REV-CONF Dec 17, 2018

Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth und die Erlanger Universität

Institut für Kunstgeschichte, FAU Erlangen-Nürnberg, Oct 11–13, 2018

Report by Johannes Gebhardt, FAU Erlangen-Nürnberg
Editor: Hans Georg Hiller von Gaertringen

Tagungsbericht im Auftrag der Veranstalter

Anlässlich des 275. Gründungsjubiläums der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg fand vom 11. bis 13. Oktober 2018 die von Prof. Dr. Christina Strunck konzipierte Tagung "Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth und die Erlanger Universität. Künste und Wissenschaften im Dialog" statt. Im Zentrum standen die von der Gemahlin des Markgrafen Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth initiierten kulturellen Austauschprozesse, die dem Bayreuther Hof im 18. Jahrhundert zu einer kulturellen Blüte verhalfen. Wie der Untertitel "Künste und Wissenschaften im Dialog" bereits ankündigte, vereinte die Tagung ein internationales Fachpublikum aus unterschiedlichen Disziplinen, was – so viel darf hier bereits vorweggenommen werden – aufgrund der beeindruckenden Dichte zusammengetragener Forschungsergebnisse den Grundstein für zukünftige interdisziplinär verzweigte Projekte zur Markgräfin gelegt haben dürfte.

Wie für Gemahlinnen mächtiger Herrscher epochenübergreifend zu konstatieren ist, führten sie zumeist ein Leben im Schatten der Regentschaft ihrer Ehegatten. Dies ging allzu oft mit einer Marginalisierung ihres Wirkens einher und hatte zur Folge, dass ihnen auch seitens der Forschung häufig keine nennenswerte, über die vom Hofzeremoniell strikt vorgeschriebenen Aufgaben und Funktionen hinausgehende Bedeutung beigemessen worden ist. Anders verhält es sich mit Markgräfin Wilhelmine (1709–1758), die in den Tagungsbeiträgen nicht als Nebenakteurin, sondern als Protagonistin im Hinblick auf die kulturpolitischen Entwicklungen am Bayreuther Hof in Erscheinung trat.

So rückte Christina Strunck im Rahmen ihrer Einführung die Indizien in den Vordergrund, die für Wilhelmines entscheidende Rolle als Impulsgeberin für die Gründung der Erlanger Universität sprechen. Anhand der Analyse für die Einweihung der Universität angefertigter Bildwerke hob Strunck das Bestreben von Friedrich und Wilhelmine hervor, sich als gleichberechtigte Stifter zu inszenieren. Ein abschließendes Urteil ist im Hinblick auf den Anteil, den die Markgräfin tatsächlich an der Gründung hatte, aufgrund fehlenden Quellenmaterials zwar noch nicht gefällt; für die Universität von unschätzbarem und quantitativ messbarem Wert ist jedoch Wilhelmines Bayreuther Bibliotheksbestand, der, auch im Vergleich mit anderen historisch bedeutsamen Buchbeständen der Region, wie der Gräflich Giech’schen Bibliothek Schloss Thurnau (Hans Georg Hiller von Gaertringen, Marcus Mühlnikel), eine Ausnahmestellung in jener Zeit innehatte. Die Sammlung, die Wilhelmine 1743 der Universität Erlangen vermachte, bildet heute einen bedeutenden Grundstock der Universitätsbibliothek. So diente Wilhelmines noch immer einer systematischen Erschließung harrende Bibliothek als thematischer Ausgangspunkt für zahlreiche Tagungsbeiträge, die durch die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Teilaspekten des Bestandes nicht nur ein komplexes Bild von der Persönlichkeit der Markgräfin zu zeichnen, sondern auch die Beweggründe für ihr kulturpolitisches Handeln zu erklären vermochten, denn: Zusätzlich zu den uns in Form zahlreicher Briefwechsel mit Familienmitgliedern und Personen des öffentlichen Lebens erhaltenen Korrespondenzen, die den Beiträgen von Günter Berger, Thomas Fischbacher und Thomas Rainer zugrunde lagen, spiegeln sich in ihrer unter anderem von Annette Keilhauer und Isabelle Bosch untersuchten Buchauswahl ganz unmittelbar die intellektuellen Positionen der Markgräfin wider.

Wilhelmines von der Aufklärung geprägtem Gedankengut widmete sich Jens Kulenkampff, indem er den Austausch der Markgräfin mit dem französischen Schriftsteller Voltaire, einem der großen Vertreter jener Strömung, anhand eines in der Bibliothek befindlichen Voltaire-Drucks thematisierte. Ohne Zweifel stellte Voltaire, dem auch in nachfolgenden Beiträgen eine exponierte Stellung zuteilwurde, eine Art intellektuellen Referenzpunkt der Tagung dar. Georg Seiderer untersuchte im Anschluss das aufklärerische Milieu, das Wilhelmine am Hof ihres Vaters König Friedrich Wilhelm I. in Berlin seit ihrer Kindheit prägte und dessen Positionen sie durch ihre Heirat mit Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth an den Hof einer Stadt brachte, in der der Pietismus die vorherrschende Strömung jener Zeit war. Wilhelmines vehementes Eintreten für eine offene Kulturlandschaft, die sie selbst am internationalen Hof ihres Vaters erlebt hatte, stand sodann im Zentrum von Wolfgang Wüsts Ausführungen.

Weltoffenheit und eine auf Internationalität ausgerichtete Kulturpolitik der Markgräfin ließen Bayreuth schließlich unter anderem aufgrund enger Vernetzungen mit Italien und Frankreich zu einem Zentrum der Musik- und Opernkultur im 18. Jahrhundert avancieren. Anhand der Beiträge zu Theater (Clemens Risi), Musik (Sabine Henze-Döhring, Michaela Krucsay) sowie zum anlässlich der Hochzeit von Wilhelmines Tochter errichteten Markgräflichen Opernhaus (Matthias Staschull, Ute Engel) konnten die mannigfaltigen Bestrebungen Wilhelmines dargelegt werden, Bayreuth mithilfe der Künste als Hof von europäischem Rang im Geiste der Aufklärung zu nobilitieren. Eine bisher noch kaum von der Forschung beachtete Perspektive auf jene internationalen Vernetzungen eröffneten die Beiträge von Merit Laine und Alessa Johns, die sich den kulturellen Austauschbeziehungen, die die Markgräfin mit ihren königlichen Geschwistern unterhielt, widmeten. Ein Gegengewicht stellten in diesem Zusammenhang die Ausführungen Arno Störkels dar, der vor allem die engen Grenzen behandelte, die dem internationalen Kulturtransfer am Bayreuther Hof letztlich aufgrund des Fehlens einer entsprechenden gesellschaftlichen Klientel gesetzt waren.

Dass der Markgräfin bei der konkreten Umsetzung ihrer künstlerischen Projekte auch die Bibliothek als Ideenspeicher diente, konnten Christina Strunck und Ernst Rohmer in ihren Beiträgen aufzeigen, indem sie in Wilhelmines Büchern druckgraphischen und literarischen Vorlagen für Bauten wie zum Beispiel dem Ruinentheater der Eremitage oder dem Felsengarten in Sanspareil nachspürten. Von der Versiertheit der Markgräfin auf dem Gebiet der Malerei zeugten schließlich die Überlegungen Cordula Bischoffs, die sich mit Wilhelmines Asienrezeption und konkret mit den von ihr in ihren Schlössern im ostasiatischen Stil geschaffenen Kabinetten auseinandersetzte. Eine Kontextualisierung der von Hartmut Bobzin vorgestellten Buchtitel, die Wilhelmines Orientrezeption im Spiegel ihrer Bibliothek verdeutlichen sollten, erscheint für eine zukünftige Beschäftigung mit der Thematik gerade im Hinblick auf Cordula Bischoffs Beitrag lohnenswert.

Den Abschluss der Tagung bildeten sodann drei Beiträge zur von Wilhelmine und Friedrich zwischen 1754 und 1755 unternommenen Reise nach Italien und Südfrankreich, die durch mehr als 100 Briefe und ein von der Markgräfin geführtes Tagebuch, das den Schwerpunkt von Clorinda Donatos Beitrag bildete, dokumentiert ist. Im Zentrum von Cecilia Mazzetti di Pietralatas Ausführungen stand im Anschluss ein heute in der Bayreuther Universitätsbibliothek befindliches Zeichnungsalbum, das das Markgrafenpaar wahrscheinlich während seines Romaufenthaltes erwarb. Das Studien und Skizzen verschiedener Künstler vereinende Konvolut, das Wilhelmine sicherlich als weitere Inspirationsquelle für ihr eigenes künstlerisches Schaffen gedient haben dürfte, unterstreicht dabei einmal mehr den hohen Stellenwert, den die Kunst im Leben der Markgräfin einnahm.

Die Vorstellung eines Editionsprojektes zu den im Zusammenhang mit der Reise stehenden Briefen rückten Jürgen Luth und Franziska Windt abschließend ins Zentrum ihrer Überlegungen. Sie folgten dabei dem bereits von Thomas Fischbacher im Hinblick auf die Korrespondenzen zwischen Wilhelmine und ihrem Bruder Friedrich formulierten Plädoyer für eine aktualisierte Edition der uns zahlreich überlieferten, aber bis heute nur unvollständig aufgearbeiteten Briefwechsel der Markgräfin mit ihren Geschwistern. Hinsichtlich einer besseren Zugänglichkeit jener Bestände und einer besseren Vernetzung der Forschungsgemeinschaft untereinander stieß die Diskussion zukünftig angestrebter Digitalisierungskampagnen bei den TagungsteilnehmerInnen auf entsprechend positive Resonanz. Eine vielversprechende Grundlage für weitere Forschungsvorhaben zur Kunst- und Kulturpolitik der Markgräfin ist mit der Erlanger Tagung nun gelegt worden.

Recommended Citation:
Johannes Gebhardt: [Conference Report of:] Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth und die Erlanger Universität (Institut für Kunstgeschichte, FAU Erlangen-Nürnberg, Oct 11–13, 2018). In: ArtHist.net, Dec 17, 2018 (accessed Mar 28, 2024), <https://arthist.net/reviews/19804>.

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