgelagert würde. Man glaubte an
eine späte Erfüllung des postmodernen Postulats v
om Ende der Architektur. Heute lassen sich jedoch die digitalen
Bildverfahren nicht mehr so einfach auf die Rolle eines materielosen,
ephemeren Mediums reduzieren. Vielmehr beobachten wir eine zunehmende
Liquidisierung der Grenze zwischen der digitalen Bilder- und der
materialen Objektwelt. Tatsächlich kann heute nichts darüber
hinwegtäuschen, dass die digitalen Bilder keineswegs einen autonomen
Bereich darstellen. Die digitalenBilderverfahren interpretieren die Welt
nicht nur neu, sondern greifen aktiv in ihre materiale und räumliche,
d.h. in ihre architektonische Konstitution ein. Vor dem Hintergrund,
dass die Architektur - mit Skizze, Grund- und Aufriss - immer schon vom
Bild her gedacht war, scheinen gerade heute die bildhaft-digitalen und
die architektonisch-materialen Welten füreinander durchlässig zu werden.
Im Zusammenhang mit dem digital turn stellt das Bauhaus-Kolloquium die
Frage nach dem Grenzgängertum der Architektur, nach der Wechselwirkung
zwischen den räumlich architektonischen und den digitalen Bilderwelten.

Mit diesem Call for Papers bitten wir junge Wissenschaftler und
Doktoranden um Bewerbungen.
In vier Workshops werden die gleichen Themenstellungen wie in den
Plenarveranstaltungen behandelt.

Themenvorschläge für Vorträge von etwa 20 Minuten in Form einer kurzen
Darstellung (maximal 300 Worte) und unter Angabe des relevanten Workshops
sowie ein kurzer Lebenslauf werden bis zum 12. Januar 2007 erbeten an:

bauhaus-kolloquiumuni-weimar.de Workshop 1:
Bild und Raum
Betreut durch: Prof. Dr. Lambert Wiesing (Universität Jena) / Dr. Sabine
Zierold

Zwischen Architektur und Bild besteht eine grundlegende Verwandtschaft:
Mittels der Architektur und mittels Bilder werden wohl nicht in gleicher
Weise, aber doch gleichermaßen Räume geschaffen. So wie die Architektur
sichtbare und begehbare Räume schafft, so werden auch im Bild
Räumesichtbar, die in den digitalen Medien sogar virtuell begehbar sind.
Aufbauend auf dieser Beobachtung nimmt sich der Workshop Bild und Raum
zum Ziel, die Interferenzen zwischen Bild und Raum auszuloten. Im weiten
Feld der Architekturtheorie, Kultur- und Mediengeschichte sowie der
Raum- und Bildtheorie soll die Frage nach den Wechselwirkungen,
Analogien und Unterschieden zwischen den architektonisch und bildlich
konstruierten Räumen gestellt werden. Dabei soll in historischer wie
auch systematischer Vertiefung nach dem Einfluss der digitalen
Bildmedien auf den architektonischen Raum gefragt werden, wie auch
umgekehrt nach den unterschiedlichen Formen der Verräumlichung in den
verschiedenen Bildmedien. Welche Rolle spielen zum Beispiel die
Simulationsbilder oder die Phänomene von "augmented reality" in der
räumlichen, architektonischen Praxis. Halten denn nicht mit den
Navigationssystemen und Computerspielen, die mittels Datenbrille oder
Handy ein Spielen in und mit dem Außenraum möglich machen, immer mehr
räumlich-bildliche Mischformen Einzug in die alltägliche Lebenswelt?
Trotzdem handelt es sich keineswegs um völlig neue Phänomene. Die
mannigfaltigen Durchdrin-gungsformen von Raum und Bild setzen ja
historisch schon weit früher ein. Beginnend vielleicht mit den
narrativen Bildprogrammen der gotischen Kathedralen - über die Techniken
perspektivischer Verkürzung der Renaissance und des trompe l'oeil des
barocken Bild-Raum-Kontinuums, über den euklidisch unendlichen Raum der
modernen Bandstadt und die Diskontinuität des dekonstruktivistisch
fragmentierten, allegorischen Raums - ist die Verschränkung des
illusionistischen Raumes mitdem Realraum ein konstantes Thema der
bildnerischen wie auch architektonischen Praxis.
Erwartet werden sowohl exemplarische Beiträge zur konkreten Verknüpfung
von Raum und Bild, wie auch eher philosophische Grundlagenreflexionen
über die prinzipiellen Möglichkeiten einer Verbindung zwischen gebautem
und gezeigtem Raum.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
sabine.zieroldarchit.uni-weimar.de

Workshop 2:
Architektur und die Erzeugung der Sichtbarkeit
Betreut durch: Prof. Dr. K. Michael Hays (Harvard University) /
Dipl.-Ing. Tilo Amhoff M.A.

Architektur ist ein Medium zur Erzeugung von Sichtbarkeit in der
Überschreitung der Grenze zwischen Bild und Material, zwischen Zeichen
und Ding. Immer schon vom Bild her gedacht, gehen mit Handskizze
(Scharoun), Storyboard-Technik (Le Corbusier), Diagrammserien (Eisenman)
oder data visualization (Osterhuis) der Realisierung des
Architektonischen bildhaft-performative Entwurfsverfahren voraus. In
ihnen zeigt sich die Dialektik derarchitektonischen Bilderpraxis: Dass
die Bilder einerseits Verstärker der Imagination sind, also Medium des
Phantastischen und Utopischen, dasssie aber gleichzeitig auch
Instrumente zur Präzisierung und Konkretisierung architektonischer
Gedanken sind. Der Workshop stellt die Frage danach, wie heute die
digitale Bilderproduktion in die Imaginations- und Entwurfsprozesse und
damit in die Realität eingreifen. Bedarf es einer bildtheoretischen
Rekonzeptualisierung der architektonischen Entwurfsverfahren?
Friedrich Nietzsche hatte schon erkannt, dass die Werkzeuge des
Schreibens, wie Feder, Bleistift, Rapidograph oder gar die
Schreibmaschine, immer an unseren Gedanken mitformulieren. Und Gottfried
Semper hatte in seinem Buch Der Stil festgestellt, dass der Stil die
"Uebereinstimmung einer Kunsterscheinung mit ihrer
Entstehungsgeschichte, mit allen Vorbedingungen und Umständen ihres
Werdens", also mit den Prozessen ihres Gemachtsein sei. Lassen sich
nicht etwa auch Sebastiano Serlios quasi "vorentworfene",standardisierte
Säulenordnungen, Mies van der Rohes Collagetechnik wieauch Peter
Eisenmans Diagrammverfahren als unmittelbare Reaktionen auf die jeweils
neuesten Bildtechniken verstehen - wie zum Beispiel
Buchdruck,Perspektive, Fotographie oder Film? Und wie partizipieren
heute - nach dem Strukturalismus, nach der Postmoderne und nach dem
Dekonstruktivismus - die veränderten, digitalen Bildverfahren am
Architekturentwurf?
Der Workshop fragt danach, wie sich die digitalen Bildverfahren in die
architektonischen Entwurfsverfahren und weiter in die materiale und
räumliche Substanz der Architektur einschreiben. Was ändert sich für die
Entwurfsprozesse, die Prozesse der Imagination des Realen und die
Erzeugung der Sichtbarkeit im Übergang vom linguistic turn der 60er
Jahre zum digital turn heute?

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: tilo.amhoffweb.de

Workshop 3:
Globale Medien - urbane Bilder
Betreut durch: Prof. Dr. Kurt W. Forster (Yale University) / Mag.arch.
Eva Maria Froschauer

Räume und Bilder sind stets in gesellschaftliche Zusammenhänge
eingebettet, generieren sich aus diesen und tragen ihrerseits zur
Konstitution von Gesellschaft bei. Diese Prozesse lassen sich als
historische Prozesseverstehen, die sich in der Stadt verdichten. In
jüngster Zeit ist zu beobachten, wie einerseits durch die allumfassende,
globale Medialisierungund die Urbanisierung der Gesellschaften
andererseits das Zusammenspiel räumlicher und bildlicher Phänomene sich
enorm beschleunigt. Über ihre Wiedererkennungsfunktion hinaus zeigen
dabei die urbanen Bilder (als Emblem, Ikone, Straßenbild, Ensemble,
Schema, Raster, Planungsprogramm,etc.) die Tendenz, sind in den globalen
Mediensystemen zu eigenen globalen Erkenntnis- und
Interpretationsmodellen zu verselbständigen. Was bedeutet es dann, wenn
heute nur noch jene Bilder von Urbanität vermittelbar sind, die sich dem
Regime der neuen Internet-Kommunikation und ihren Sende- und Lesecodes
unterwerfen? Der Workshop widmet sich daher der Fragenach den
Transformationsprozessen der Realität des Urbanen in den medialisierten
Bilder und ihre Migrationsprozesse im Netz der weltweiten
Kommunikationssysteme.
Die grenzenlosen, digitalen Reproduktionsverfahren rufen nach einer
kritischen Hinterfragung der Genese, Proliferation und Funktion der
medienvermittelten stereotypen, urbanen Bilder (z.B. Eiffelturm in
Paris, Kolosseumin Rom, Tiananmen Platz in Peking). Sie tragen ja sowohl
zur ununterscheidbaren Vereinheitlichung und Homogenisierung der
globalen Standards bei,wie umgekehrt gleichzeitig auch zur Steigerung
der Qualität der Städte. Ironischerweise sind es gleichzeitig die
universalen Gesetze der Medien, d.h. die medialen, heterogenen
Bilderstöme, die in Konkurrenz zu den statischen Vorstellungen von
Urbanität (Piazza Navona, Times Square, Piccadilly Circus, etc.) treten
und sich selbst als Orte für die verdrängten urbanen Bilder (z.B. Panzer
in Bagdad, Brücke von Mostar, 9/11 etc.) anbieten.
Wie funktionieren die zu beobachtenden Annäherungs- und
Synchronisierungsprozesse zwischen den realen urbanen Situationen und
ihrer medialen Präsenz? Von welcher Natur ist letztendlich die Wandlung
der modernen (Bauhaus) zur post-modernen, globalen Bilderpraxis? Was
bedeutet es, wenn heuteeinige Architekten als global players aufstiegen
und dabei nicht wenige Städte zu bloßen Empfängern ihrer medialisierten
Bilderpraxis machen?

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
eva.froschauerarchit.uni-weimar.de

Workshop 4
Mobilisierungsformen des Blicks
Betreut durch: Prof. Dr. Marco De Michelis (Universitá IUAV di Venezia)/
Chris Dähne M.Sc.

Wie in den technischen Bildmedien spielt auch im architektonischen Raum
der Blick eine wichtige Rolle. Der Blick könnte sogar als eine Art
gemeinsamer Nenner der Architektur und der verschiedenen Bildmedien
bezeichnetwerden. Denn sowohl die architektonischen Räume wie auch die
verschiedenen Bilderpraktiken - besonders der Film als paradigmatisches
Bildmediumder Moderne - folgt den Verfahren der Konstruktion, Lenkung
und Inszenierung von Blicken. Da ist an klassische Formen wie etwa die
Illusionsräume des Barock, an die Anamorphosen Andrea Pozzos oder die
englischen Landschaftsgärten von Stourhead oder Stowe zu denken, ebenso
wie an die zeitgenössische Architekturpraxis, angefangen von den
Medienfassaden und Disneyland bis zu den japanischen Themenparks,
shopping malls und musealenErlebniswelten. Gemeinsam ist ihnen, dass der
Raum als multiperspektiv, transparent, heterotopisch und virtuell
verstanden wird. Die Fragestellung des Workshops besteht daher darin,
die Intermedialität von Architektur heute gerade hinsichtlich der
Ausrichtung des Sehens und des Blicks auszuloten. Welches ist die Rolle
des Paradigmas des Digitalen, dass Wahrnehmungsweisen nicht mehr einem
einzelnen Medium angehören, sondern sich in einem inter-medialen Raum
als gemeinsame Matrix der räumlichen Imagination ansiedeln?
Eigentlich dienen Blicke ja der Orientierung. Doch ist in der Moderne
dasOszillieren zwischen Orientierung und Desorientierung, von Sehen und
Gesehenwerden, von Anwesenheit und Abwesenheit, von Transparenz und
Intransparenz ein wesentlicher Wahrnehmungsaspekt. Das Unsichtbare ist
nicht einfach mehr das Andere des Sichtbaren, sondern steht zu diesem in
einem heterogen-fragmentierten Verhältnis. Sprechen wir von
Mobilisierungsformen des Blicks, so sind in ihrer Reziprozität nicht nur
optisch-sinnliche Ereignisse angesprochen, sondern auch die Blicke,
insofern sie sich physiologisch wie psychologisch dem menschlichen
Körper einschreiben. Blicke können in Unruhe und Aufruhr versetzen.
Welche Rolle spielen die räumlich-optischen Mobilisierungsformen des
Blickes dann bei der Innervierungder Körper und ihrer synästhetischen
Mobilisierung?
Die verschiedenen Mobilisierungsformen von Bild, Raum und Körper gilt es
aufzuspüren und beschreibbar zu machen. Dabei soll die gegenseitige
Verschränkung sowohl der filmischen Imagination des Architektonischen -
von Fritz Langs Metropolis bis Matrix - wie auch die
Mobilisierungsformen des Blickes in der zeitgenössischen Architektur -
bei zum Beispiel bei SANAA, GRAFT, Jun Aoki - untersucht werden.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
chris.daehnearchit.uni-weimar.de

Bauhaus-Universität Weimar
Professur Entwerfen und Architekturtheorie
Prof. Dr. Gerd Zimmermann
Vertr.-Prof. Dr. Jörg H. Gleiter M.S.
Geschwister-Scholl-Straße 8
99423 Weimar

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Quellennachweis:
CFP: Bauhaus-Kolloquium Weimar 2007. In: ArtHist.net, 30.11.2006. Letzter Zugriff 28.04.2024. <https://arthist.net/archive/28742>.

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