CONF 19.06.2019

Bauhaus im Rückspiegel (Krefeld, 30 Jun 19)

Krefeld Pavillon, Wilhelmshofallee/Kaiserstraße, 47800 Krefeld, 30.06.2019

Oestereich, Christopher

1925 entwarf Marcel Breuer als Jungmeister am Bauhaus den Stahlclubsessel B3, der als Wassily Chair in die Designgeschichte eingeht. Wie kaum ein anderes Möbel steht es für das Anliegen der Moderne, Gebrauchsgegenstände im Sinne einer klaren Funktionalität neu zu denken und auch das Sitzmöbel von Pomp und Polster zu befreien.

Ein halbes Jahrhundert später, 1979, unterzieht Alessandro Mendini das Möbel einem dezenten, aber bemerkenswerten Redesign, wie er es schon mit zahlreichen Alltagsgegenständen getan hatte: Die Struktur des Originals bleibt unverändert, doch die spartanischen Gurte von Sitz und Lehnen mutieren zu farbigen Flächen mit amorphen Formen. Eine ironische Anmerkung zur Moderne, deren moralischer Anspruch und doktrinär gewordene Dekorfeindlichkeit Ende der 1970er-Jahre nicht mehr überzeugt.

Um 1978 tritt die Kritik an der Moderne, die sich seit den 1960er-Jahren formulierte, in Design und Architektur offen zu Tage. Ausgehend von der konsumkritischen Position des Radical Design gegenüber dem Bel Design erlangt sie durch Gruppen wie Alchimia und Memphis große Aufmerksamkeit. In ähnlicher Weise prägen Gruppen wie Kunstflug, Bellefast oder Möbel perdu in Deutschland das sogenannte antifunktionalistische Design. Auch in der bildenden Kunst hinterlässt die Abkehr von der Moderne Spuren, die unter anderem im Werk von Thomas Schütte nach zu vollziehen sind.

Bauhaus im Rückspiegel beleuchtet den Moment, an dem die Moderne als Leitkonzept für die Gestaltung einer besseren Welt zu Gunsten der Postmoderne abdankte – nur vorübergehend wie wir heute wissen. Gefragt wird nach der Relevanz der beiden nun historisch gewordenen Entwicklungen für die Gegenwart.

Die Veranstaltung haben Christiane Lange, Wolfgang Schepers und Harald Hullmann gemeinsam für Projekt MIK e.V. konzipiert. Petra Eisele übernimmt die Moderation.

Teilnehmer

Prof. Francois Burkhardt, Design- und Architekturtheoretiker, Akteur in der Designszene, ab 1971 als Leiter der I.D.Z. Berlin (Internationales Design Zentrum), ab 1984 bis 1992 Direktor des C.C.I. (Centre de Creation Industriel) im Centre Georges Pompidou, Paris.

Prof. Dr. Petra Eisele, Professorin für Designgeschichte und -Theorie an der Hochschule Mainz; Forschungsschwerpunkte u.a. designtheoretische Positionen am Bauhaus sowie kritische Bauhaus-Rezeption im Neuen deutschen Design der achtziger Jahre.

Dr. Julian Heynen, Kurator und Autor für zeitgenössische Kunst. Er war u. a. Ausstellungsleiter bei den Kunstmuseen Krefeld und künstlerischer Leiter von K21 - Kunstsammlung NRW, Düsseldorf; Biennale-Tätigkeiten in Venedig und Shanghai. Die Umbrüche in der Kunst um 1980 hat er teilnehmend begleitet und ist seitdem auch dem Werk von Thomas Schütte eng verbunden.

Prof. Harald Hullmann, Designer und Mitbegründer der Gruppe Kunstflug, die in den 1980 Jahren zu den wichtigen Vertretern der modernekritischen Bewegung im Rheinland gehörte.

Christiane Lange, Kunsthistorikerin, Kuratorin und Initiatorin der Ausstellung Bauhaus und Seidenindustrie im Krefeld Pavillon von Thomas Schütte.

Dr. Wolfgang Schepers, Designhistoriker und langjähriger Leiter der Designsammlungen im Kunstpalast Düsseldorf sowie des Museum August Kestner (MAK) Hannover.

PROGRAMM:

15.00 Uhr
Christiane Lange: Begrüßung
Petra Eisele: Einführung

15.30 - 16.15 Uhr
Julian Heynen:
1978 - Bauhaus unter Stress

16.30 - 17.15 Uhr
Wolfgang Schepers:
Italienisches und Neues Deutsches Design der 1980er-Jahre

Diskussion

Pause

18.00 - 19.15 Uhr
Panel mit Kurzreferaten (Moderation: Petra Eisele)

Francois Burkhard:
Statements zur italienischen Bewegung des Radical-Design

Harald Hullmann:
Statements zur Gruppe Kunstflug

19.15 Uhr
Ausklang

Quellennachweis:
CONF: Bauhaus im Rückspiegel (Krefeld, 30 Jun 19). In: ArtHist.net, 19.06.2019. Letzter Zugriff 19.09.2024. <https://arthist.net/archive/21097>.

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