Greifbare Städte. Materialität und Identität in Süditalien (1100-1800)
Internationaler Workshop
»Materialität vermittelt Bedeutung. Sie schafft die Mittel, durch die soziale Beziehungen visualisiert werden. Denn durch Materialität artikulieren wir Bedeutung und somit ist sie der Rahmen, durch den die Menschen Identitäten kommunizieren.« (Sofaer, Material Identities, 2007). Obwohl jüngere Forschungen der Kunst- und Architekturgeschichte zunehmend Interesse am Material gezeigt haben, ist die spezifische Materialität unserer Lebenswelt noch immer weitgehend unerforscht. Eine entsprechende Fokussierung könnte allerdings bislang unbekannte Kontinuitäten und Diskontinuitäten zwischen unterschiedlichen Gattungen, Epochen und Orten offenbaren. Wie Georges Didi-Huberman (1998) gezeigt hat, könnte ein solcher Perspektivwandel gerade auch für die Kunstgeschichtsschreibung Bedeutung erlangen, da er implizite Hindernisse und Tabus innerhalb der Disziplin enthüllen kann. In Anknüpfung an aktuelle Debatten zur Materialität will der Studientag untersuchen, wie ganz unterschiedliche künstlerische Materialien in den städtischen Räumen Süditaliens zwischen Mittelalter und Neuzeit zur Identitätsbildung beitragen. Damit soll zum einen auf die Rolle aufmerksam gemacht werden, die Materialien für das Narrativ der Kunstgeschichte Süditaliens gespielt haben, zum anderen erprobt werden, wie ein verstärkter Fokus auf Materialität neue Forschungsperspektiven eröffnen kann. Inwieweit sind etwa Materialien mit Assoziationen hinsichtlich eines lokalen geologischen und naturbezogenen Kontextes aufgeladen? Wie verhalten sie sich zur Geschichte eines Ortes? Und wie verhalten diese sich zur Bildung lokaler Identitäten? Hier ist besonders an spezifische lokale Materialien zu denken (wie die pietra leccese in Lecce oder die farbigen Marmorarten auf Sizilien), an Spolien, welche die griechische oder römische Geschichte einer Stadt materiell greifbar machen, aber auch an Materialien aus der Ferne, wie kostbarer Lapislazuli, die die Spuren ihrer langen Reise in sich tragen. Zusätzlich zu diesen Zusammenhängen zwischen Materialität und Identität soll im Workshop die Rezeption unterschiedlicher Materialien in schriftlichen Quellen analysiert werden, wie etwa in Kunstliteratur, Reiseführern, Verträgen und auch naturwissenschaftlichen Traktaten.
Programm
Donnerstag, 6. Juli
09:30-09:40 Tanja Michalsky: Begrüßung
09:40-10:00 Stefano D’Ovidio & Joris van Gastel: Einführung
I. Südliches Mittelalter
Moderation: Elisabetta Scirocco
10:00-10:45 Judith Utz (Berlin) »Greifbare Ewigkeit. Die frühen Bronzetüren Süditaliens«
10:45-11:15 Kaffeepause
11:15-12:00 Ruggero Longo (Rom): »The Circulation of Materials in Norman Palermo: Interchanges, Workshop Dynamics and Material Matters«
12:00-12:45 Saskia Quené (Basel): »L‘oro di Napoli. Goldene Gesso-Reliefs als Bildelement und Werkstoff«
12:45-14:00 Mittagspause
II. Material und Territorium
Moderation: Stefano D’Ovidio
14:00-14:45 Gaetano Curzi (Chieti-Pescara): »Brindisi bicolore: Materiali costruttivi e logiche decorative in una città medievale«
14:45-15:30 Maria Teresa Como (Neapel): »Identità materiale dell’architettura del Rinascimento napoletano«
15:30-16:00 Kaffeepause
16:00-16:45 Sante Guido (Rom) & Giuseppe Mantella (Catanzaro/La Valletta): »Identità maltese nella pietra globigerina: Materiale da costruzione ma anche materiale d’arte per la pittura di Mattia Preti«
16:45-17:30 Lucia Ajello (Rom): »I corallari trapanesi e l’impoverimento dei banchi corallini: Omega e Alfa della manifattura trapanese tra il XVII e il XVIII secolo«
17:30-18:00 Kaffeepause
Abendvortrag
Moderation: Tanja Michalsky
Freitag, 7. Juli
III. Texte und Kontexte
Moderation: Joris van Gastel
09:30-10:15 Maria Ida Catalano (Viterbo): »Da Guido Mazzoni a Domenico Napoletano. La scultura in terracotta a Napoli tra Summonte e Sannazaro«
10:15-11:00 Antonio Russo (Rom) »La trattatistica come fonte per l’architettura pugliese d’Età Moderna: Tra materialità, internazionalità e identità locali«
11:00-11:30 Kaffeepause
11:30-12:15 Clare Kobasa (Rom): »Material Transformed: From Original to Print in Messina«
12:15-13:00 Stephan Boll (Stuttgart): »›Con nobilissimo e prezioso lavoro‹. Die Bedeutung des Materials in Antonino Mongitores Notizen u?ber die Palermitanischen Kirchen«
13:00-14:00 Mittagspause
IV. Neue Fragen, neue Perspektiven
Moderation: Tristan Weddigen
14:00-14:45 Alexandra Rusu (Rom): »Il filo d'oro: Una storia di centro e periferia sulla via della seta italiana«
14:45-15:30 Sabina de Cavi (Cordoba): »Cartapesta, Wax and Natural Materials: Collaborative Art-Forms for the Festino of S. Rosalia in Late Baroque Palermo«
15:30-16:00 Kaffeepause
16:00-16:45 Ruth S. Noyes (Wesleyan): »›Living stones.‹ Translatio and Numinous Materialities in 17th-Century Southern Italy«
16:45-17:30 Helen Hills (York): »Why Does It Matter? Neapolitan Baroque Art, Materiality and the Problem of the South«
17:30-18:00 Schlussbetrachtungen
Wissenschaftliche Organisation: Joris van Gastel, Stefano D’Ovidio, Tanja Michalsky
Reference:
CONF: Greifbare Städte. Materialität und Identität in Süditalien (Rom, 6-7 Jul 17). In: ArtHist.net, Jun 14, 2017 (accessed Oct 18, 2025), <https://arthist.net/archive/15799>.