CFP Apr 19, 2019

Denkmalpflege - Heimat - Identität (Dresden, 27-29 Nov 19)

Dresden, Amt für Kultur und Denkmalschutz
Deadline: Jun 15, 2019

Dr. Bernhard Sterra

Unter dem Titel "Denkmalpflege - Heimat - Identität. Das Denkmal und die Stadtgesellschaft" plant das Amt für Kultur und Denkmalschutz Dresden eine Fachtagung, die vom 27.-29.11.2019 in der sächsischen Landeshauptstadt stattfinden wird. Mit dieser Veranstaltung setzen wir die im Jahr 2011 begonnene Reihe von Tagungen fort, deren Absicht es ist, Fachleuten der Denkmalpflege und benachbarter Disziplinen und Berufszweige einen lebendigen und anregenden Erfahrungs- und Ideenaustausch zu einem jeweils vorgegebenen Thema zu ermöglichen und darüber hinaus eine Plattform für vielfältige Kontakte auch interdisziplinärer Art bereitzustellen.

Nach den bisher durchgeführten Veranstaltungen zu „20 Jahre Denkmalschutz in den Neuen Bundesländern“, „Denkmalpflegepraxis im baukulturellen Kontext“ und "Die Rolle der Denkmalpflege in Stadtmarketing und Tourismus", werben wir nun um Fachreferate von etwa 20 Minuten Länge zu dem Themenkomplex "Denkmalpflege - Heimat - Identität".

„Die Gegenwart der Stadt kann ohne ein Wissen um ihre Vergangenheit nicht verstanden werden, in ihrem Körper überlagern sich historische Epochen. Die Stadt kann wie ein steinernes Geschichtsbuch gelesen werden.“ (Walter Siebel, Die Kultur der Stadt, 2015)

Vor allem die Architektur spielt in jeder Stadt für das mentale Wohlbefinden der Menschen eine entscheidende Rolle. Der Architekt und Hamburger Stadtbaurat Fritz Schumacher meinte einst sinngemäß und sehr treffend: "Ein Bild kann man von der Wand nehmen, ein Buch kann man zurück ins Regal stellen, aber ein Bauwerk ist tagtäglich Gegenstand unseres Sichtfeldes."

Das Erleben des Faktischen geht mit ästhetischen Bewertungen einher oder aber mit Bedeutungszuschreibungen etwa erinnerungskultureller Art, die einen Ort „aufladen“. Das Kulturdenkmal als Fixpunkt im Stadtgefüge wird dann eine Konstante im kulturellen Gedächtnis der Stadtgesellschaft.
Die Bauwerke als „architektonisches Geschichtsbuch“ können sich zudem innerhalb einer regionalen Eigenart oder einer spezifischen Typologie bewegen und bieten hierdurch die Möglichkeit der Assoziierbarkeit mit Angestammtem, Vertrautem und Verlässlichem. Zugleich sind sie damit wiederum Teil einer überregionalen Vielfalt.

Das Interesse der Menschen an Natur, Lebenskultur, Denkmalpflege und Gesellschaft ist unterschiedlich, jedoch wird jeder damit konfrontiert.
Aufgabe der Denkmalpfleger - neben der praktischen, objektbezogenen Tätigkeit – ist es auch, völlig verschiedene Partner für die Werte überlieferter Zeugnisse zu interessieren und zu einer Teilhabe zu bewegen. Von der Überzeugung des Eigentümers über den Wert und die spezifischen Charakteristika „seines“ Denkmals bis hin zur Vermittlung eher unzugänglicher Zeugnisse in die Gesellschaft hinein agiert die Denkmalpflege sehr vielfältig. In der Erforschung und gesellschaftlichen Abfrage erschließt sie die Bedeutung und die Tradierungswürdigkeit von Denkmalen. Darauf aufbauend vermittelt sie diese Erkenntnisse auf unterschiedliche Weise. Trägt sie dadurch auch zu „Identitätskonstruktionen“ bei?

Wie agiert sie dabei: vorausschauend im Sinne einer Art „Avantgarde“? Oder eher reagierend auf bereits in Gang gekommene Prozesse, wie es bei der Diskussion um die Nachkriegsmoderne weitgehend zu beobachten war?

Der Historiker Jens Jäger stellte 2017 in seinem Aufsatz „Heimat“ fest, dass im deutschen Kaiserreich der „Schutz der Natur und die Sorge um die Umwelt zumeist mit einem Engagement für die unmittelbare Lebenswelt einsetzten, da hier die Kenntnisse der Situation vor Ort und die sozialen und kulturellen Gegebenheiten wichtig waren, um dem Engagement den notwendigen Rückhalt zu verschaffen.“ Dieser Befund wird auch noch heute gelten: Das Engagement für Zeitzeugnisse, Denkmale und Orte kann sich aus dem soziokulturellen Milieu eines Quartiers oder dem Habitus einer ganzen Stadt ableiten, dem man sich zugehörig fühlt. Die Verortung des Vertrauten, Zugehörigen unterliegt jedoch auch einem Wandel: wer sich aus welchen Gründen und in welcher Weise wofür engagiert, ist ebenso heterogen wie die Strategien, diesem Engagement sozialen Rückhalt zu geben. Die denkmalfachlichen Bedeutungszuschreibungen müssen dabei mit anderen Strategien der Identifikation nicht unbedingt deckungsgleich sein.

Als historisch arbeitende Disziplin vermag es die Denkmalpflege, aus dem überlieferten Zeugnis heraus Menschen unmittelbar an der eigenen Geschichte teilhaben zu lassen. Ja, möglicherweise ist sie selbst für viele Denkmalpfleger eine Art „Heimat“, aus der heraus versucht wird, für die Aura des historischen Dokuments Begeisterung zu wecken.

In welcher Konkurrenz der Identitätskonstrukte findet sich dieser Ansatz der Denkmalpflege im ersten Drittel des 21. Jahrhunderts wieder? Welche Toleranzen lässt eine Stadtgesellschaft für jeweils andere Deutungsmuster zu?

Denkmalpflege zukunftsweisend zu gestalten, heißt im Besonderen, neben dem fachgerechten Erhalt der erfassten Kulturdenkmale auch einen Umgang zu finden mit sich weiter entwickelnden gesellschaftlichen Prozessen, die man nicht aufhalten wollen, sondern vielmehr mitgestalten sollte. Fragestellungen etwa der klimaangepassten Stadtentwicklung können sich auch auf Kulturdenkmale auswirken. Sie bedürfen der differenzierten Betrachtung vor dem Hintergrund des Denkmalwertes, vertrauter (Stadt)Bilder wie auch der dem Altbestand inhärenten Nachhaltigkeit, die mit einem Einsatz kurzlebiger Materialien nicht harmoniert.

Die Tagung will zu einem Austausch einladen darüber, inwiefern Begriffe wie „Heimat“ oder „Identität“ in der denkmalpflegerischen Arbeit – am Objekt, denkmaltheoretisch oder disziplingeschichtlich – explizit oder implizit mitschwingen. Sie fragt danach, was diese Befunde für die Denkmale selbst wie auch für ihre Rezeption, schließlich auch für die Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren bedeuten können. Die Verbindung der Denkmalpflege mit anderen Konstrukten wie etwa dem „Regionalismus“, dem „Landschaftsraum“, der „Moderne“ usw. können für den Austausch ebenso von Interesse sein wie der Stellenwert einzelner Objekte für das Selbstbild einer Stadtgesellschaft.

Die Tagungssprache wird Deutsch sein, gleichwohl sind Beiträge auch aus nicht deutschsprachigen Ländern sehr willkommen. Die Tagungsbeiträge werden in einem Sammelband publiziert.

Bitte senden Sie bei Interesse Ihren Themenvorschlag mit einer kurzen Inhaltsangabe (max. halbe DIN-A4-Seite) bis zum 15.06.2019

- per E-Mail an:
denkmaltagungdresden.de

- oder postalisch an:
Landeshauptstadt Dresden, Amt für Kultur und Denkmalschutz,
Herrn Dr. Bernhard Sterra, Postfach 12 00 20, 01001 Dresden.

Für Fragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Ihre Ansprechpartner sind:
Dr. Bernhard Sterra
Tel. (03 51) 4 88 89 50
E-Mail: bsterradresden.de

Martina Ullrich M.A. (Tagungsbüro, besetzt ab 6. Mai 2019)
E-Mail: denkmaltagungdresden.de
Tel. 0351/ 488 89 50
E-Mail: bsterradresden.de
Martina Ullrich M.A. (Tagungsbüro, besetzt ab 6. Mai 2019)
E-Mail: denkmaltagungdresden.de

Reference:
CFP: Denkmalpflege - Heimat - Identität (Dresden, 27-29 Nov 19). In: ArtHist.net, Apr 19, 2019 (accessed Mar 28, 2024), <https://arthist.net/archive/20686>.

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