CFP 13.02.2019

Fotografische Materialität jenseits von Analog und Digital (Köln, 25-28 Sep 19)

Köln, 25.–28.09.2019
Eingabeschluss : 10.03.2019

Maria Männig

Fotografische Materialität jenseits von Analog und Digital –
Panel der AG Fotografieforschung auf der GfM-Jahrestagung 2019

Obwohl das grundsätzliche Prinzip der Camera Obscura bereits seit der Antike bekannt war, beginnt die „Vorgeschichte“ der Fotografie im engeren Sinn mit den Versuchen, flüchtige Bilder auf lichtsensitiven Materialien nachhaltig zu fixieren. Anders als der Film, mit dessen materieller Basis das Kinopublikum in der Regel nicht in Kontakt kam, war die Fotografie in ihrer dominanten Form stets gekennzeichnet durch eine „besondere Struktur von Objektivation und Besitz“ (V. Sobchack), mit anderen Worten durch Materialität in einem sehr wörtlichen Sinn. Die Digitalisierung und die zunehmende Marginalisierung analoger fotografischer Verfahren wurden vor diesem Hintergrund als Prozess der Immaterialisierung empfunden. Entsprechend skeptisch wurde „das Digitale“ in der Fotografietheorie der 1990er und 2000er Jahre wahrgenommen. Mit dem (vermeintlichen) Verlust der materiellen fotochemischen Basis schien auch der Wirklichkeitsbezug fotografischer Bilder grundsätzlich in Frage gestellt, das „Ende des fotografischen Zeitalters“ unumkehrbar. Tatsächlich wurde die materielle Infrastruktur analoger Fotopraktiken weitgehend dezimiert: Zahlreiche Fabriken, Labore und Reparaturwerkstätten wurden geschlossen oder umgewidmet.

Während sich der akademische Diskurs über die Fotografie in der letzten Dekade zunehmend von den ontologischen Perspektiven verabschiedet hat und vermehrt neue fotografische Praktiken und Ökonomien fokussiert, ist in der Populärkultur nach wie vor eine weitreichende Fetischisierung analoger Fotografie zu beobachten. Dies kommt in zwei gegenläufigen Tendenzen zum Ausdruck: einerseits in residualen oder neu auflebenden, analogen Formen des Mediengebrauchs (Lomografie, Polaroid-Revival etc.), in denen (unter anderem) die Materialität des fotochemischen Bildes zelebriert wird; andererseits in den vielfältigen mimetischen, digitalen Verfahren der Simulation und Remediation von als spezifisch analog wahrgenommenen Bildästhetiken gerade in Kontexten wie der Smartphone-Fotografie (Filter-Apps). Bei genauerer Betrachtung offenbaren sich jedoch zahlreiche Verbindungen zwischen den scheinbar so unterschiedlichen Bereichen: Polaroid-Fotos werden eingescannt oder mit spezialisierten Smartphone-Apps abfotografiert, um online geteilt werden zu können. Genuin digitale Fotografien werden (zumindest gelegentlich) ausgedruckt bzw. „entwickelt“, zudem werden sie selbstverständlich auch grundsätzlich als Dateien auf materiellen Trägern gespeichert, selbst wenn Metaphern wie die der „Cloud“ diesen Umstand verschleiern und den Topos der Immaterialität digitaler Bilder implizit fortschreiben. In diesem Sinne versteht sich der vorliegende Call als Aufruf, die klassischen Dichotomien von materiellen analogen Bildern und immateriellen digitalen Bildern zu problematisieren, da sie der Komplexität und Dynamik aktueller wie historischer fotografischer Praktiken nicht gerecht werden. Gerade auch im künstlerischen Bereich finden sich zahlreiche hybride Formen zwischen analog und digital. Ausgehend von diesen Überlegungen analysiert das Panel Materialitätsfragen auf vier Ebenen:

1. Ebene des Materials
2. Ebene der Einschreibeprozesse
3. Ebene der alltäglichen fotografischen Praktiken
4. Meta-Ebene: Reflexion durch Kunst und Theorie

Die erste, materielle Ebene betrifft Fragestellungen, mit denen sich die Fotografie als Bildträger generell beschreiben lässt. Beispiele dafür sind: Fotografie in gleichzeitiger Existenz als Positiv und Negativ – wie im Falle der Daguerreotypie; Fotografie in ihrer Dualität von Negativ versus Abzug, oder als Diapositiv versus projiziertes Bild sowie als binärer Code versus Ausgabe auf Displays.

Die zweite Ebene behandelt Prozesse des (beabsichtigten oder unbeabsichtigten) Einschreibens in ein Material: Spuren manipulativer Eingriffe also genauso wie Gebrauchsspuren. In der digitalen Fotografie betrifft dies sowohl die Metadaten als auch den Code. Jüngst wurde etwa darüber diskutiert, woran sich durch sogenannte „generative adversarial networks“ (GAN) errechnete Fotografien erkennen lassen. Relevant wird hier eine Bildforensik, die Materialitäten analysiert, um derartige Manipulationen offenzulegen.

Die dritte Ebene widmet sich den oben beschriebenen neueren fotografischen Praktiken, insbesondere den alltäglichen Formen des Mediengebrauchs, die die etablierten Unterscheidungen zwischen analog und digital, materiell und immateriell unterlaufen.

Die vierte Ebene widmet sich der künstlerischen und theoretischen Reflexion der oben umrissenen drei Ebenen. Künstlerische Interventionen machen fotografische Prozesse und Materialien sichtbar und provozieren somit eine Auseinandersetzung. Produktive Zerstörung hat sich als probates Mittel etabliert, vermeintlich Selbstverständliches zu hinterfragen und offen zu legen. Dies reicht von physischen Eingriffen in Filmmaterialien bis hin zur Manipulation von digitalen Sensoren. Eine Reihe jüngerer Ausstellungen (etwa „Back to the Future“ im C/O Berlin und FOAM Amsterdam oder „Ein Gramm Licht“ im Museum für Industriekultur Nürnberg) thematisieren dezidiert die Neuentdeckung und Neuerfindung alter fotografischer Praktiken im digitalen Kontext. Denkbar ist in diesem Kontext aber auch ein Blick auf die von der Auseinandersetzung mit den ersten drei Ebenen geprägten theoretischen Diskurse.

Organisatorisches:

Das Panel soll auf der Jahrestagung 2019 der GfM (Thema: Medien-Materialitäten) vom 25. bis 28. September 2019 an der Universität zu Köln stattfinden.

Ein Panel umfasst drei bis vier Vorträge. Wir bitten hierfür um Vorschläge für 20-minütige Beiträge. Vortragsvorschläge sollen maximal 300 Wörter umfassen.
Zusätzlich reichen Sie bitte eine Kurzbiografie zur Verwendung im Tagungsprogramm ein, die akademischen Titel, gegenwärtige Tätigkeit, Arbeitsschwerpunkte, bis zu drei Auswahlpublikationen enthält und maximal 1.000 Zeichen inklusive Leerzeichen umfasst. Die Einreichungen sind bitte bis zum 10. März 2019 zu senden an:

Maria Männig (maennigstaff.uni-marburg.de)
Dominik Schrey (dominik.schreykit.edu)

Wir freuen uns auf Ihre Einsendungen!

Weitere Informationen unter: https://www.fotografieforschung.de

Quellennachweis:
CFP: Fotografische Materialität jenseits von Analog und Digital (Köln, 25-28 Sep 19). In: ArtHist.net, 13.02.2019. Letzter Zugriff 27.04.2024. <https://arthist.net/archive/20158>.

^