CONF 26.05.2005

Paris 1500/1535 (Staedel, Frankfurt, 10-12 Jun 05)

Sander, Jochen

10.-12. Juni 2005)

Pariser Künstlerwerkstätten und der französische Hof als Drehscheibe
des internationalen künstlerischen Austauschs im ersten Drittel des
16. Jahrhunderts

Kolloquium im Städelschen Kunstinstitut
10. - 12. Juni 2005

Mit freundlicher Unterstützung des Istituto Italiano di Cultura, Frankfurt
am Main

Leonardo da Vinci von 1516 bis zu seinem Tod 1519 als "erster Maler" König
Franz I. von Frankreich in Amboise bzw. Cloux; die "Gioconda" und die
"Felsgrottenmadonna" in den königlichen Sammlungen; Primaticcio, Rosso
Fiorentino oder Girolamo della Robbia seit 1532 in Fontainebleau zur
Ausstattung der Lieblingsresidenz des Königs - italienische
Renaissancekunst als Exportgut nach Frankreich, die Entstehung der "Schule
von Fontainebleau" kommen üblicherweise in den Sinn, denkt man an die
künstlerische Situation in Paris im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts.
Doch die Situation ist sehr viel komplexer, wie gerade die Forschung der
letzten Jahre gezeigt hat. Zwar ist die Rezeption italienischer Kunst der
Hochrenaissance in Frankreich fraglos von großer Bedeutung, doch setzt sie
deutlich früher als die Übersiedlung des alternden Leonardo an den Hof
Franz I. ein: So ist der Mailänder Künstler Andrea Solario bereits seit
1507 für den Kardinal-Erzbischof von Rouen und französischen
Premierminister, Georges d'Amboise, in der Ile-de-France tätig. Vor allem
aber wird in den Künstlerwerkstätten in Paris nicht nur mit wachem
Interesse die Kunstproduktion Italiens verfolgt und rezipiert, sondern geht
der Blick ebenso in die Niederlande und nach Deutschland.

Stellvertretend sei auf die Künstler des sogenannten "1520s Hours Workshop"
verwiesen, die in engstem künstlerischen Austausch mit den führenden
Antwerpener Werkstätten stehen. Dieser in Paris ansässige Werkstattverbund
produziert nicht nur Buchmalerei, sondern entwirft ebenso Illustrationen
für den Pariser Buchdruck oder monumentale Glasmalereien für Pariser
Kirchen. Der Buchdrucker und Verleger Geofroy Tory bedient sich ihrer
häufig und vermittelt durch seine illustrierte Buchproduktion die Kenntnis
ihrer Kunst in ganz Europa. Doch zugleich arbeiten auch deutsche Künstler
in Paris bzw. besuchen die dortigen Werkstätten. Sie nehmen dabei - wie
etwa Hans Holbein d.J. - nicht nur selbst Anregungen mit nach Hause,
sondern beeinflussen ihrerseits auch die französische Produktion.
Dieser zeitnahe und vor allem wechselseitige Austausch zwischen führenden
Künstlern bzw. wichtigen künstlerischen Produktionszentren in Europa macht
das fast gleichzeitige Auftauchen und das gegenseitige Weiterverarbeiten
von Bildideen verständlich. Dabei gibt es offenkundig kein "Zentrum", das
allein in die Peripherie ausstrahlt, ohne selbst von dieser beeinflußt zu
werden, sondern zahlreiche Zentren, zwischen denen die künstlerischen
Impulse variiert und weiterverarbeitet hin- und herlaufen.
Ziel des Kolloquiums ist es, dieses Phänomen näher zu untersuchen und die
Bedingungen und Umstände des künstlerischen Austauschs im Europa des frühen
16. Jahrhunderts besser zu verstehen.

Vorläufiges Programm (Änderungen vorbehalten):

Alle Beiträge werden simultan ins Deutsche, Englische bzw. Französische
übersetzt.

Freitag, 10. Juni 2005

14.00 Uhr Begrüßung und Einführung

I. Die Rezeption der italienischen Hochrenaissance in Paris und im
nördlichen Frankreich. Französische Buchmalerei und Skulptur zu
Anfang des 16. Jahrhunderts

14.15 Uhr Frank Zöllner, Leipzig
"Leonardo da Vinci und Frankreich"

15.00 Uhr Stephanie Buck, Berlin
"Ambrogio Noceto und die frühe Porträtminiatur"

15.45 Uhr Pause

16.15 Uhr Mara Hofmann, London
"Jean Poyer versus Leonardo da Vinci"

17.00 Uhr Alexander Markschies, Aachen
"Inter statuarios et plastas extitit Michael Columbus. Ein Bildhauer
zwischen Burgund, der Bretagne und den Niederlanden"

17.45 Uhr Diskussion

18.30 Uhr Ende der Nachmittagssektion

20.00 Uhr Öffentlicher Abendvortrag
Eberhard König, Berlin
"Paris um 1500: Künstler aus dem Norden, Künstler aus dem Süden. Alte
Aufgaben, neue Techniken"

Sonnabend, den 11. Juni 2005

II. Der "1520s Hours Workshop" und niederländische Künstler in Paris

09.15 Uhr Thomas Kren, Los Angeles
"The Master of the 1520s Workshop and the Female Nude in French Manuscript
Illumination"

10.00 Uhr Guy-Michel Leproux, Paris
"Noël Bellemare et la diffusion du maniérisme anversois à Paris"

10.45 Uhr Pause

11.15 Uhr Pierre-Gilles Girault, Blois
"Paris-Bruxelles: Gauthier de Campes et Jan van Coninxloo"

12.00 Uhr Diskussion

12.45 Uhr Ende der Morgensektion

III. Geofroy Tory als Verleger

14.00 Uhr Caroline Zöhl, Berlin
"Tory und das gedruckte Pariser Stundenbuch"

14.45 Uhr Miriam Hübner, Bonn
"'Gesetz und Gnade' - Cranach, Tory, Holbein?"

15.30 Uhr Laurence Riviale, Paris
"L'emploi des gravures de Tory et Caraglio entre 1540 et 1555 en Normandie
et leur succès auprès des catholiques zélés"

16.15 Uhr Diskussion

16.45 Uhr Pause

IV. Deutsche Künstler in Paris und die Rezeption französischer Kunst in
Deutschland (I)

17.00 Uhr Philippe Lorentz, Straßburg
"Le Maître de la Pietà de Saint-Germain: un peintre colonais (?) à Paris"

17.45 Uhr Jochen Sander, Frankfurt
"Holbein und Frankreich"

18.30 Uhr Diskussion

19.00 Uhr Ende der Nachmittagssektion

20.00 Uhr Öffentliches Konzert

Terrel Stone, Laute: Lautenmusik am Hof Franz I.

Sonntag, den 12. Juni 2005

IV. Deutsche Künstler in Paris und die Rezeption französischer Kunst in
Deutschland (II)

09.15 Uhr Caroline Zöhl, Berlin
"Französische Vorlagen für Holbeins 'Totentanz'" (Kurzbeitrag)

09.45 Uhr Regina Cermann, Berlin
"Über den Export deutschsprachiger Stundenbücher von Paris nach Nürnberg"

10.30 Uhr Pause

V. Der höfische Geschmack: Die Schule von Fontainebleau

11.00 Uhr Martina Minning, Paris
Giovan Francesco Rustici als Hofbildhauer und -bronzebildner Franz' I."

11.45 Uhr Cécile Scaillièrez, Paris
(Arbeitstitel)

12.30 Uhr Diskussion

13.00 Uhr Ende der Morgensektion

14.00 Uhr Dominique Cordellier, Paris
"Primaticcio in Fontainebleau"

14.45 Uhr Alessandra Pattanaro, Padua
"Paris and Ferrara, 1528-1548"

15.30 Uhr Diskussion

16.00 Uhr Abschlussdiskussion

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Veranstaltungsort: Gartensaal, Eingang Dürerstraße 2
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Kontakt:
Priv.-Doz. Dr. Jochen Sander
Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie
Dürerstr. 2
60596 Frankfurt a. M.

Tel.: 0049 - (0) 69 - 60 50 98 102
Email: SanderStaedelmuseum.de

http://www.staedelmuseum.de/

Quellennachweis:
CONF: Paris 1500/1535 (Staedel, Frankfurt, 10-12 Jun 05). In: ArtHist.net, 26.05.2005. Letzter Zugriff 25.04.2024. <https://arthist.net/archive/27257>.

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