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herbstCamp
Kontroll Wissen / Wissenskontrolle
Globale Kontrolle / Selbst Kontrolle
Interdisziplinärer Workshop für junge WissenschafterInnen,
KünstlerInnen, KulturarbeiterInnen und AktivistInnen
im Rahmen der herbst-Akademie des steirischen herbstes 2006
im Künstlerhaus Graz / Österreich
30. September bis 7. Oktober 2006
Organisiert von Jochen Becker (D), Peter Spillmann (CH) & Michael
Zinganel (A) mit Ina-Maria Greverus (D), Marion von Osten (D), Pirate
Cinema (D), Gerald Raunig (A), Remember Resistance (CH/D/CAM), William
Walters (CAN/GB)*als Vortragende und GastkritikerInnen; mit
Stadtführungen, kommentierten Filmabenden, öffentlichen Panels usf.
Nähere Informationen zu Inhalt und Programm (work in progress):
http://www.herbstcamp.mur.at
Deadline: 15. Juli 2006
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Kontrolle und Regulierung von Zugehörigkeit und Ausschluss sowie die
weitgehend meist freiwillig geleistete Selbstoptimierung bilden den
Kontext, in dem zur Zeit soziale Normalisierung und Subjektivierung
ausgebildet und verhandelt werden. Dazu gehört die Erschwerung des
Zugangs zu Wissen durch die laufenden Unireformen und die damit
einhergehende Ökonomisierung der Bildung, die Verknappung von
finanziellen Ressourcen, Segregation im städtischen Alltag oder
Einschränkung von Bürgerrechten im Zuge von Antiterrorkampagnen ebenso
wie Anrufungen zu "life long learning", aber auch Forderungen nach einer
selbstunternehmerischen Ausrichtung des eigenen Lebensprojekts und ein
auf Prävention ausgerichteten Management des Körpers.
Zugleich überlagert sich Europa mit einem technologischen Grenzregime
aus biometrischen Daten, „regional codes“, Industrie-Normen,
Marktabschottung und „digital divide“.
Dabei spielen neue Technologien/Techniken der Datenerfassung,
-verarbeitung und -distribution eine zentrale Rolle und sind in die
laufenden Prozessen auf unterschiedlichen Ebenen involviert. Die
technologischen Entwicklungen alleine taugen aber kaum als
Erklärungsansatz, wenn es darum geht, die Auswirkungen dieser
gesellschaftlichen Transformationen im Alltag zu analysieren. Auf der
Ebene der Organisation des Politischen und der neuen Techniken des
Regierens bieten die auf Foucault zurückgehenden Untersuchungen zu Macht
und Disziplinierung und die neuen Gouvernementalitäts-Studien äußerst
hilfreiche Anhaltspunkte für eine kritische Analyse der herrschenden
Verhältnisse. Typisch für den modellhaften Charakter von
Gesellschaftstheorien aus dem akademischen Kontext – insbesondere für
solche aus einem eurozentrierten Blickwinkel – tendieren sie aber dazu,
eine ausweglose Ohnmacht gegenüber dem Kontrollsystem zu postulieren.
Als Handlungsanweisung für einen kritischen Umgang mit den Zumutungen
und Paradoxien des Alltags taugen sie kaum. Für die kulturelle
Produktion, die daran interessiert ist, die Verhältnisse nicht nur
affirmativ zu verhandeln, sondern kritisch zu reflektieren und produktiv
zu transformieren, sind transdisziplinäre und transnationale
Perspektiven auf das Phänomen Kontrolle und eine interdisziplinäre
kulturelle Praxis gefragt. Dabei muss aber auch die deutliche Distanz
der modellhaften Theorien zu den alltäglichendHandlungsperspektiven der
einzelnen Subjekte aufgegeben werden. Und diese Subjekte leben nicht nur
im Norden.
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Ziel des Workshop ist es, aus unterschiedlichen subjektorientierten
Blickwinkeln und Perspektiven sowie anhand von Beobachtungen und
alltäglichen Phänomenen, unsere Rollen, Handlungsoptionen und
-strategien als cultural producer unter den aktuellen, auf Kontrolle und
Optimierung ausgerichteten gesellschaftlichen Verhältnissen zu
analysieren und zu diskutieren. Dabei wollen wir uns auf laufende
Verhandlungen und Konflikte fokussieren, Spielräume ausloten, dabei
Perspektiven des globalen Südens mit einbeziehen und für einmal Abstand
nehmen von einer allzu selbstbezogenen Fixierung auf die uns bereits
zugemuteten Dispositive der Kontrolle und Konditionierung.
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Das herbstCamp richtet sich an Studierende, WissenschafterInnen,
KünstlerInnen und AktivistInnen und weitere an den Themen interessierte
Individuen und Gruppen, welche eigene Projekte, Proposals oder eine
wissenschaftliche, künstlerische oder aktivistische Praxis in diesem
Feld vorzuweisen haben und weiterentwickeln möchten. Das herbstCamp
bietet im Laufe einer vorstrukturierten Woche Gelegenheit für einen
konzentrierten Austausch über aktuelle Formen der Wissensproduktion und
Wissenskontrolle und die Konzeption von künstlerischen/aktivistischen
Projekten und Strategien im Umfeld aktueller Gouvernmentalitätsdiskurse.
Die Teilnahme ist kostenlos, die Anzahl der TeilnehmerInnen aber
begrenzt. Die Sprache im herbstCamp wird deutsch und englisch sein.
Wer sich für die Teilnahme am herbstCamp interessiert, kann sich bis
Mitte Juli mit Biographie, Arbeitsproben und/oder Abstracts zu
Projektvorhaben direkt beim steirischen herbst bewerben:
steirischer herbst
c/o Academy
Sackstraße 17
8010 Graz
Austria
Phone +43 316 823 007 70
Fax +43 316 823 007 77
piebersteirischerherbst.at
oder bei den Projektleitern (siehe unten)
Nähere Informationen (work in progress): http://www.herbstcamp.mur.at
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Mit freundlichen Grüßen
Jochen Becker <metroZonesweb.de>
Peter Spillmann <pspk3000.ch>
Michael Zinganel <zinganelmur.at>
Quellennachweis:
CFP: Kontroll Wissen - Wissenskontrolle (Graz Sept-Oct 06). In: ArtHist.net, 01.07.2006. Letzter Zugriff 16.12.2025. <https://arthist.net/archive/28439>.