Bewegtbilder 2019
Modalitäten des Bildes: Der Multimodalitätsbegriff aus bildwissenschaftlicher Perspektive
Tagung der Gesellschaft für interdisziplinäre Bildwissenschaft und der Forschungsgruppe Bewegtbildwissenschaft Kiel|Münster.
Ein moderner und integrierender Bildbegriff impliziert sowohl statische als auch dynamische Bildtypen. Handelt es sich bei Gemälden, Diagrammen oder Fotografien um statische Bildtypen, so sind Kinematographie, Fernseh-, Video-, Computerspielbilder oder digitale Bildräume zu den dynamischen Bildtypen zu rechnen. Die Darstellungs- und Rezeptionssituation dieser Bildtypen sind – wenn nicht bereits in ihrer isolierten Erscheinung innerhalb des jeweiligen Bildmediums, dann wenigsten innerhalb ihres spezifischen Verwendungskontextes – als multimodal zu bezeichnen. Schließlich sind „Kommunikationsprozesse, bei denen Multimodalität keine Rolle spielt, […] kaum mehr vorstellbar“ (Sachs-Hombach et al. 2018: 11-12; vgl. Krois 2011: 207; vgl. Mitchell 2010: 42). Daher wollen wir mit der Tagung »Bewegtbilder 2019« der Frage nachgehen, welche möglichen Formen und Interpretationen der multi-disziplinär geprägte Multimodalitätsbegriff umfasst und wie dieses Konzept für eine bildwissenschaftliche Perspektivierung fruchtbar gemacht werden kann.
Ausgehend von dem Artikel „Medienwissenschaftliche Multimodalitätsforschung“ von Klaus Sachs-Hombach, John Bateman, Robin Curtis, Beate Ochsner und Sebastian Thies lassen sich folgende Dimensionen von Multimodalität identifizieren: perzeptuelle, semiotische, referenzielle und partizipatorische Multimodalität (vgl. Sachs-Hombach et al. 2018: 11-12). „Eine perzeptuelle Dimension von Multimodalität liegt dann vor, wenn ein Reiz oder eine Reizkonstellation durch mindestens zwei Wahrnehmungsmodi verarbeitet wird“ (ebd.: 12). Die semiotische Dimension von Multimodalität beinhaltet beispielsweise Text-Bild-Zusammenhänge, aber auch „Gesten, Mimik, Layout oder Design“ (ebd.: 14). Die Dimension der referenziellen Multimodalität dagegen bezieht sich darauf, „dass ein Werk verschiedene Modi des Weltbezugs enthalten kann“ (ebd.: 17). Die Dimension der partizipatorischen Multimodalität ermöglicht schließlich „den Zugriff auf relationale Existenzweisen medialer Konfigurationen, die anhand konkreter, situierter Gebräuche bestimmt und analysiert werden können“ (ebd.: 19). „Das Potenzial einer solchen Multimodalitätskonzeption wird sichtbar, wenn nicht mehr isoliert nach den adressierten Sinnen, den eingesetzten semiotischen Ressourcen oder auch nach spezifischen Medien (z.B. Film, Printmedien und interaktive Medien) oder spezifischen Aspekten, sondern nach der Kombination unterschiedlicher Dimensionen von Multimodalität innerhalb komplexer medialer Arrangements gefragt wird.“ (ebd.: 10)
Das Erkenntnisinteresse der Tagung konzentriert sich daher auf drei Schwerpunkte: Erstens soll aus bildtheoretischer Perspektive untersucht werden, ob diese vorgeschlagenen Dimensionen eines integrierenden Modalitätskonzepts auf Bilder angewendet werden können bzw. ob sie modifiziert oder erweitert werden sollten. Zweitens soll ausgelotet werden, inwiefern ein solches Modalitätskonzept für verschiedene bildwissenschaftliche Disziplinen (z.B. Archäologie, Design- oder Kunstwissenschaften) Relevanz besitzt. Drittens soll der Fokus auch auf alle bildpraktischen Disziplinen gelenkt werden, wie beispielsweise Kommunikations- / Mediendesign, Bildende Kunst, Kunstpädagogik. Im Hinblick auf diese Disziplinen interessiert insbesondere, ob und wie im Gestaltungsprozess multimodale Perspektiven eine Rolle spielen.
Die Diskussion dieser drei Schwerpunkte erscheint vor allem aussichtsreich vor dem Hintergrund der jeweiligen Bildverwendungstypen, vor dem Hintergrund also des konkreten Einsatzes von Bildern in spezifischen Kontexten mit spezifischen Zielsetzungen. Entsprechend kann angenommen werden, dass es bestimmte Multimodalitätsgestalten oder -strukturen gibt, die sich konventionell oder nicht-konventionell herausgebildet haben und für bestimmte Kontexte besonders geeignet sind. Diese Strukturen gilt es in Bezug auf die jeweiligen Bildmedien zu identifizieren und in ihren jeweiligen Funktionen zu analysieren.
Die Tagung der Gesellschaft für interdisziplinäre Bildwissenschaft findet im Senatssaal (Sokratesplatz 2, Etage 7) auf dem Campus der Fachhochschule Kiel statt. Die Anmeldung zur Tagung ist per Email an patrick.rupert-krusefh-kiel.de zum 3. Mai 2019 möglich. Die Teilnahme ist kostenlos. Den Campusplan und weitere Informationen finden Sie unter www.movingimagescience.com.
Donnerstag, 9. Mai
10:00 Uhr Begrüßung und Einleitung
10:30 Uhr Stefan Meier (Koblenz): Visual Framing: Salienzstiftung im multimodalen Zeichengefüge.
11:30 Uhr Bernd Zywietz (Mainz): Propaganda multimodal. Modale Dimensionen am Beispiel des „Islamischer-Staat“-Videos „Inside the Khilafah 8“.
12:30 Uhr Mittagspause
14:00 Uhr Goda Plaum (Salzburg): Denkmodi in Bildgestaltungslehren.
15:00 Uhr Nicolas Constantin Romanacci (Augsburg): Multimodalität und Medienkunst.
16:00 Uhr Kaffeepause
16:30 Uhr Hartmut Stöckl (Salzburg): Linguistische Multimodalitätsforschung – Theoretische Grundlagen und methodisch-analytische Einblicke.
17:30 Uhr Dieter Mersch (Zürich): Multimodalität und bildliche Reflexivität.
18:30 Uhr Ende von Tag Eins
Freitag, 10. Mai
10:00 Uhr Lars Nowak (Erlangen): Negative Multimodalität. Zu widersprüchlichen Beziehungen zwischen Bild und Sprache in Comic und Film.
11:00 Uhr Patrick Rupert-Kruse (Kiel): Kinästhetische Bilder. Virtual Reality zwischen Performanz, Propriozeption und Signifikation.
12:00 Uhr Mittagspause
13:30 Uhr Klaus Sachs-Hombach (Tübingen): Dimensionen der Multimodalität. (Workshop)
15:00 Uhr Kaffeepause
15:30 Uhr Hauptversammlung der Gesellschaft für interdisziplinäre Bildwissenschaft (GiB).
18:30 Uhr Abschluss und Abschied
Reference:
CONF: Bewegtbilder 2019, Modalitäten des Bildes (Kiel, 9-10 May 19). In: ArtHist.net, Feb 10, 2019 (accessed Jul 6, 2025), <https://arthist.net/archive/20143>.