Ordnen – Vergleichen – Erzählen: Die Materialität von Klebebänden und ihre Funktionen in der Frühen Neuzeit
Workshop
Ausgehend von dem Sammler und Kunstkenner Sebastiano Resta (1635–1714), der seit den 1680er Jahren eine große Zeichnungssammlung von ca. 5.000 Blättern anlegte und verschiedene, nur zum Teil noch erhaltene Klebebände zusammenstellte, nimmt die Tagung das Medium des Klebebandes in den Blick und fragt nach den unterschiedlichen Ordnungsmustern und Lesekonzepten, die damit eng verbunden waren. Während Druckgrafiken und Zeichnungen zumeist nach Gattungen oder nach Künstlern geordnet wurden, stellte Resta seine Zeichnungen nach Wissensordnungen wie dem Zeitaltermodell Vasaris bzw. den regionalen Schulen zusammen. Er kommentierte die einzelnen Zeichnungen auf den Trägerpappen und nutzte damit die Alben als einen imaginären Raum (Galleria, Teatro), in dem sich seine Kunstgeschichte(n) entfaltete(n).
Seit dem frühen 18. Jahrhundert wurden Klebealben zugunsten einer mobilen Aufbewahrung von Zeichnungen aufgelöst. Gleichwohl blieb eine stattliche Anzahl von Klebebänden erhalten. Heute ist diese Aufbewahrungsform nicht zuletzt auch deshalb interessant, weil die Ordnung der Zeichnungen oder Grafiken im Medium des Klebebandes uns erlaubt nach den Spezifika des 'Lesens' der hier versammelten Zeichnungen oder Grafiken zu fragen. Wie funktionieren diese visuellen Narrative? Unterstützte das Blättern im Band und damit die sukzessive Erschließung seines Inhalts eine zeitlich-lineare Erzählung oder wurde diese eher unterbrochen und folgte anderen Kriterien? Nicht selten wurden die Seiten für mehrere Zeichnungen oder Grafiken genutzt, so dass hier auch ein vergleichendes Sehen intendiert wurde. In welcher Beziehung standen solche Arrangements zu den zeitgleichen musealen Hängungen? Lässt sich daran der jeweilige kunsthistorische Wissensstand ablesen oder gehen die genannten Ordnungen diesem voraus?
Um Anmeldung wird gebeten: Dr. Irina Schmiedel (ischmieduni-mainz.de)
PROGRAMM
Freitag, 31. Januar
14:00-15:00
Martin Eberle (Kassel): Grußwort
Elisabeth Oy-Marra/Irina Schmiedel (Mainz): Einführung
15:00-15:45
Friederike Weis (Berlin):
Alternieren, Zitieren, Gegenüberstellen: Ordnungsmuster in persischen Alben vom 16. bis zum 18. Jahrhundert
15:45-16:15
Kaffeepause
16:15-17:00
Annkatrin Kaul (Mainz):
Methoden frühneuzeitlicher Wissensproduktion auf den Montagen des Codice Resta
17:00-17:45
Heiko Damm (Mainz):
'Disegni di diversi Maestri': Titelblätter von Zeichnungsalben des 17. Jahrhunderts zwischen programmatischem Entwurf und Upcycling
Samstag, 1. Februar
9:00-10:00
Dorit Schäfer (Karlsruhe):
Interdisziplinäre Forschung am Museum: Die Karlsruher Piranesi-Alben
Maria Krämer (Karlsruhe): Nach dem Dornröschenschlaf: Die Erschließung und Bewahrung der Karlsruher Piranesi-Alben
Christoph Frank (Mendrisio):
Zum Kontext des Piranesi-Forschungsprojektes
10:00-10:30
Kaffeepause
10:30-11:15
Hanna Lehner (München/Bochum):
Gebündeltes Wissen: Zu Struktur und Funktion der Wolfegger Klebebandsammlung
11:15-12:00
Gudula Metze (Dresden):
Dank Klebeband zum Kunstverstand? Vier didaktische Manuskripte von 1738 zu Klebebänden der italienischen Malerschule
12:00-13:30
Mittagspause
13:30-14:15
Eduard Wätjen (Dresden/München):
Die Klebebände der Sammlung Wagner im Dresdner Kupferstich-Kabinett
14:15-15:00
Christiane Lukatis (Kassel):
Das Projekt zur Digitalisierung der Klebebände in der Graphischen Sammlung
Hendrickje Kehlenbeck/Sonja Ruth (Kassel):
Präsentation von Klebebänden aus der Sammlung der Landgrafen von Hessen-Kassel im Studiensaal der Graphischen Sammlung der MHK
Quellennachweis:
CONF: Ordnen – Vergleichen – Erzählen (Kassel, 31 Jan-1 Feb 20). In: ArtHist.net, 25.01.2020. Letzter Zugriff 12.03.2025. <https://arthist.net/archive/22483>.