24.06.2011

Wolfram Prinz (1929-2011)

Christian Freigang, Berlin

Wolfram Prinz (5. Februar 1929- 22. Mai 2011)

Am 22. Mai ist ein langjähriges Mitglied des Kunsthistorischen Instituts der Universität Frankfurt/M., der Kollege Wolfram Prinz, im Alter von 82 Jahren in Hamburg verstorben. Nach dem Abitur 1947 in Berlin hatte Prinz Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin und in Padua studiert. Mit einer Dissertationsarbeit zur Architekturdarstellung in der süd- und mittelfranzösischen Bauplastik des 12. Jahrhunderts wurde er 1955 in Berlin promoviert. Es folgten ein Volontariat an den ehem. Staatlichen Museen in Berlin und eine Assistenz am Kunsthistorischen Institut der FU. Anschließend arbeitete Prinz als Volontär am Historischen Museum in Frankfurt, für das er den Katalog der Gemälde schrieb, der 1957 erschien. In den Jahren 1958 und 1961 bis 1963 war Prinz Stipendiat am Kunsthistorischen Institut in Florenz, das damals noch im Palazzo Guadagni an der Piazza Santo Spirito untergebracht war und von Ulrich Middeldorf geleitet wurde. Hier arbeitete er an einer umfangreichen Studie über die Selbstbildnisse der Künstler in den Uffizien. Danach übernahm Prinz knapp zwei Jahre lang eine Stelle als Assistent am Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Technischen Universität Darmstadt. Von dort ging er 1965 an das Kunstgeschichtliche Institut der Universität Frankfurt/M., zunächst als Assistent, dann als Oberassistent. Hier habilitierte er sich 1969 unter Harald Keller mit der Arbeit zu den Künstlerselbstbildnissen in den Uffizien. 1971 wurde er in Frankfurt auf eine neu eingerichtete Professur berufen. Er war von 1973-74 Dekan des neugebildeten Fachbereichs 09 (Klassische Philologien und Kunstwissenschaften) und schied mit dem Ende des Wintersemesters 1993/94 aus dem aktiven Dienst aus.
Prinz prägte das Frankfurter Institut durch seinen dezidierten Forschungsschwerpunkt in der Kunstgeschichte der italienischen Renaissance. Hatte er sich zunächst in seinem Buch über die „Sammlung der Selbstbildnisse in den Uffizien“ (1971) mit der Sammlungsgeschichte anhand von Briefwechseln gewidmet und dabei die umfangreiche Korrespondenz des europäischen Agentenstabs von Leopoldo und Cosimo III. de’ Medici bearbeitet, so verfolgte er in den 1980er Jahren ein ausgeprägtes architekturhistorisches Interesse, das sich schon in der frühen vergleichenden Studie über die „Entstehung der Galerie in Frankreich und Italien“ (1970) angekündigt hatte. Diese Studie, die zum ersten Mal nach den Ursprüngen des für die frühneuzeitlichen Sammlungen so wichtigen Raumtypus fragt, legte den Grundstein für weitere raumtypologische Studien und erschien 1985 in einer überarbeiteten Form auf Italienisch. Mit seinen beiden Büchern „Schloss Chambord und die Villa Rotonda“ (1980) und „Das französische Schloss der Renaissance“ (1985, zuammen mit Ronald Kecks) erweiterte er nun den zunächst vergleichenden Ansatz auf die französische Architekturgeschichte der Renaissance und entwickelte frühe Ansätze für eine Ikonologie der Architektur. In diese Zeit fallen auch die Organisation von vielbeachteten und innovativen Frankfurter Vortragsreihen – etwa zur Islamischen sowie zur Ostasiatischen Kunst – sowie die Leitung der Sektion „Höfische Feste und fürstliche Repräsentation“ auf dem internationalen Kongress „Europäische Hofkultur im 16. und 17. Jahrhundert“ in Wolfenbüttel (1979). In Frankfurt gab er auch die Schriftenreihe „Frankfurter Forschungen zur Kunst“ heraus. Vor allem organisierte Prinz 1984 in Frankfurt das internationale und interdisziplinäre Kolloquium „Naturwissenschaft und Naturbeobachtung. Natur und bildende Kunst vom 14. bis 16. Jahrhundert“, zu dem er bereits damals Vertreter der Geschichte der Medizin und Pharmakologie einlud und einen Brückenschlag zwischen den Fachgebieten versuchte. Die Beiträge konnten 1987 unter dem Titel „Die Kunst und das Studium der Natur vom 14.-16. Jahrhundert“ (hrsg. zusammen mit Andreas Beyer) veröffentlicht werden. Einen weiteren, thematisch vergleichbaren Kongreß organisierte Prinz 1987 in Florenz: „Uomo e natura nella letteratura e nell’arte italiana del Tre- e Quattrocento“. In Seminaren und Vorlesungen lag sein Schwerpunkt bereits seit den 1980er Jahren auf der Ikonographie und Bilderzählung der Malerei des Tre- und Quattrocento, aber erst Ende der 1980er Jahre erwuchs hieraus ein Forschungsprojekt, das er nun, gemeinsam mit Iris Marzik, systematisch auf eine Publikation hin betrieb. Ausgehend von Leon Battista Albertis Konzept der Historienmalerei – der “storia” – war die Untersuchung narrativen Mustern in der Florentiner Malerei gewidmet. Leider war es schwer, angesichts des beeindruckenden Umfangs Mittel für eine adäquate Publikation zu finden, so dass Jahre vergingen, bis das Buch 2000 endlich erscheinen konnte – Jahre, in der narratologische und kunsttheoretische Studien eine ungeahnte Konjunktur erfuhren, für die das Buch zu spät kam. In diesem Kontext ist auch das 1994 gemeinsam mit Max Seidel am Kunsthistorischen Institut in Florenz und der Accademia del Disegno veranstaltete internationale Kolloquium über Domenico Ghirlandaio zu sehen. („Domenico Ghirlandaio, 1449-1494 : atti del Convegno internazionale, Firenze, 16 - 18 ottobre 1994", hrsg. v. Wolfram Prinz und Max Seidel, Florenz 1996).
Wolfram Prinz wurde für seine Verdienste um die italienische Kunstgeschichte mit der Medaglia Giorgio Vasari der Accademia delle arti del disegno in Florenz ausgezeichnet, deren Mitglied er seit 1977 war und in der er lange den Vorsitz der Klasse Kunstgeschichte innehatte. Überdies war er Träger des italienischen Verdienstordens und des Bundesverdienstkreuzes.
(Elisabeth Oy-Marra und Christian Freigang)

Quellennachweis:
Wolfram Prinz (1929-2011). In: ArtHist.net, 24.06.2011. Letzter Zugriff 16.04.2024. <https://arthist.net/archive/1597>.

^