CFP 11.01.2012

Comics und Politik (Freiburg, 27-29 Sep 12)

Freiburg, 27.–29.09.2012
Eingabeschluss : 01.02.2012

Stephan Packard

Comics und Politik

7. Wissenschaftstagung der Gesellschaft für Comicforschung

am Institut für Medienkulturwissenschaft, Universität Freiburg

27.-29. September 2012

comfor2012.comicgesellschaft.de

Call for Papers

Für die 7. Wissenschaftstagung werden Abstracts zu drei verschiedenen Typen von Beiträgen erbeten: Vorträge zum Tagungsthema Comics und Politik (1); zum thematisch offenen Werkstattforum (2); sowie zur ebenfalls thematisch offenen Postersession (3).

1. Call for Papers zum Tagungsthema

Daß Comics in vielfältiger Weise mit den Sphären der Politik und des Politischen interagieren, liegt auf der Hand. Als künstlerische Ausdrucksform, als teilweise populäres, alternatives und marginalisiertes Genre und als Bestandteil der neuen Medien verfügen Comics über spezifische politische Dimensionen, die nicht vollständig in den Begriffen aufgehen, die für die Beschreibung von Politik in anderen Künsten vorbereitet sind. Trotz zahlreicher einzelner Studien ist jedoch die besondere Rolle dieser Kunstform als Archiv, Agent, Spielfeld und Konstituente politischer Prozesse bislang kaum unter einer gemeinsamen Perspektive untersucht worden.

Die siebte Jahrestagung der Gesellschaft für Comicforschung soll daher gezielt Beiträge aus unterschiedlichen kulturwissenschaftlichen Disziplinen und Fragestellungen zu den verschiedensten Formen von Konstellationen aus Comics und Politik zusammenführen. Sie soll dabei an gegenwärtige Überlegungen zu einer ethischen Wende der Kulturwissenschaften ebenso anschließen wie an aktuelle Ergebnisse und Fragen der Bildwissenschaft.

Die Beiträge können sich dabei unter anderem an Fragestellungen aus den folgenden drei Bereichen orientieren:

I. Engagierte Comics: Kritik und Propaganda

Am deutlichsten manifestieren sich politische Elemente in Comics dort, wo sie explizit dargestellt, bewertet, verhandelt und vermittelt werden. Politisch engagierte Comics reichen von propagandistischen Traktaten mit politischer, religiöser oder kultureller Agenda über satirische, subversive und gesellschaftskritische Texte bis zu Alternativmedien wie Raubcomics und grauen Publikationen. Gemeinsam mit anderen fiktionalen oder dokumentarischen Comics über zeitgenössische oder historische politische Prozesse bilden sie darüber hinaus ein Archiv politischer Diskurse und Themen, in dem sich das Politische abzeichnet. Hier bieten sich insbesondere auch im Bereich der Postcolonial und der Gender Studies Anknüpfungspunkte für bislang großteils vernachlässigte Fragen der Comicforschung.

Beiträge zu diesem Feld können sich unter anderem mit Publikationskontexten, Rezeptionsgewohnheiten, Wirkungsdimensionen sowie der inhaltlichen Gestaltung und Differenzierung politischer Themen in Comics auseinandersetzen. Untersuchungsgegenstände können neben kulturellen Verarbeitungen politischer Prozesse (etwa Comics ›über‹ das sogenannte ›Dritte Reich‹, den Kalten Krieg, den 11. September usf.) und Comics, die sich aktiv an der politischen Diskussion beteiligen (etwa Comics ›für‹ christlichen Konservativismus, alternative Energiepolitik, sexuelle Aufklärung etc.) auch Comics sein, die in ihrem Entwurf von vornherein Teil offizieller oder alternativer politischer Diskurse sind (also Comics ›in‹ der Politik, etwa die Comicfassung des Berichts der 9/11-Komission, Informations- und Schulungsmaterial im Militär und exekutiven Institutionen usw.).

II. Comics unter Kontrolle: Zensur und Comiccodes

Andererseits sind Comics Objekt politischer Prozesse: Wo sie dominant als Genre der Kinder- und Jugendliteratur wahrgenommen werden, sind sie zu verschiedenen Zeiten unter den politischen Tendenzen verschiedener Erziehungs- und Sozialisierungskonzepte sowie als Fallbeispiel medialer Innovation zwischen apokalyptischen Medienverwahrlosungs- oder progressiven Integrationserklärungen nicht weniger in den Blick politischer Kontrolle geraten als in ihren subversivsten Formen als Alternativmedien, Underground Comix und gezielt den Status ihrer Marginalität performierende Spiele mit Obszönität, phantasmagorischer Gewaltdarstellung und Pornographie.

Von den ausdrücklichen Zensurbestrebungen (etwa im Umfeld der Schmutz- und Schundkampagne) über Mechanismen der Textbeeinflussung und -emendation (etwa in der manipulierten Neuveröffentlichung etablierter Barks- und Hergé-Comics sowie in den Textbeschreibungen der Selbstverpflichtungen wie des amerikanischen Comic Code) bis zu autoreflexiven Kommentaren über die Beschränkungen des eigenen Texts (am prominentesten in der Selbstkritik der Tiermorphologie in Spiegelmans MAUS), lässt sich jeweils politische Textkontrolle stets auch als Textbeobachtung und -beschreibung lesen: Comics müssen als verletzend, abweichend, gefährlich, als produktiv, nützlich, lehrreich oder in verschiedenen anderen Dimensionen bewertet werden, damit sie im öffentlichen Diskurs politischer Kontrolle verurteilt oder verteidigt werden können. Dazu bedarf es zunächst der Einführung wie immer zielgebundener deskriptiver Kategorien und einer mindestens sekundären Comicforschung: Werthams Verdammung der Comics in seinem berüchtigten The Seduction of the Innocent ist nicht zufällig zugleich eine der ersten detaillierten formalen Analysen der Kunstform.

III. Comics als politische Kunstform: Ästhetik und Ideologie

Jenseits der expliziten Behandlung des Politischen in Comics und der Comics in der Politik lassen sich schließlich zahlreiche Fragen nach der politischen Dimension ihrer spezifischen Ästhetiken, ihrer Bildlichkeit und ihrer medialen Dispositive stellen. Im Anschluss an etablierte Modelle der Kulturkritik (etwa bei Benjamin und Adorno) sowie dezidiert bildorientierter Konzepte der Ideologie (etwa im Rahmen von Adaptionen der Apparatus-Theorie bei Oudart und Heath), aber auch an jüngste Neuorientierungen einer politischen Bildkritik (etwa bei Didi-Huberman, Rancière und Badiou) können Beiträge grundsätzlichen politischen Unausweichlichkeiten von Darstellungskonventionen, Strukturverfahren, Narrativierungs- und Fiktionalisierungsprozessen, Körperimaginationen und Genretraditionen nachgehen. Bereits die ästhetische Aufteilung in schriftliche und bildliche Codes und Kommunikationen kann politische Relevanz ebenso wenig vermeiden wie die wiederum politisch relevanten Probleme differenzierter Darstellbarkeit und gerechter Darstellung von Realität und Intention.

Ohne dabei den einzelnen Text zu präjudizieren, kann eine Semantik formaler Grundlagen dieser Kunstform gesucht und – nicht zuletzt wiederum in Comics – verhandelt werden. So lassen sich systematisch ebenso wie an einschlägigen Beispielen Thesen über eine etwaige prinzipielle Widerständigkeit künstlerischer Tätigkeit sowie nach einem theoretischen Verständnis und nach adäquaten Beschreibungsmitteln einer so verstandenen Politik im Comic formulieren und überprüfen.

2. Call for Papers zum offenen Forum

Die Gesellschaft für Comicforschung verfolgt über die spezifischen Tagungsthemen hinaus das Ziel, die Zusammenarbeit und den Austausch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Comics zu stärken. Zusätzlich zur Tagung über Comics und Politik soll daher 2012 in Freiburg wieder ein thematisch offenes Forum stattfinden, in dem angedachte und laufende Forschungsprojekte aller Art vorgestellt und gemeinsam konstruktiv diskutiert werden können. Das Format richtet sich an Kolleginnen und Kollegen in allen Phasen und bei allen Formen von Forschungsprojekten, von Abschlußarbeiten über Promotions- und Habilitationsprojekte bis zu freien und außerakademischen Vorhaben.

3. Call for Papers zur Postersektion

Als drittes Format soll auf der Tagung eine Postersektion Gelegenheit geben, einzelne Forschungsprojekte und -ergebnisse – wiederum thematisch offen – in großformatigen Postern vorzustellen. Die Poster werden für die Laufzeit der Tagung zu sehen sein und an einem Abend in einem Parcours im Gespräch mit den Posterbeiträgern erörtert werden.

Kurze Abstracts

(1) für halbstündige Beiträge zum Tagungsthema

oder

(2) für zwanzigminütige Vorstellungen zum Forum

oder

(3) für ein Poster

mit kurzen biobibliographischen Angaben sind bis 1. Februar 2012 erbeten (per Mail als pdf oder rtf). Bitte deutlich als 1, 2 oder 3 markieren!

Kontakt für Rückfragen und Abstracts:

Dr. Stephan Packard
Juniorprofessor für Medienkulturwissenschaft
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Werthmannstraße 16
79098 Freiburg
Tel. +49-761-203-97842
stephan.packardmedienkultur.uni-freiburg.de

Quellennachweis:
CFP: Comics und Politik (Freiburg, 27-29 Sep 12). In: ArtHist.net, 11.01.2012. Letzter Zugriff 28.03.2024. <https://arthist.net/archive/2515>.

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