Derzeit erfolgt mit Unterstützung der ars et studium-Stiftung die Bearbeitung des Briefnachlasses der aus Tartu/Dorpat stammenden Künstlerin Julie Hagen Schwarz mit dem Ziel, einen ersten Teil der Künstlerinnen-Briefe, die Münchner Ausbildungsjahre von 1847 bis 1851 betreffend, als Edition zu veröffentlichen. Die Bearbeitung erfolgt durch die Kunsthistorikerin Christin Conrad, die sich seit einigen Jahren mit der systematischen Aufarbeitung des Hagen-Nachlasses und mit der Künstlerinnengeschichte des 19. Jahrhunderts befasst. Ergebnis der Untersuchung soll die Dokumentation des künstlerischen Werkprozesses und der Biografie der Malerin sowie die Erfassung ihres noch greifbaren Oeuvres und ggf. das Erstellen einer Werkliste sein. Am Beispiel Julie Hagens (unter diesem Namen war sie bis 1855 tätig) werden die Ausbildungsbedingungen, Ausstellungsmöglichkeiten und weiteren Rahmenbedingungen für Malerinnen um 1850 deutlich.
Julie Hagen Schwarz (1824-1902)
Als Tochter des Landschaftsmalers und Dorpater Universitätszeichenlehrers August Matthias Hagen (1794-1878) erhielt sie den ersten Unterricht vom Vater, studierte 1846/1847 in Dresden, vornehmlich indem sie in der Gemäldegalerie kopierte, im Winter wurde sie von Christian Friedrich Gonne unterrichtet. 1847 bis 1851 lebte sie in München, wo sie zunächst mit Unterstützung ihrer mütterlichen Verwandten von Paumgarten die private Malschule Joseph Bernhardts besuchte und anschließend unter Anleitung des Augsburger Malers Moritz Rugendas ein eigenes Atelier unterhielt. Rugendas vermittelte sie nach Rom an seinen Freund August Riedel, der sie als Schülerin aufnahm. 1851 bis 1854 lebte sie als Stipendiatin der St. Petersburger Akademie in Rom und bewohnte ein Atelier in der Villa Malta. Im Sommer 1854 kehrte sie ins Baltikum zurück, heiratete 1855 den Astronomen Ludwig Schwarz und zog mit ihm nach Irkutsk in Sibirien. 1858 kehrte sie nach Dorpat zurück, im gleichen Jahr verlieh ihr die St. Petersburger Kunstakademie einen akademischen Titel im Porträtfach. Sie war die zweite Frau, die diesen Titel in Russland erhielt. Nach 1858 war die Künstlerin überwiegend in Tartu/Dorpat tätig. Weitere Reisen: 1861/1861 Süddeutschland und Paris, 1863 bis 1865 Berlin; 1887 München, Dresden, Berlin. Bereits in München spezialisierte sich Julie Hagen auf die Porträtmalerei, die ihr ein Einkommen sicherte. Daneben war sie als Genremalerin (v.a. italienische Kostümbilder nach dem Vorbild ihres Lehrers Riedel) und als Landschaftsmalerin tätig.
Forschungstand und Anliegen
Julie Hagen hat ein großes Briefkonvolut an ihre Eltern hinterlassen, das zum Teil der Forschung zugänglich ist. Vollkommen fehlen ihre Briefe an andere Korrespondenten, insbesondere an Künstlerkollegen und befreundete Malerinnen, Lehrer, Freunde, Auftraggeber, Institutionen usw. Insbesondere Dokumente aus ihren Münchner und Römer Jahren würden Aufschluss über die künstlerische Entwicklung, den Schaffensprozess, das Selbstverständnis als Künstlerin und die Beweggründe für ihre Rückkehr ins Baltikum geben. Aber auch die Kenntnis von Dokumenten aus ihren späteren Jahren (v. a. auf Reisen) wäre wichtig. Das Netzwerk der Künstlerin war weit verzweigt, sie hielt intensive Kontakte zu Freunden, Kollegen und Familie in viele Länder: Deutschland, Frankreich, Finnland, Russland, die Schweiz, Italien, Amerika.
Weiterhin sind zahlreiche Kunstwerke, besonders aus der Frühzeit, bisher verschollen. Julie Hagen signierte zunächst ihre Bilder unregelmäßig mit „Julie Hagen“, in den Jahren 1855 bis 1858 signierte sie mit „Julie Schwarz“, ab 1858 mit dem offiziellen Titel der Akademie „Julie Hagen Schwarz“. Die Künstlerin hat in jedem Lebensabschnitt seit den frühen Ausbildungsjahren intensiv gearbeitet und eine enorme Zahl an Werken geschaffen. Dennoch ist das bisher sichergestellte Oeuvre partiell von vielen Verlusten betroffen.
Fast gänzlich fehlen Entwürfe, Zeichnungen und Skizzenbücher.
Ein weiteres Augenmerk der Forschung liegt auf der Erfassung anderer Künstlerinnen dieser Generation im deutschsprachigen Raum, die bisher selten Gegenstand der kunsthistorischen Forschung waren. Gern nehmen wir auch Hinweise zu diesen entgegen.
Für alle Hinweise zum Verbleib von Kunstwerken und Dokumenten in privaten und öffentlichen Archiven wären wir sehr dankbar. Jegliche Korrespondenz von, an oder über Julie Hagen Schwarz ist hilfreich, desgleichen Informationen über Ausstellungsbeteiligungen, Auftraggeber, Schüler/innen, historische Fotografien usw. Auf Wunsch sichern wir Diskretion zu.
Bitte wenden Sie sich mit Ihren Hinweisen oder Fragen an die Projektleiterin Christin Conrad (christin.conradgmail.com).
Quellennachweis:
Q: Hinweise gesucht zu Leben und Werk der Malerin Julie Hagen Schwarz (1824-1902). In: ArtHist.net, 12.04.2017. Letzter Zugriff 26.04.2025. <https://arthist.net/archive/15238>.