ANN May 10, 2006

Studienkurs Hertziana (Rom, 17-27 Sep 06)

Veronika Birbaumer

Studienkurs der Bibliotheca Hertziana,
Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte

„Vom Manierismus über die Reform zur virtuosen Quadratura. Malerei in
Bologna von der Mitte des 16. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts“

vom 17. September bis 27. September 2006

Die Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte) in Rom
veranstaltet in der Zeit vom 17. September (Anreisetag in Bologna) bis zum
27. September (Abreisetag aus Rom) einen Studienkurs für deutschsprachige
Doktoranden und jüngere promovierte Kunsthistoriker mit dem Thema „Vom
Manierismus über die Reform zur virtuosen Quadratura. Malerei in Bologna
von der Mitte des 16. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts“ unter der
wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Sybille Ebert-Schifferer.

Von der Eroberung durch Julius II. 1512 bis zur Französischen Revolution
war Bologna, Sitz der ältesten Universität der Welt, die zweitwichtigste
Stadt des Kirchenstaates, intellektuelles Zentrum und reiche Handelsstadt
zugleich. In der Renaissance erlebte die Malerei eine vorrangig durch
ferraresische Künstler geprägte erste Blüte, bis mit dem Eintreffen der
von Elena Duglioli bestellten „Hl. Cäcilie“ Raffaels, wahrscheinlich im
Jahr 1515, schlagartig die Moderne eintraf und fortan ein enger Austausch
mit Rom begann. Das Wirken des Raffael-Schülers Pellegrino Tibaldi und des
Niccolò dell’Abate führte zur Ausprägung eines Bologneser Manierismus, der
sich vor allem in profanen Palastdekorationen niederschlug und wichtige
Grundlagen für die illusionistischen Architekturen der Quadraturamalerei
des 17. Jahrhunderts respektive für die Landschaftsauffassung der Carracci
in der Stadt legte. Als letzter Tagungsort des Konzils von Trient und
Wirkstätte des Kardinals Gabriele Paleotti, der ab 1566 Bischof von
Bologna war, wurde die Stadt zu einem Zentrum tridentinischer
Reformversuche, die sich auch in der nachfolgenden Künstlergeneration in
Form verschiedener experimenteller Neuansätze äußerten. Das geistige
Klima der Stadt, das auch die empirische naturwissenschaftliche Forschung
gedeihen ließ, bereitete schließlich den Boden für den revolutionären
Reformansatz in der Malerei, den die Vettern Ludovico, Agostino und
Annibale Carracci ab 1578 in ihrer Gemeinschaftswerkstatt unternahmen. In
den darauf folgenden zwei Jahrzehnten, in denen in ihrer Accademia degli
Incamminati eine Vielzahl später hochberühmter Künstler wie Reni,
Domenichino und Albani ausgebildet wurden, wechseln sich die Einflüsse
(Correggio, Venedig) ab, differenzieren sich die Stile und trennen sich
schließlich die Wege mit Agostinos und Annibales Weggang nach Rom 1595.
Diejenigen der frühen Weggefährten, die ihnen um 1600 in die Ewige Stadt
folgen, begründeten dort im engen Kontakt mit der römischen Antike und
Hochrenaissance den sog. Bologneser Klassizismus, der über Rückkehrer wie
Guido Reni und Francesco Albani zwar auch eine eigene Fortführung in
Bologna erlebt, dort aber nicht vorherrschend wird. Der in Bologna
verbleibende Ludovico, weiterhin ein fruchtbarer Lehrer, hatte dort eine
expressive, weiterhin eher naturalistische und betonter malerisch
agierende Schülerschaft hinterlassen, deren Vertreter sich immer wieder zu
den bereits von dem jungen Carracci aufgesuchten Inspirationsquellen
Venedig und Rom begaben. Ein neues Repräsentationsbedürfnis der
patrizischen Familien erforderte ab der Mitte des 17. Jahrhunderts nicht
mehr nur Friese, sondern wandfüllende Fresken, zu deren Ausführung sich
die Figurenmaler häufig mit sog. Quadratura-Spezialisten
zusammenschlossen. Diese Künstler, die sich auf die Herstellung
mathematisch exakt berechneter Scheinarchitekturen verlegt hatten, wurden
schließlich zum spezifisch bolognesischen Exportartikel. Die in
wechselnder Form weitergepflegte Tradition der Accademia der Carracci
führte schließlich 1710 unter Papst Klemens XI. zur Errichtung einer
öffentlichen Kunstakademie, der heute noch existierenden Accademia
Clementina.

Der Kurs beginnt in Bologna und findet seinen Abschluß in Rom. Jeder
Teilnehmer wird „seine“ Künstler auf dem Stand der Forschung vor bzw. in
einer Mehrzahl von Objekten zu vertreten haben, wobei der Schwerpunkt des
Interesses, auf den unerläßlichen Grundlagen zu Auftragslage und
Ikonographie, der stilistischen Genese der jeweiligen Komposition und
Handschrift sowie dem individuellen Umgang des Künstlers mit Thema und Ort
gelten soll.

Die Bibliotheca Hertziana übernimmt die Kosten der Unterbringung, den
Transfer Bologna-Rom sowie 50% der nachgewiesenen Fahrt- oder Flugkosten
zur An- und Abreise, wobei 50% des entsprechenden Tarifs der Deutschen
Bahn zweiter Klasse die Obergrenze bilden. Ferner erhalten die Teilnehmer
einen pauschalen Unkostenbeitrag von 170 €. Diese Ausschreibung ist auch
im Internet unter www.biblhertz.it zu finden. Die Bewerber sind gebeten,
aus der dort zu findenden Themenliste zwei bevorzugte Themen anzugeben.
Sie erhalten ca. Ende Juni Bescheid; bibliographische Hinweise und
Kursprogramm werden der Zusage beigefügt.

Die Bewerbung mit Empfehlungsschreiben der Institutsleiter und einer
schriftlichen Arbeit (Seminar- oder Magisterarbeit / ein Kapitel der
Dissertation) sind bis zum 15. Juni zu richten an die Geschäftsführende
Direktorin der Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für
Kunstgeschichte Rom, Prof. Dr. Sybille Ebert-Schifferer, Via Gregoriana
28, I – 00187 Rom. Vom Manierismus über die Reform zur virtuosen Quadratura.

Malerei in Bologna von der Mitte des 16. bis zum Beginn des
18. Jahrhunderts

Referatsthemen:

1. Manierismus: Pellegrino Tibaldi und die Niccolò dell’ Abate-Schule

2. Spätmanieristen der Gegenreformation: Denys Calvaert, Bartolomeo
Passerotti, Prospero und Lavinia Fontana

3. Katholische Reformversuche: Lorenzo Sabatini, Orazio Sammachini,
Bartolomeo Cesi

4. Die Carracci-Werkstatt ab 1578 bis 1595

5. Die Accademia degli Incamminati und ihre Schüler: Massari,
Mastelletta, der frühe Reni und der frühe Albani

6. Ludovico Carracci nach 1600

7. Schüler und Mitarbeiter Ludovico Carraccis: Lionello Spada, Giacomo
Cavedoni und Alessandro Tiarini

8. Giovan Francesco Barbieri, Il Guercino

9. Guido Reni

10. Francesco Albani und seine Schülerschaft: Carlo Cignani und
Marcantonio Franceschini

11. Die Bologneser Quadratura-Spezialisten

12. Domenico Maria Canuti und Giovanni Antonio Burrini

13. Lorenzo Pasinelli und Giuseppe Maria Crespi

Reference:
ANN: Studienkurs Hertziana (Rom, 17-27 Sep 06). In: ArtHist.net, May 10, 2006 (accessed Dec 16, 2025), <https://arthist.net/archive/28278>.

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